Die Wassermuehle
Bier.“
„Ich hab nur ein einziges kleines Fläschchen getrunken. Ehrenwort.“
„Und mit wem?“
Er lächelte. „Mit wem wohl?“
„Mit deiner hübschen jungen Kollegin vielleicht?“
„Wie kommst du denn darauf?“
„Es stimmt also!“
„Was stimmt also?“
„Seit wann fährst du mit ihr Streife?“
„Heute zum dritten Mal.“
„Ach ja? Und wie lange ist sie schon in deiner Schicht?“
„Zwei Monate.“
„Interessant.“
„Du bist nicht zufällig eifersüchtig?“, fragte Klaus amüsiert.
„Warum hast du mir nichts von ihr erzählt?“
„Weil ich es unwichtig fand.“ Er zog seine Hose aus. „Ich will noch schnell duschen, ja?“
Hedi verließ kommentarlos das Bad. Sie holte den Korb mit den Geschenken und ermahnte Sascha und Dominique, die bei Freunden feiern wollten, sich anständig zu benehmen. „Spätestens um zwei Uhr seid ihr zurück.“
„Dann kann ich auch gleich dableiben“, maulte Dominique.
„Bist du fertig, Schatz?“, fragte Klaus, als er aus dem Bad kam.
Hedi knöpfte ihren Mantel zu. „Das ist ja wohl der Gipfel! Ich warte seit einer halben Stunde auf dich, und du fragst, ob ich fertig bin? Ich fahre“, sagte sie, als Klaus nach dem Autoschlüssel griff.
K APITEL 11
„G uten Abend, Hedwig! Guten Abend, Klaus! Ihr seid die Ersten“, begrüßte Anette sie am Portal ihrer Villa, das von einer Buchsgirlande umrahmt wurde. In dem dunklen Grün blinkte eine aufdringlich bunte Lichterkette.
Anette trug ein enganliegendes Silberlamé-Kleid, das knapp über ihren Knien endete. Ihre langen Haare hatte sie mit Strasskämmen hochgesteckt. In ihrem großzügig bemessenen Dekolleté funkelte ein protziges Brillantcollier. Ihre Augen wanderten von Klaus’ Jeans zu Hedis Korb. „Zum Umziehen gehst du am besten nach oben. Gerlinde zeigt dir das Ankleidezimmer.“
„Danke“, sagte Klaus. „Ich bin bereits umgezogen.“
„Aber wir erwarten Prominenz!“
„Na und?“
Anettes Miene versteinerte. Hedi holte eine verpackte Schachtel aus ihrem Korb. „Für Christoph-Sebastian. Nachträglich zu Weihnachten.“
„Du kannst es ihm gleich selber geben. Kommt rein.“
Gerlinde nahm ihnen Jacke und Mantel ab, und sie folgten Anette in die von Kronleuchtern erhellte Empfangshalle. Neben der Treppe stand eine bis zur Balustrade im ersten Stock reichende, mit riesigen Gold- und Silberkugeln behängte Tanne; in einem Erker war eine rußbeschmutzte Holzsäule platziert, an den Wänden hingen Bilder in grellen Farben. Ein junger Mann in Livree stand mit unbewegter Miene neben einem leeren weißen Tisch.
„Christoph-Sebastian“, rief Anette die Treppe hinauf. „Komm runter und bedanke dich für dein Geschenk!“
Hedi und Klaus begrüßten Bernd und gratulierten ihm zum Geburtstag. Hedi gab ihm das Päckchen mit dem Aftershave.
„Vielen Dank, Schwägerin“, sagte er leutselig. Sein Gesicht war rot, auf seiner Glatze glänzte Schweiß. Man sah ihm an, dass er sich in seinem Smoking unwohl fühlte.
Klaus tippte ihm grinsend gegen die straff sitzende Weste. „Na, Bruderherz? Hast du ein bisschen zugelegt?“
Bernd lachte polternd. „Es kann ja nicht jeder so ein dürrer Rettich sein wie du! Außerdem verdiene ich genug, um mir anständiges Futter zu leisten.“
Anette verzog das Gesicht. Christoph-Sebastian kam die Treppe herunter. Er trug einen dunkelblauen Seidenanzug, ein weißes Hemd mit Fliege und schwarze Lackslipper. Sein helles Haar war gescheitelt und aus der Stirn gekämmt. Artig streckte er Hedi und Klaus die Hand hin. „Guten Abend, Onkel Klaus. Guten Abend, Tante Hedwig.“
Hedi gab ihm die Schachtel. „Danke schön, Onkel Klaus. Danke schön, Tante Hedwig.“
„Habt ihr den irgendwo umgetauscht?“, fragte Klaus.
Bernd lachte.
„Christoph-Sebastian weiß eben, was sich gehört!“, sagte Anette.
„Hast du ein wohlerzogenes Kind!“, spottete Klaus.
Christoph-Sebastian wickelte sein Geschenk aus. „Oh, prima! Ein Polizeiauto! Darf ich damit spielen, Mama?“
Anette verdrehte die Augen. „Untersteh dich, mit diesem Ding über den Marmorfußboden im Salon zu fahren! Das gibt Kratzer.“
„Ja, Mama“, sagte Christoph-Sebastian und verschwand.
Hedi wünschte sich, sie hätte die Einladung mit den Werbeprospekten zusammen in den Müll geworfen.
„Sobald alle da sind, eröffnen wir mit einem kleinen Sektempfang“, verriet Anette.
„Was Handfestes zu beißen wäre mir lieber“, entgegnete Klaus. Sein Magen fing an, Kapriolen zu schlagen.
Weitere Kostenlose Bücher