Die Wassermuehle
Beschuldigten, eine Strafanzeige wegen Nötigung, Beleidigung und Hausfriedensbruchs und ein Kurzbericht zum Sachverhalt. Ich hoffe, ich habe nichts vergessen.“
Michael fing an zu lesen.
Klaus kam herein. „Bist du etwa schon fertig?“
„Klar!“, sagte Dagmar.
„Also, das hier wird dir unser Dienststellenleiter nicht durchgehen lassen“, sagte Michael.
„Was denn?“, fragte Dagmar mit rotem Kopf.
Er deutete auf eine Stelle in dem Bericht. „Das darf man nicht mal sagen. Und schreiben schon gar nicht.“
„Herrje! Ich habe dreimal nachgefragt. Nix Sinti. Nix Roma. Zigan! Was soll ich machen, wenn die sich selber Zigeuner nennen?“
„ Mem schreiben“, sagte Klaus.
„Wie bitte?“
„Mobile ethnische Minderheit“, sagte Michael.
„Das ist doch lächerlich!“
Michael grinste. „Und political auch nicht very correctly.“
„Wie wär’s mit: Angehörige einer Gruppe von Personen, von denen das Volkslied behauptet, ihr Leben sei lustig?“ , schlug Klaus vor. „Das stand jedenfalls neulich im Pressebericht.“
„Veräppeln kann ich mich allein!“ Dagmar nahm den Bericht und wollte die Wache verlassen.
Klaus hielt sie zurück. „Im Ernst: Es gibt wirklich ein paar Sachen, die wir nicht schreiben dürfen. Das ist sogar in einem Erlass geregelt.“
Michael grinste. „Wenn sie es aber selber sagen, ist es erlaubt. In der Vernehmung zum Beispiel. Schreib deinen Bericht eben ein bisschen um.“
Dagmar nickte und ging.
„Was schriftliche Arbeiten angeht, steckt sie Uli jetzt schon in die Tasche“, sagte Michael. „Ich würde sie dir gern als Streifenpartnerin zuteilen.“
„Mhm“, sagte Klaus. „Ab Montag habe ich Urlaub. Und anschließend einen Lehrgang an der Polizeiakademie.“
„Das weiß ich, Kollege. Aber im Februar bist du wieder da, oder?“
* * *
Klaus kam erst kurz vor der geplanten Abfahrt nach Kronberg heim. Hedi stand vor dem Garderobenspiegel und knöpfte ihre Kostümjacke zu. Obwohl sie den Rock zweimal in die Reinigung gegeben hatte, war der Weinfleck immer noch zu sehen. Sie würde die Jacke zulassen müssen.
„Na? Schon umgezogen?“, fragte Klaus lächelnd.
Hedi sah ihn wütend an. „Kannst du mir sagen, wo du jetzt erst herkommst?“
„Entschuldige. Ich war noch bei Ralf.“
„Wir sollten uns scheiden lassen. Dann kannst du bei ihm einziehen.“
„Was bist du denn so grantig? Früher haben wir Tage und Nächte mit unseren Nachbarn zusammen verbracht. Ralf ist immer allein. Er freut sich, wenn mal jemand vorbeischaut.“
Hedi schlüpfte aus ihren Hausschuhen und bückte sich nach den Pumps. „Hätte er sich mehr um seine Sibylle gekümmert, hätte sie ihn nicht verlassen.“
„Wenn statt Ralf Sibylle hier wohnen geblieben wäre, hätte ich nichts dagegen, wenn du sie ab und zu besuchen würdest.“
„Gott bewahre!“
Klaus ging an Hedi vorbei ins Bad. „Erinnere dich nur, wieviel Spaß wir in unserem gemeinsamen Urlaub hatten.“
„Spaß?“, rief Hedi ihm hinterher. „Horrortrip wäre wohl die passendere Beschreibung.“ Camping an der Côte d’Azur mit Ralf und Sibylle. Sie bekam einen Anfall, wenn sie bloß daran dachte.
„Wir haben das Benzin für ein zweites Auto gespart und konnten uns beim Fahren abwechseln“, tönte es durch die angelehnte Tür. Hedi stieß sie auf. Klaus stand vor dem Spiegel und rasierte sich.
„Sibylle konnte nicht mal den Gaskocher anzünden, geschweige denn Auto fahren. Beeil dich. Wir müssen los.“
Klaus schaltete den Rasierapparat aus. „Warum siehst du immer alles so negativ?“
„Negativ? Ach, woher! Ralf und Sibylle haben bloß so laut geschnarcht, dass die Eichhörnchen vor Schreck von den Pinien fielen.“
„Du übertreibst.“
„Du hast mitgeschnarcht.“
Klaus klopfte den Rasierer aus. „Insgesamt gesehen war es doch recht nett.“
„Es war der netteste Urlaub meines Lebens! Wandern fiel aus, weil Sibylle nach vier Metern Blasen an den Füßen bekam. Besichtigungen fielen aus, weil Sibylle in der Hitze Kreislaufprobleme bekam. Baden fiel aus, weil Sibylle einen Sonnenbrand bekam.“
„Wir hatten trotzdem jede Menge Spaß.“
„Beim abendlichen Bierbesäufnis vor dem Zelt.“
„Okay, ich geb’s ja zu: Ich bin ein bisschen spät dran. Aber wir haben ...“
„... wie immer nicht auf die Uhr gesehen.“
„Mhm.“
„Oder warst du gar nicht im ersten Stock?“
Er küsste sie auf die Nase. „Wo hätte ich denn sonst sein sollen, hm?“
„Du stinkst nach
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