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Die Wassermuehle

Die Wassermuehle

Titel: Die Wassermuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikola Hahn
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Wachtisch saß und telefonierte. „Ich fahr scho seit fuffzehn Johr Taxi in Frankfort, ich kenn euch Brüder. Ihr seid faul wie was unn fresst nur Hamburger.“
    „Raus“, sagte Klaus. „Und zwar subito!“ Er sah die Dicke mit einem Blick an, der sie ihren zu einer weiteren Schimpfkanonade geöffneten Mund auf der Stelle wieder schließen ließ. Sie packte ihren betrunkenen Ehemann am Schlafittchen und zerrte ihn zum Ausgang.
    Uli kam herein. „Bist du unseren Rallyefahrer losgeworden?“
    Michael beendete sein Telefonat und machte eine Notiz ins Wachbuch. „Ihr müsstet mal ins Stadtkrankenhaus fahren. Da gibt’s Ärger mit dem fahrenden Volk.“
    Uli warf einen Blick zur Uhr. „Hast du vergessen, dass ich um elf abtrete, Chef?“
    „Ist noch jemand hinten?“
    „Nur Dagmar“, sagte Uli.
    Michael sah Klaus an. „Nimm sie mit. Vielleicht wirkt’s ja deeskalierend.“
    Klaus sagte nichts. Uli gab ihm die Hand. „Mach’s gut.“
    „Du auch. Lass dich mal blicken.“
    „Werd ich.“
    Klaus sah Michael an. „Auf welcher Station?“
    „Am Haupteingang. Wenn’s geht, beeilt euch ein bisschen. Das war schon der zweite Anruf.“
    * * *
    Um kurz nach elf saß Hedi im Schwesternzimmer, aß ihr Frühstücksbrot und las die Offenbach-Post.
    Brigitte kam herein. „Unten gab’s mal wieder Trouble. Denen gehört allesamt auf Lebenszeit Hausverbot erteilt!“
    „Was war denn los?“, fragte Hedi ohne aufzublicken.
    „Jedesmal, wenn hier ein Zigeuner eingeliefert wird, steht eine Viertelstunde später die ganze Sippe auf der Matte und pöbelt die Leute an.“
    „Sinti und Roma“, sagte Hedi.
    „Dummgesülz. Wenn sie freundlich sind, bin ich’s auch. Und wenn sie Stunk machen, gehören sie rausgeworfen.“ Sie lächelte. „Dein Mann hat jedenfalls nicht lange gefackelt und die größte Krakeelerin mit aufs Revier genommen.“
    Hedi sah von der Zeitung auf. „Klaus war da?“
    Brigitte goss sich einen Kaffee ein. „Zusammen mit einer äußerst attraktiven, jungen Begleiterin.“
    „Ach ja?“, sagte Hedi spitz.
    „Sorry, aber ich dachte, du weißt, mit wem dein Göttergatte Streife fährt.“
    Hedi schwieg und widmete sich wieder der Zeitung. Brigitte schloss die Tür und setzte sich zu ihr. „Ich muss dir was sagen.“
    „Das mit der attraktiven Begleiterin war gelogen.“
    „Nein. Ich habe zum ersten Februar gekündigt.“
    Hedi starrte sie an. „Das ist nicht dein Ernst.“
    „Thorsten hat mir eine Stelle an einem Klinikum in München verschafft.“
    „Thorsten?“
    „Na ja, Dr. Bechstein. Aber verrat’s keinem, ja?“
    „Soll das etwa heißen, dass Dr. Bechstein und du ...?“
    „Wir sind seit vier Monaten zusammen.“
    „Er ist verheiratet und hat zwei kleine Kinder!“
    „Willst du jetzt den Moralapostel spielen?“
    „Er lässt sich also scheiden und geht mit dir nach München?“
    Brigitte kippte Zucker in ihren Kaffee. „Äh ... nein. Er hat seiner Familie in München ein Haus gekauft. Mit der Scheidung will er warten, bis die Kinder etwas älter sind.“
    „Das glaubst du doch selber nicht.“
    „Wir lieben uns!“, sagte Brigitte trotzig.
    „Warum hast du mir nichts davon gesagt?“
    „Ich nahm an, du würdest es nicht verstehen.“
    „Und ich nahm an, dass wir ein bisschen mehr als bloß Kolleginnen wären. Ich hoffe, er ist es wert.“
    „Bitte versprich mir, dass du ...“
    „Ich werde schweigen wie das berühmte Grab.“
    „Danke.“
    Brigittes Piepser meldete sich. Sie nickte Hedi lächelnd zu und ging hinaus.
    Das Interesse an den Tagesnachrichten war Hedi vergangen. Lustlos blätterte sie die Zeitung durch. Friedrich Hartmanns Anzeige reichte über die halbe Seite. Ich nehme Abschied von meiner lieben Frau, Erna Hartmann, geborene Wilhelmi. Habe keine Angst davor, dass Dein Leben eines Tages endet. Fürchte lieber, dass Du versäumst, es richtig zu beginnen. Kardinal Newman.
    Die restlichen Zeilen verschwammen vor Hedis Augen. Sie lief auf die Toilette und schloss sich weinend ein.
    * * *
    Dagmar bestand darauf, die Vernehmung der Festgenommenen selbst durchzuführen. „Wie soll ich jemals etwas Vernünftiges lernen, wenn jeder versucht, mir die unangenehmen Sachen vom Hals zu halten?“, fragte sie empört.
    „Nur zu“, erwiderte Klaus grinsend. „Wenn du mit der Vernehmung durch bist, darfst du gleich noch die Anzeige schreiben.“
    Eine halbe Stunde vor Dienstschluss gab Dagmar Michael einen sauber gehefteten Stapel Papier. „Die Vernehmung der

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