Die Wasserratte von Wanchai / eBook (German Edition)
aus?«
»Sie hätten vorher fragen sollen.«
»Sie haben geschlafen.«
Er strich sich über den Kopf. Ava senkte den Blick, damit sie nicht zusehen musste, wie er sich mit den Fingern über die Furchen fuhr, doch das Bild hatte sich bereits in ihrem Kopf festgesetzt. Sie aß noch ein paar Pommes, ein kleines Stück Fisch und eine Gabel voll hellgrünem Erbsenpüree und legte dann das Besteck weg. »Das war ganz ausgezeichnet«, sagte sie zum Mann hinter der Theke.
Er nickte, als sei er an derlei Komplimente gewöhnt.
Als sie das Restaurant verließen, sagte sie zu Robbins: »Ich muss Kopien machen.«
Davey hatte den Wagen vor dem Imbiss geparkt, und sie stieg ein. »Ich muss Kopien machen«, wiederholte sie.
Davey sah Robbins an. »Fahr zum Quickie Copy«, ordnete Robbins an.
Sie fuhren auf demselben Weg zurück in die Stadt, ließen diesmal jedoch die Abzweigung zu Wickham’s Cay II links liegen und umrundeten stattdessen den südwestlichen Zipfel des Hafens. Ava betrat, gefolgt von Robbins, den Kopierladen, der an der Main Street im hinteren Teil einer kleinen Ladenzeile lag. Sie machte zwei Kopien von jedem der Dokumente, die Bates ihr übergeben hatte. Ihre Jackson-Seto-Unterschrift fand sie zwar ganz passabel, aber die Kopien gaben ihr zusätzliche Sicherheit.
Zurück im Wagen sagte sie: »Es wäre gut, wenn wir auf dem Rückweg bei einem Laden Halt machen könnten.«
»Verdammt, allmählich werden Sie lästig«, beschwerte sich Robbins.
»Ich kann nicht nur von Nüssen und Kartoffelchips leben.«
»Ganz in der Nähe des Appartements gibt es einen Supermarkt, hab ich heute Morgen bei der Hinfahrt gesehen. Liegt direkt auf dem Weg«, warf Davey ein.
»Na schön, aber danach ist Schluss«, sagte Robbins.
Als Davey vor dem Laden hielt, klingelte Robbins’ Handy. »Warten Sie«, befahl er Ava, lauschte ein paar Sekunden, und sagte: »Hier, mein Bruder möchte Sie sprechen«, und reichte ihr das Telefon.
Sie hielt es weit von sich. »Ich habe die Bank vor etwa einer halben Stunde verlassen«, erklärte sie, denn sie wusste, dass er deshalb anrief. »Es ist noch nichts in trockenen Tüchern. Es war nur ein Schritt auf dem Weg, mehr nicht.«
»Eigentlich wollte ich fragen, wie Sie geschlafen haben.«
»Und dann wollten Sie fragen, wie es bei der Bank gelaufen ist.«
»Das stimmt nicht. Aber ich wollte mich auch erkundigen, ob mein Bruder angenehme Gesellschaft war.«
»Und dann wollten Sie nach der Bank fragen.«
»Das stimmt allerdings.« Er lachte. »Da Sie anscheinend nur übers Geschäft reden wollen, erzählen Sie mir, wie es gelaufen ist.«
»Sie haben mich nicht aus der Bank geworfen, falls Sie das meinen.«
»Das ist das Letzte, was ich erwartet hatte.«
»Möglicherweise erwarten Sie zu viel von mir. Der Ausgang ist immer noch völlig ungewiss. Bates, der Banker, ist clever und gewissenhaft. Er besteht darauf, mit Seto zu sprechen.«
»Und Sie versuchen mir zu erklären, dass das zum Problem werden könnte?«
»Was glauben Sie?«
»Ich sehe das potenzielle Risiko.«
»Das ist untertrieben.«
»Ach, ich bin sicher, Sie machen das schon, Ms. Lee. Ich setze vollstes Vertrauen in Sie.«
Ava sah keinen Grund, eine derart sinnlose Unterhaltung weiterzuführen. »Hören Sie, ich mache jetzt Schluss. Ich muss die Dokumente unterzeichnen und ein paar Dinge in die Wege leiten.«
»Was steht denn an?«
»Heute Nachmittag treffe ich mich erneut mit Bates. Wenn er die Dokumente mit den gefälschten Unterschriften einfach akzeptiert, klappt es vielleicht noch heute mit der Überweisung nach Hongkong. Wenn dem so ist und ich die Bestätigung bekomme, muss ich meinen Leuten eine E-Mail schicken, damit sie Ihnen Ihren Anteil zukommen lassen. Dazu brauche ich natürlich meinen Computer, das müssen Sie ihrem Bruder begreiflich machen.«
»Kein Problem.«
»Das haben Sie auch im Zusammenhang mit meiner Reise hierher gesagt.«
»Jetzt seien Sie nicht eingeschnappt, Ms. Lee«, sagte er.
»Falls die Überweisung aus Hongkong zustande kommt – wofür ich nicht garantieren kann –, werde ich meine Leute bitten, Ihnen wie beim letzten Mal per E-Mail eine Kopie der Überweisung zu schicken. Und um sicher zu gehen, möchte ich Ihnen außerdem eine Kopie per Fax zuschicken. Haben Sie eine sichere Faxnummer?«
»Mein Bruder hat eine.«
»Nicht einmal darum möchte ich ihn bitten«, antwortete sie.
»Aha. Ich gebe zu, es mangelt ihm etwas an Charme. Gut, ich schicke Ihnen die Nummer per
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