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Die Wasserratte von Wanchai / eBook (German Edition)

Die Wasserratte von Wanchai / eBook (German Edition)

Titel: Die Wasserratte von Wanchai / eBook (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Hamilton
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Begrüßungsformel der Thailänder, bei der man die Handflächen wie zum Gebet aneinanderlegt und sich tief verneigt. Je näher die Hände dem Gesicht sind und je tiefer die Verbeugung, desto mehr Respekt zeigt man. Einer Frau im Businesslook begegnete man anscheinend mit sehr viel Achtung – mit Ausnahme von Antonelli , dachte sie.
    In ihrem Zimmer zog sie sich bis auf die Unterwäsche aus, hängte ihre Sachen auf und schlief ein paar Stunden. Danach entschied sie sich für Trainingshose und T-Shirt, es gab keinen Grund, sich in Schale zu werfen. Diesmal verabschiedete man sie nicht mit Wais , als sie das Hotel verließ.
    Im Pantip Plaza bestellte sie alle Staffeln von The Wire  – fünfzehn DVD s – für vierzig Dollar, danach erstand sie für einen Freund drei Software-Programme zur Filmbearbeitung, die jeweils drei Dollar kosteten; der Freund sparte dadurch mehrere tausend Dollar. Während die DVD s gebrannt wurden, ging sie über die Straße und aß eine Schüssel Tom-Yam-Gung-Suppe.
    Neben ihrem Favoriten, chinesischer scharf-süßer Suppe, gehörte Tom Yam Gung zu Avas Lieblingsgerichten. Wie alle guten scharf-sauren Meeresfrüchtesuppen wird sie mit Hühnerfond und einer großzügigen Menge Shrimps zubereitet. Zusammen mit Koriander, Reisstrohpilzen, Frühlingszwiebeln, Fischsauce, Limettensaft und Zitronengras ergibt das eine würzige Brühe, auf der dank der letzten Zutat, Chilischoten, rote Fettaugen schwimmen. Die Suppe hat ein klares, leichtes Aroma, wie Sauerstoff pur mit einem Hauch Zitrone.
    Sie holte ihre DVD s und rief Arthon an. Er hatte bezüglich Antonellis Handy kein Glück gehabt, aber immerhin ein paar Informationen über Seto zusammengetragen.
    »Soll ich sie im Hyatt vorbeibringen?«, fragte er.
    »In fünfzehn Minuten«, antwortete sie.
    »Eher in einer Stunde«, entgegnete er.
    »Wir sehen uns in der Lobby.«

12
    A va wartete fast zwei Stunden auf Arthon. Sie trank mehrere Gläser Saft und las sämtliche Zeitungen in der Lobby. Überall die gleiche Nachricht: Die Wirtschaft war am Boden. In ihrer Branche bedeutete das normalerweise gute Geschäfte, denn verzweifelte Situationen verlangten nach verzweifelten Maßnahmen.
    Arthon kam durch die Eingangstür, seinen Wagen ließ er mit laufendem Motor stehen. Er war ohne Zweifel einflussreich. Heute war er besser gekleidet als am Vortag: schmal geschnittene, blaue Hose, enges, rotes Polohemd von Lacoste und hochgeschobene Sonnenbrille. Hätte Ava ihn heute kennengelernt, hätte sie ihn für einen Dealer gehalten.
    Er entschuldigte sich nicht für die Verspätung – bei dem Verkehrschaos in Bangkok wurden Verabredungszeiten ohnehin nur als grobe Schätzungen verstanden. »Ich kann nicht bleiben«, sagte er schnell und reichte ihr zwei Zettel.
    »Ist das alles?«
    »Setos Ein- und Ausreisen sowie seine Hotelaufenthalte, mehr haben wir nicht gespeichert. Er war in den vergangenen sechs Jahren drei, vier Mal pro Jahr hier, ist zuerst in Hat Yai, danach in Bangkok gewesen. Im Süden ist er wie Antonelli im Novotel abgestiegen, und als Antonelli nach Norden gezogen ist, ebenfalls im Water Hotel.«
    »Seafood Partners?«
    »Wenn er Partner ist, dann ein diskreter.«
    »Wann war er zuletzt hier?«
    »Vor etwa fünf Monaten.«
    Um den Major-Supermarkets-Coup vorzubereiten , schoss es Ava durch den Kopf.
    »Eine Sache noch«, sagte er und reichte ihr ein Passfoto. »Ich wusste nicht, ob Sie schon eins haben.«
    Sie betrachtete ihre Zielperson: dickes, schwarzes, zurückgekämmtes Haar mit grauen Strähnen, ein langes, schmales Gesicht mit einem kleinen Mund unter einem dünnen, leicht schiefen Schnurrbart. Seine Augen verschwanden fast unter den schweren Lidern, doch er starrte mit trotzigem Blick direkt in die Kamera.
    »Ich muss jetzt los«, sagte Arthon. »Heute ist Zahltag. Was haben Sie heute Abend vor?«
    »Ich gehe zur Happy Hour ins Barry Bean’s. Vielleicht kann ich Antonelli eher zum Reden bringen, wenn er ein paar Drinks intus hat.«
    »Rufen Sie mich an, falls Sie mich brauchen. Gegen sieben bin ich fertig.«
    Um sechs, als die Happy Hour in vollem Gange sein musste, betrat Ava die Bar. Das Barry Bean’s war tatsächlich gerammelt voll, aber Antonelli war nirgends zu sehen. Sie fragte eine Kellnerin nach ihm und bekam die Auskunft, »Khun George« werde sicher noch kommen – die Happy Hour lasse er sich nie entgehen. Sie unterhielt sich mit einem deutschen Badewannenhersteller, der plante, sein Geschäft nach Thailand zu verlegen,

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