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Die Wasserratte von Wanchai / eBook (German Edition)

Die Wasserratte von Wanchai / eBook (German Edition)

Titel: Die Wasserratte von Wanchai / eBook (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Hamilton
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können die Cops, die Armee und der Rest anstellen, was sie wollen.«
    »Klingt vernünftig«, sagte sie.
    Sie gingen zusammen zum Aufzug. Ava ahnte einen Annäherungsversuch, deshalb war sie wenig überrascht, als er fragte: »Hätten Sie Lust, heute Abend auszugehen? Sie wissen schon, ein bisschen um die Häuser ziehen?«
    »Tom, ich bin nicht Ihr Typ«, sagte sie sanft. »Glauben Sie mir.«

20
    U m zehn Uhr packte Ava das Notizbuch und ihren kanadischen Pass in die Chanel-Tasche und ging in die Lobby hinunter. Im knielangen, schwarzen Rock, schwarzen Pumps und einer weißen Bluse war sie von Kopf bis Fuß die perfekte konservative, seriöse Geschäftsfrau. Sie verließ das Hotel, ging die Young Street entlang, bog rechts ab und erreichte zweieinhalb Blocks weiter ein weißes Holzgebäude von der Größe eines kleinen Appartementhauses, vor dem eine kanadische Fahne aufgezogen war. Die Botschaftsräume befanden sich vermutlich im Erdgeschoss, darüber die Residenz. Sie hatte erwartet, an den Doppeltüren Sicherheitsbeamte vorzufinden, stattdessen saß in einem kleinen, klimatisierten Vorraum eine junge schwarze Frau hinter einem Empfangsschalter, dessen Plastik-Trennscheibe auf Mundhöhe perforiert war.
    Als Ava sich ihr näherte, starrte die Frau sie an wie eine Diebin. »Hallo, mein Name ist Ava Lee. Ich komme aus Kanada und bin hier auf Geschäftsreise. Ich bin in Schwierigkeiten geraten und muss dringend den Botschafter sprechen«, sagte sie und hielt kurz ihren Pass hoch.
    »Es gibt hier keinen Botschafter. Wir haben nur einen Hochkommissar, und der empfängt niemanden ohne Termin.«
    »Es handelt sich um einen Notfall. Wenn er keine Zeit hat, kann mir vielleicht jemand anders weiterhelfen?«
    »Ich weiß nicht …«, sagte die Frau, als plötzlich ein Mann hinter ihr auftauchte, der nicht nach Diplomat aussah.
    Er musterte Ava durch die Trennscheibe und legte der Frau die Hand auf die Schulter. Ava lächelte und hielt ihren Pass hoch. »Ich habe ein Problem und hoffe, Sie können mir helfen.«
    Er deutete auf einen Spalt unter der Scheibe und sagte: »Schieben Sie Ihren Pass bitte hier durch.« Sie tat wie geheißen, und er betrachtete das Foto, ihre Visa und Einreisestempel; dann faltete er ihn auseinander, um die Bindung zu überprüfen.
    »Wo drückt denn der Schuh?«, fragte er schließlich.
    »Muss ich draußen stehen bleiben?«
    Er dachte kurz nach. »Nein, müssen Sie nicht.« Er beugte sich vor und drückte einen Knopf. Die Tür zu den Büros öffnete sich summend.
    Sie trat hindurch und reichte ihm die Hand. »Ich bin Ava Lee.«
    »Marc Lafontaine.«
    Er war muskelbepackt, ein Bär von einem Mann. »Sie sind nicht zufällig der Hochkommissar, oder?«, fragte sie.
    »Ich bin bei der Royal Canadian Mounted Police.«
    »Aha.«
    »Ich kümmere mich hier um die Sicherheit.«
    »Vielleicht sind Sie genau der Mann, den ich sprechen muss.«
    »Niemand muss mich sprechen.«
    »Da wäre ich mir nicht so sicher.«
    »Worüber möchten Sie denn mit mir sprechen?«
    »Hier draußen? Haben Sie kein Büro?«
    »Sie sind ganz schön hartnäckig, was?«
    »Eher verzweifelt.«
    Das schien sein Interesse zu wecken. »Folgen Sie mir«, sagte er. »Normalerweise lassen wir niemanden herein, aber Sie wirken nicht gerade bedrohlich.«
    Sein Büro war schlicht eingerichtet und enthielt nur einen hölzernen Drehstuhl sowie einen Schreibtisch und zwei Aktenschränke aus Metall mit je vier Schubladen. An einem Garderobenständer hing in einer Plastikschutzhülle seine Uniform. Ava sah drei Streifen an den Ärmeln. Auf einem der Aktenschränke standen zwei Fotos von drei Mädchen. »Sind das Ihre Töchter, Sergeant?«
    »Ja, und nennen Sie mich Marc.«
    »Sind sie hier bei Ihnen?«
    »Sie sind bei ihrer Mutter in Ottawa.«
    »Verstehe.« Sie betrachtete die Fotos und dann ihn. Er hatte kurzgeschorene, kastanienbraune Haare, dünne Augenbrauen, eine lange Nase und ein fast spitz zu nennendes Kinn, das alle Mädchen von ihm geerbt zu haben schienen. »Sie sehen Ihnen ähnlich«, sagte sie.
    »Normalerweise schneien nicht viele Kanadier von der Straße hier herein. Sagen Sie mir, warum Sie so verzweifelt sind. Das war doch das Wort, das Sie benutzt haben, oder?«
    »Ich habe eventuell ein bisschen übertrieben. Eigentlich ist es noch zu früh, um das zu beurteilen.«
    »Soll ich etwa raten, worum es geht?«
    Ava hatte schon mehrmals mit Mounties zu tun gehabt, die vielleicht nicht übermäßig gewitzt, aber grundehrlich waren,

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