Die Wasserratte von Wanchai / eBook (German Edition)
Eckie’s ist, wunderbar. Falls nicht, was macht das für einen Unterscheid?«
»Und was soll ich heute Nachmittag tun?«
»Was Sie wollen. Gehen Sie schwimmen, joggen oder Einheimische zusammenschlagen. Ich hole Sie hier um sechs ab, wir fahren in die Stadt, parken in der Nähe des Restaurants und warten auf Seto.«
Ava beschloss, noch einmal joggen zu gehen. Zurück im Hotel duschte sie und ging dann nach unten, aß Toast mit Marmelade im Restaurant und schlug am Computer die Zeit tot, trotzdem war es erst vier Uhr, als sie zurück auf ihr Zimmer ging. Sie schaltete zum ersten Mal den Fernseher ein und schaute sich Wiederholungen von M*A*S*H und der Bob Newhart Show an. Sechs Uhr ging vorüber ohne eine Nachricht von Patrick. Wieder und wieder prüfte sie die Tasche mit den Utensilien, die sie für Seto brauchen würde. Sie fing sogar an, ihr Gepäck für die Heimreise zu packen. Um halb sieben überlegte sie, Patrick anzurufen, unterließ es jedoch aus Furcht, wie eine überängstliche Anfängerin dazustehen.
Kurz vor sieben klingelte ihr Handy.
»Ja?«
»Er fährt jetzt in Richtung Innenstadt. Ich hole Sie in fünf Minuten vor dem Hotel ab.«
Patrick wartete schon am Eingang, als sie unten ankam. Er warf einen Blick auf die Tasche in ihrer Hand, sagte aber nichts.
»Ng und die Frau sind bei ihm«, erklärte er.
»Gut, dass sie auch dabei ist«, entgegnete Ava.
Sie parkten einen halben Block vom Restaurant entfernt und machten es sich in dem roten Toyota bequem. Sie mussten nur kurz warten. Der Land Rover rumpelte über die Straße, hielt direkt vor dem Restaurant, gleich darauf sprang Ng aus dem Wagen. Seto brauchte etwas länger und half der Frau beim Aussteigen.
»Wie kann man jeden Abend hier essen?«, wollte Patrick wissen.
»Das hat mit Hongkong zu tun«, erklärte sie. »Die Hongkonger haben winzige Wohnungen, und auszugehen gehört zum Alltag. Die Tatsache, dass sie auch noch gern essen gehen, liefert ihnen den perfekten Vorwand. Es muss in dieser Stadt mehr Restaurants pro Kopf geben als in jeder anderen. Aber wenn die Hongkonger ein Restaurant finden, das ihnen gefällt, bleiben sie ihm treu.«
»Dieses hier würde ich gerne mal ausprobieren«, sagte er.
»Vermutlich gibt es zwei Speisekarten: eine für Chinesen und eine für … na ja, Nicht-Chinesen.«
»Dann verzichte ich lieber.« Patrick sah sich um. »Wir können jetzt aussteigen, wenn Sie wollen; von drinnen können sie uns ja nicht sehen. Es gibt da drüben einen Roti Shop, einen karibischen Imbiss, gar nicht so übel. Durchs Fenster hat man das Restaurant gut im Blick.«
Als sie gerade aussteigen wollten, hielt neben ihnen ein schwarzer Nissan. Die getönte Scheibe des Beifahrers fuhr langsam herunter, und ein Schwarzer mit grauen Haaren streckte den Kopf aus dem Fenster.
»Park in der Nähe vom Eckie’s«, sagte Patrick zu ihm. »Sie dürften etwa eine Stunde im Restaurant bleiben. Warte, bis Seto in den Club gegangen ist, bevor du dir Ng schnappst. Seto hat eine Frau bei sich. Wenn sie mit in den Club geht, kümmern wir uns auch um sie. Wenn nicht, müsst ihr sie holen. Haltet sie von Ng getrennt. Wir brauchen sie noch.«
Der Mann nickte und fuhr die Scheibe wieder hoch.
»Ein gutes Team – sehr erfahren«, sagte er zu ihr, als der Nissan zum Eckie’s fuhr. »Der Captain hat die Besten für Sie ausgesucht.«
Bei dem Preis will ich das schwer hoffen , dachte sie.
Im Roti Shop gab es drei Tische, die alle frei waren. Sie setzten sich ans Fenster und behielten den Eingang des China World im Auge. Patrick bestellte Hähnchencurry mit Roti. Ava bat um einfachen gebratenen Reis und Ingwerlimonade.
»Sagen Sie, wie kommt ein Mann wie Captain Robbins in einem solchen Land zu einer derart einflussreichen Position?«, fragte Ava.
»Meinen Sie, wie kommt ein Weißer zu einer derart einflussreichen Position, in einem Land, in dem 95 Prozent der Bevölkerung aus Schwarzen und Indern besteht?«
»Ja, genau.«
Patrick biss sich auf die Unterlippe. Wenn er wollte, konnte er darauf antworten; wollte er?
»Auf Barbados war der Captain Polizist. Er ist durch ein karibisches Austauschprogramm nach Guyana gekommen. Das ist etwas, was die wenigsten über dieses Land wissen: Geografisch gesehen ist es Teil von Südamerika, unsere nächsten Nachbarn sind Venezuela und Brasilien, aber was Kultur, Gesellschaft und Sprache betrifft, gehören wir zur Karibik. Es gibt zum Beispiel immer Guyaner im Team der West Indies. Nachdem die Briten
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