Die Wasserratte von Wanchai / eBook (German Edition)
und ein Messer-Set, auf der anderen standen ein gut ausgestattetes Gewürzregal und Dosen mit Mehl, Zucker und Cerealien.
»Bringen Sie Seto her«, rief sie Patrick zu.
Seto schlurfte in die Küche. Trotz Klimaanlage stand ihm der Schweiß auf der Stirn. »Ziehen Sie ihm die Jacke aus«, befahl sie. Patrick nahm ihm die Handschellen ab, zog ihm das Jackett aus, riss seine Arme mit einem harten Ruck nach hinten und legte ihm wieder Handschellen an. Ava setzte Seto auf einen der Stühle, sodass seine gefesselten Hände hinter der Lehne ruhten. Anschließend kniete sie sich hin und band seine Knöchel mit Duct Tape an den Stuhlbeinen fest.
»Geben Sie mir das Jackett«, bat sie Patrick. Rasch durchsuchte sie die Taschen und fand eine Brieftasche.
»Wo ist der Computer?«
»Oben«, antwortete Anna prompt.
»Gehen wir – Patrick, bleiben Sie bei Seto.«
Im ersten Stock gab es vier Zimmer. Zwei dienten als Schlafzimmer, eines stand leer, das vierte war ein provisorisches Büro. Ava führte Anna in das große Schlafzimmer, das mit einem breiten Doppelbett aus schwerem Mahagoni und passenden Nachttischen aus Holz bestückt war; eine Wand war völlig verspiegelt.
Das Bett war mit Deko-Kissen übersät. Ava warf sie auf den Boden und befahl Anna, sich auf das Bett zu legen. Darauf fesselte Ava auch ihr die Knöchel mit Duct Tape und knebelte sie. »Bleiben Sie ruhig liegen«, befahl sie.
Ava ging ins Arbeitszimmer, setzte sich an Setos Schreibtisch, der auf beiden Seiten zwei Schubladen hatte, und schaltete den Laptop ein. Während er hochfuhr, durchsuchte sie die Schubladen. Alle waren leer, bis auf eine, in der sich die Kopie eines Flugtickets und zwei entwertete Bordkarten befanden. Seto war von Port of Spain via Miami nach Georgetown geflogen. Außerdem entdeckte Ava zwei Pässe, einen amerikanischen, ausgestellt auf den Namen Jackson Seto, und einen chinesischen unter dem Namen Seto Sun Kai.
Sie öffnete die Brieftasche. Darin waren vier Kreditkarten, alle unter dem Namen Jackson Seto, sowie ein im Staat Washington auf denselben Namen ausgestellter Führerschein mit der Adresse, die sie in Seattle aufgesucht hatte. Er besaß auch einen Hongkonger Ausweis auf den Namen Seto Sun Kai.
Der Computer verlangte nach einem Passwort. Das konnte warten. Sie sah sich im Zimmer um. Das einzig Interessante waren sechs Karteikästen aus Pappe an der Wand. Als sie den ersten öffnete, konnte sie sehen, dass Seto ordentlich und gut organisiert war. Alles war alphabetisch geordnet, und als sie in der Barrett’s-Bank-Akte nachschaute, waren die Papiere nach Datum abgeheftet. Sie nahm sie mit zum Schreibtisch und überflog die Dokumente vom ältesten – einer Kopie der Unterschriftenkarte aus der Zeit der Kontoeröffnung – bis hin zum neuesten Kontoauszug. Sie verglich die darauf angegebene Kontonummer mit der in ihrem Notizbuch und stellte fest, dass sie übereinstimmten.
Das Konto war auf den Namen S & A Investments ausgestellt. Es gab nur eine autorisierte Unterschrift: die von Seto. Sie überprüfte die Daten. Das Konto war vor mehr als zehn Jahren eröffnet, aber bis vor drei Jahren wenig genutzt worden. Die meisten Überweisungen stammten von Tam, aber Seto hatte von Anfang an auch kleinere Summen zwischen zehn- und zwanzigtausend Dollar gehamstert. In den Jahren zuvor hatte es zudem ein paar größere Einzahlungen gegeben; Ava vermutete, dass es sich dabei um das unterschlagene Geld der indischen und indonesischen Fischhändler handelte. Nach Tams Überweisungen belief sich der Kontostand auf insgesamt sieben Millionen US -Dollar – eine angenehme Überraschung.
Sie ging nach unten. Patrick saß stumm an der Küchentheke und wippte nervös mit den Beinen. »Haben Sie gefunden, was Sie suchen?«, fragte er.
Sie legte Setos Pässe, seinen Hongkonger Ausweis und den Bankordner auf den Küchentisch. »Sieht gut aus.« Sie flüsterte Patrick zu: »Ich werde Seto jetzt auf Kantonesisch verhören«, sagte sie.
Seto saß zusammengesunken auf dem Stuhl, sein Kinn berührte fast seine Brust. Als sie ihm das Klebeband vom Mund riss, schrie er vor Schmerz.
»Seto Sun Kai, haben Sie wirklich geglaubt, wir würden Sie nicht suchen? Und finden?«
Verwirrt schüttelte er den Kopf und leckte sich über die Lippen. Sie fragte sich, ob ihm aufgefallen war, dass sie seinen chinesischen Namen benutzt hatte.
»Wieso sollten Sie oder sonst jemand nach mir suchen? Ich habe nichts getan.« Seine Stimme klang rau, anscheinend war
Weitere Kostenlose Bücher