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Die Wedding-Planerin

Titel: Die Wedding-Planerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katarina Rathert
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Polterabend. In der Regel findet dieser im Haus/​Hof/​Garten der
     Brauteltern statt. Normalerweise werden dazu keine Einladungen verteilt, sondern der Termin wird über Mund-zu-Mund-Propaganda
     durch Dorf, Freundes- und Verwandtenkreise verbreitet. Polterabende |44| sind häufig noch größer als die eigentliche Hochzeit, denn dies wird als Gelegenheit gesehen, neben den Hochzeitsgästen
     auch all die zu bewirten, die zu der eigentlichen Feier nicht eingeladen werden können. Es gibt deftiges Essen, das der
     örtliche Fleischer in großen Gefäßen anliefert, der Alkohol fließt in Strömen, und gefeiert wird bis zum Morgengrauen. Meiner
     Meinung nach hält sich die Tradition des Polterabends nur, damit alle Freunde, Nachbarn und Verwandte regelmäßig ihren Geschirrschrank
     ausmisten können. Denn gepoltert wird im wahrsten Sinne des Wortes: Alle Gäste bringen Porzellan mit – auf keinen Fall Glas,
     das bringt Unglück – und zerdeppern dieses. Geschirr, Krüge, aber auch ganze Kloschüsseln habe ich bei solchen Feiern schon
     fliegen und zerschellen sehen. Laut Wikipedia liegt der höhere Sinn des Polterns darin, das Paar darauf aufmerksam zu machen,
     dass es künftig auch schwierige Lebenslagen zu bewältigen hat.
    Rechnet man noch den Junggesellenabschied dazu, so feiert man bereits vor der Hochzeit drei Feste. Häufig begegnen sich dabei
     die immer gleichen Menschen, und mir hat es sich noch nie erschlossen, warum dies so sein muss. Zum einen sind viele Gäste
     auf der Feier bereits gesättigt – sie haben schließlich schon zwei- bis dreimal in dieser Woche gut gegessen, getrunken und
     gefeiert. Zum anderen muss ein derartiger Aufwand doch wahnsinnig viel Geld kosten. Selbst wenn ein Teil der Ausgaben über
     Geldgeschenke gegenfinanziert werden kann, wird das Paar viel investieren müssen – ich würde ja lieber anschließend in die
     Flitterwochen fahren können, ohne einen Kredit bei der örtlichen Sparkasse abzahlen zu müssen.
    Auch ergeben sich durchs Heiraten auf dem Dorf eine Reihe von Verpflichtungen. So hat man gewisse Menschen, wie etwa die
     Nachbarn, auf die eigene Feier einzuladen. Warum aber sollte ich, die seit zehn Jahren gar nicht mehr dort wohnt, mir mittlerweile
     wildfremde Menschen zu meiner Feier einladen? Oder anders gedacht: |45| Warum sollte mein zukünftiger Mann, der diese Traditionen und Menschen nicht kennt, zwanzig bis dreißig zusätzliche Menschen
     auf seiner Hochzeit bewirten wollen? Einfacher wird das alles nur, wenn beide Partner mit ähnlichen Strukturen aufgewachsen
     sind und die Traditionen und Erwartungen kennen. Dann kann man im Zweifel gemeinsam beschließen, diese zu brechen bzw. die
     Erwartungen bewusst nicht zu erfüllen, da beide wissen, wie die Konsequenzen aussehen werden. Ist einem der Partner diese
     Welt aber komplett fremd, so muss der andere zwischen allen Beteiligten vermitteln, und das kann nicht nur zu familiärem
     Streit führen, sondern auch zu einer echten Belastungsprobe der eigenen Beziehung.
    Diese und andere Gedanken schießen mir durch den Kopf, als Lena erzählt, dass die Option, in der Heimat zu feiern, diskutiert
     wurde. Ich sehe es als meine Trauzeuginnen-Pflicht an, in kritischen Situationen locker zu bleiben und mich zurücknehmen
     – zwei Eigenschaften, die mir leider nicht in die Wiege gelegt wurden und zu denen ich mich jetzt zwingen muss. Um das Gespräch
     ruhig weiterführen zu können, ohne einen Streit zwischen Karl und Lena oder Lena und mir zu provozieren, serviere ich erst
     mal das Dessert, wechsele die CD und schenke uns noch einmal Wein nach.
    «Mal abgesehen davon, dass ihr den Ort diskutiert habt – wie haben denn eure Eltern reagiert?», versuche ich noch einmal,
     die Grundstimmung der Familien in Erfahrung zu bringen. Lena seufzt und erzählt: «Sie freuen sich. Alle haben sich total für
     uns gefreut. Papa hatte Tränen in den Augen, Mama musste weinen, und auch Karls Eltern waren total gerührt.» Das freut mich
     sehr für die beiden. Es ist nicht selbstverständlich, dass sich beide Familien freuen können. Das geht auch deutlich anders.
     Freunde von Andreas haben das erlebt. Die Eltern des Bräutigams fanden ihre zukünftige Schwiegertochter total unpassend,
     mit der Folge, dass sie die Feier boykottierten und jeden aus der Familie vor ein familiäres |46| Kriegsverbrechertribunal stellten. Entsprechend angespannt verliefen die Vorbereitungen und die Feier.
    Lena schüttelt den Kopf:

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