Die Wedding-Planerin
erklärt
sie mir.
Ich öffne die Nachricht mit dem Angebot und überfliege es. Was ich auf den ersten Blick sehe, gefällt mir. Die Menüvorschläge
sind kreativ, aber dennoch für jedermann essbar, die Getränke werden pauschal abgerechnet, was sich bei einer solchen Feier
anbietet und für alle am einfachsten ist. Man hat ihr immer mindestens eine Alternative vorgeschlagen und direkt die etwaigen
Preise veranschlagt, |84| toll. Bleiben zwar die üblichen offenen Fragen danach, wer dekoriert, wie die Tische gestellt und welche Getränke angeboten
werden, aber derlei Details klärt man sowieso besser bei einem persönlichen Termin.
Ich antworte Lena, die noch am Telefon ist und mir nebenbei irgendeine Geschichte über Karl erzählt, der ich gerade nicht
richtig folgen kann, dass ich das Angebot toll finde und ob wir uns die Räume nicht bald mal ansehen wollen. Lena, seit
meiner Konfrontationstherapie endlich wieder in Hochzeitsvorfreude, antwortet vergnügt, dass sie mich am nächsten Vormittag
zum Frühstück samt Besichtigung abholen wird.
Nun sitzen wir in unserem Lieblingscafé, vor uns riesige Milchkaffees, Obstsalat und Joghurt sowie den Ausdruck des Angebots,
das wir jetzt diskutieren. Wie viele Gäste erwarten die beiden eigentlich realistisch betrachtet? Die Offerte basiert auf
einer Zahl von 100 Gästen – kommen mehr oder weniger? Lena zieht einen ziemlich ramponiert aussehenden Zettel aus ihrer Tasche. Darauf befinden
sich jede Menge Namen, die kategorisch geordnet sind: Familie, Freunde, Kollegen Lena, Kollegen Karl. Offenbar haben die
beiden diese Liste bereits mehrfach überarbeitet, wie an den Streichungen und neu eingesetzten Namen zu erkennen ist. Ich
gucke mir das Machwerk an und lache – bei jeder Hochzeit ist es das Gleiche: Wen lädt man ein und wen nicht? Die Frage nach
der Grenze der Gästeliste ist einfach wirklich schwierig zu beantworten. Wie weit lädt man die Verwandtschaft ein? Welche
Freunde und Kollegen sollen kommen?
Lena guckt etwas unentschlossen und meint: «Wir würden so gern einfach alle dabeihaben – aber das wären 150 Leute, das fasst der Raum nicht.»
«Wie wäre es mit einem Polterabend, da können dann auch alle kommen, die ihr nicht zur Feier einladen könnt, eure Nachbarn
zum Beispiel», schlage ich vor.
Lena wehrt ab: «Nein, wir möchten eine Feier. Für einen Polterabend |85| müssten wir einen weiteren Raum finden. Außerdem macht das irgendwie die Party kaputt, wenn man kurz vor der eigentlichen
Feier auch noch poltert und kräftig auf den Putz haut.»
Mit dieser Einschätzung hat sie recht, zumal sehr viele Gäste anreisen müssen und man das nicht allen zweimal zumuten möchte.
Also muss aussortiert werden. Zusammen kommen wir auf etwa 120 Gäste – aus Erfahrung weiß ich, dass aber immer der ein oder andere absagt, und rechne damit, dass es weniger werden. Lena
seufzt, sie findet es furchtbar, nicht alle einladen zu können, und verschiebt die Debatte darüber auf einen anderen Zeitpunkt.
Außerdem müssen wir los, weil wir gleich den Termin mit dem Veranstalter haben. Auf der Fahrt unterhalte ich uns mit Ideen,
die mein Kopf dauernd produziert: wie und wo man Fotos machen kann, wie wir aussehen werden, dass ich es so romantisch finde,
wenn der Vater die Braut zum Altar führt, und so weiter. Über diesen von Hollywood inspirierten Ideen kommen wir an unserem
Ziel an.
Wir sind im Hamburger Hafen, parken vor einem roten Backsteingebäude und steigen aus. Zusammen sehen wir uns um. Uns gefällt,
was wir sehen. Auf der einen Seite des Gebäudes hat man den freien Blick auf den Hafen mit seinen Containern und Kränen,
den ankommenden und abfahrenden Schiffen, auf der anderen Seite auf die Hamburger Altstadt mit ihren herrschaftlichen Kontorhäusern.
Ein sehr hanseatischer Ort. Wir steigen die drei Treppen zum Büro des Veranstalters hinauf. Oben erwartet uns ein junger Mann,
der sich als Christian vorstellt, er betreibt die Location.
Wir folgen ihm durch ein Büro hinaus über eine Brücke in ein Nebengebäude, das sich als alter Kornspeicher herausstellt.
Wir befinden uns in der dritten Etage des Gebäudes, unter uns, so erklärt Christian, befänden sich Büros, die aber am
Wochenende immer leer stünden. Der gesamte Raum ist von bodentiefen Fenstern umgeben, die sich in einer Ecke spitz zusammenlaufend |86| treffen. Stellt man sich dorthin, hat man das Gefühl, am Bug eines Schiffes
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