Die Wedding-Planerin
einer Sprache spricht, die ich nicht verstehe. Lena dehnt sich auch, und ich sehe ihrem Gesicht an,
dass ihr das genauso viel Spaß macht wie mir: nämlich keinen.
Anschließend gehen wir zu einer Übungsabfolge über, die alle außer uns auswendig zu kennen scheinen. Auf einzelne Kommandos
der Trainerin hin verwandeln sich die Frauen neben uns in Sonnenanbeterinnen, Frösche, Heuschrecken und Bäume. Wir verstehen
nur noch Bahnhof und versuchen, so gut es geht mitzuhalten. Langsam, aber sicher werde ich ärgerlich. Der Kurs war für Anfänger
ausgeschrieben, aber die Frauen hier scheinen das seit Jahren zusammen zu machen. Aufregen bringt nichts, und bei einem
Blick auf Lenas Versuche, mitzuhalten, muss ich wieder lachen und kann mich nicht mehr beruhigen. Hemmungslos kichere ich
vor mich hin und ziehe damit ganz offenbar den Zorn |120| der anderen Teilnehmerinnen auf mich – ich habe keine Chance, der Fluchtweg ist abgeschnitten durch sonnenanbetende Frauen,
die Tür unerreichbar weit weg.
Den Rest der Stunde versuche ich, möglichst wenig Spaß zu haben und das immer wieder aufsteigende Lachen zu unterdrücken.
Zum Ende der Stunde müssen wir uns alle im Schneidersitz auf unseren Matten niederlassen. Augen schließen, atmen, beruhigen.
Als ich schon glaube, es überstanden zu haben, beginnt die Trainerin zu singen. Shakren oder so, ich habe keine Ahnung,
empfinde diesen Teil nur als äußerst unangenehm, weil ich nicht weiß, was das soll.
In der Umkleidekabine trifft mich noch einmal der Zorn der anderen Teilnehmerinnen: «Wenn man Yoga nur als Sport sieht, kann
man das nicht machen», klärt mich eine der Frauen auf. «Wenn man einen Anfängerkurs veranstaltet, muss man auch die neuen
Teilnehmer einbeziehen», kontere ich. «Du bist nicht geeignet, Yoga zu erfahren», verabschiedet sich mein Gegenüber in
die Dusche und lässt mich stehen.
Ich weiß nur eins: Ich tue viel für eine tolle Hochzeit, ganz sicher aber werde ich nie wieder in diesen Yogakurs gehen.
Zum Glück sieht Lena das genauso.
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|121| Donnerstag, 16. Januar
Stimmung: verdrossen
Sound: Beratungsgespräch
Thema des Tages: Einladungen
Das hier muss die Hölle sein, und wenn sie es nicht ist, dann stelle ich mir das Fegefeuer in etwa so schrecklich vor wie
den Ort, an dem wir uns gerade befinden. Wo wir sind? In einem Geschäft, das Einladungskarten für Hochzeiten herstellt.
Lena und ich stehen seit etwa zwanzig Minuten vor Musterbüchern, und so langsam glaube ich wirklich, dass der Teufel hier
gewesen sein muss. Meine Augen sehen nur Scheußlichkeiten, das ist schlimmer als der schlimmste Brautmodenladen. Vor uns
liegen etwa zehn Musterbücher, fünf von ihnen haben wir jetzt durchgesehen, und nicht eine Karte war dabei, die wir auch
nur ansatzweise gut gefunden hätten.
Wir sehen gerade das fünfte Buch mit dem Titel
Romance
durch, und ich hoffe sehr, dass es wenigstens nicht noch schlimmer wird.
Art
und
Innovation
sowie
Design
und
Stars and Stripes
haben wir bereits hinter uns. Derzeit schimmern uns perlmuttfarbene Kartonagen entgegen. Quadratisch, rechteckig, rund,
oval – was auch immer der Kunde wünscht, hier ist es machbar. Auch Stanzen in Tierform, gerade muss ich mir die Hand vor
den Mund schlagen, um nicht laut loszuprusten: Uns fliegt ein zart seiden schimmerndes Tauben-Paar entgegen. Die Karte ist
in Form der Tiere gestanzt, die Ratten der Lüfte halten sich bei den Flügeln, und irgendwie haben es noch zwei güldene Ringe
in den Schnabel der gefiederten Freunde geschafft. Das ist wirklich ein Höhepunkt der Geschmacklosigkeiten. Lena neben mir
wird immer blasser.
|122| Wir wollten unseren sportfreien Abend nutzen, um das Thema Einladungskarten endlich anzugehen. Denn seit zwei Wochen arbeiten
wir auf einer erhöhten Schwierigkeitsstufe: Karls Arbeitgeber hat ihn für ein halbes Jahr versetzt, er ist unter der Woche
nun in Frankfurt und nur hin und wieder an den Wochenenden in Hamburg. Das erschwert die Vorbereitungen etwas. Abstimmungen
zwischen Lena und Karl müssen nun entweder am Telefon oder per Mail getroffen oder auf das nächste Wochenende verschoben werden.
Dennoch müssen die Gäste eingeladen werden, und dazu braucht man entsprechende Karten. Karl drängelt, er will das Thema
gern abhaken. Lena will ihn aber mangels Geschmack nicht allein losziehen lassen, also mache ich das mit ihr. Den Gang ins
Fachgeschäft wollte sie von
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