Die Wedding-Planerin
deren Hochzeit. Sie hat das Modell in Reinweiß
getragen und ihr dann gestattet, es in anderen Farben als Abendkleid herzustellen. In einem Nebenraum hängt es noch in Rot.
Ella lächelt: «Willst du es anprobieren? Das schwarze müsste deine Größe haben.»
Selbstverständlich will ich es anprobieren. Ella muss mir in die Robe helfen, sie sitzt wirklich hauteng. Aus der Kabine
trete ich direkt vor einen großen Spiegel und muss fast weinen. Sehr selten gefalle ich mir selbst richtig gut, aber das
hier ist perfekt. Vor dem Spiegel drehe und wende ich mich, stelle mir vor, welche Schuhe ich dazu tragen könnte, was Lena
und Andreas dazu sagen würden.
Probeweise laufe ich ein paar Schritte durch den Laden und beginne, mich von diesem Traum zu verabschieden: Weil der Rock
erst unter dem Knie weiter wird, ist die Bewegungsfreiheit mehr als eingeschränkt, ich kann kaum die Hälfte meiner normalen
Schrittlänge machen und trippel vor und zurück. Das fällt für die Hochzeit aus. An diesem Abend werde ich es dauernd eilig
haben und brauche die volle Länge meiner Beine, um zügig voranzukommen, zumal auf hohen Schuhen. Traurig ziehe ich die Schönheit
wieder aus und gebe sie Ella zurück. Dabei erhasche ich einen Blick auf das Preisschild und bin froh, mich bereits dagegen
entschieden zu haben: Ich habe soeben 800 Euro gespart. Und werde heute ganz sicher keine weiteren Kleider ansehen – die Erinnerung an diese Schönheit muss erst verblassen,
bevor ich mich auf andere Modelle einlassen kann.
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|128| Samstag, 1. Februar
Stimmung: einmal auf den Nullpunkt und wieder bergauf
Sound: Geräusche der Stadt
Thema des Tages: Des Karls neue Kleider
Heute ist es so weit: Karl wird hoffentlich seinen Anzug finden und wir einen weiteren Punkt von unserer Liste streichen können.
Wider Erwarten ist er gut gelaunt und zieht voller Elan mit uns los. Ich bin mal gespannt, wie lange dieser Zustand anhält.
Ich habe von meinem Ausflug zum Brautladen neulich eine Stoffprobe mitgebracht, damit wir die Farbe von Hemd, Krawatte etc.
etwas auf Lenas Kleid abstimmen können.
Unseren Streifzug beginnen wir in der Innenstadt. Es ist zehn Uhr morgens, und die Geschäfte öffnen gerade. Ein guter Zeitpunkt,
die Verkäufer und wir sind noch frisch, die Läden noch nicht zu voll. Wir streifen durch die Herrenabteilung eines großen
Kaufhauses und sehen uns die vielen verschiedenen Angebote an. Blau, Braun, Anthrazit, Schwarz, Creme sind die Farben,
die zur Auswahl stehen, zudem kann man sich entscheiden, ob man eine Kombination kaufen oder sich die einzelnen Teile des
Anzugs in einer Art Baukastensystem zusammenstellen will. In langen Reihen hängen sie geordnet nach Herstellern an ihren Stangen
und warten darauf, gekauft zu werden.
Lena streift durch die Reihen und sichtet: Geht auf keinen Fall, geht eventuell, geht gut – sie nimmt mit, was ihr gefällt.
Karl tut das Gleiche, und am Ende der Kleiderstangen treffen die beiden sich und besichtigen ihre Ausbeute: Karl findet gut,
was Lena gar nicht leiden kann, und umgekehrt. Das kann ja heiter werden. |129| Derweil versuche ich aus den beiden herauszubekommen, was sie eigentlich wollen: Mit Weste oder ohne? Eng oder leger? Moderner
oder klassischer Schnitt? Farbe? Karl runzelt die Stirn und sieht mich an: «Keine Ahnung, irgendwas, das gut aussieht und
nicht kneift», antwortet er auf meine Fragen. Prima. Gut ist relativ.
Die Einigung auf die Farbe erfolgt sehr schnell: Schwarz. Dafür darf der Schnitt etwas moderner sein, damit er das gute Stück
später weiter verwenden kann. Sehr pragmatisch die beiden. Mit diesen Kriterien im Hinterkopf, stöbern wir weiter nach passenden
Modellen und wehren nebenbei den Verkäufer ab: «Danke, wir gucken erst mal.» Ich traue Anzugsverkäufern, die zu kurze Hosen
und blaue Schuhe zu schwarzen Hosen tragen, nicht über den Weg, da kann ich mich besser selbst beraten.
Karl nimmt drei Modelle mit in die Umkleidekabine, nachdem wir etwa sieben Minuten lang darüber beraten haben, welche Größe
er wohl tragen könnte. Lena musste kurz Luft holen, als er meinte, dass könne er sich sowieso nicht merken und sie solle
mal in das Halsschild seines T-Shirts gucken, da stünde es ja drin. Um größere Debatten abzuwenden, habe ich ihm kurz erklärt, wie das mit den Herrengrößen
funktioniert: T-Shirts werden nach anderen Metriken gefertigt als Anzüge. Davon waren wir zwar
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