Die wehrhafte Braut: Roman (German Edition)
Fett und einen Schleifstein, um die Wehr wieder aufzupolieren.
»Setz dich damit auf den Hof, damit du die anderen nicht im Schlaf störst, und reibe die Sachen blitzblank«, befahl Roger, ohne auf Ewans enttäuschte Miene zu achten. »Morgen will ich keinen einzigen Rostflecken mehr an diesem Helm sehen.«
»Das ist die Arbeit eines Knappen«, murrte Ewan. »Ich habe heute meinen Treueschwur geleistet und bin...«
»Gar nichts bist du«, schnitt Roger ihm das Wort ab. »Du hast deinem Laird die Treue gelobt, und er gewährt dir die Gunst, zu einem Ritter ausgebildet zu werden. Momentan jedoch stehst du im Rang der Männer hier auf der Burg nicht viel höher als ein Knappe.«
Ewan war schwer enttäuscht, denn er hatte geglaubt, schon jetzt ein Ritter zu sein und somit den anderen gleichgestellt. Doch die folgenden Worte seines Lehrers waren noch weit niederschmetternder.
»Vergiss nicht, dass du nicht wie die anderen aus wohlhabender oder gar adeliger Familie kommst. Der Sohn eines armen Pächters kann nur dann zum Ritter geschlagen werden, wenn er sich ganz besondere Verdienste im Kampf erwirbt. Dies ist der Weg, auf den ich dich vorbereite, Ewan Turner.«
Ewan drehte die klapprigen Armschienen in den Händen und verspürte große Lust, dass alte Zeug gegen die Mauer zu schleudern. Er, Ewan Turner, war ein besserer Mann als die meisten anderen auf dieser Burg, das hatte Roger ihm selbst versichert. Und doch würde man ihn nicht zum Ritter schlagen, weil seine Eltern arme Schlucker waren. Besondere Verdienste im Kampf! Wie sollte er mit dieser jämmerlichen Wehr wohl große Heldentaten vollbringen?
Aber Roger de Brionne war noch längst nicht fertig.
»Ich erwarte von dir, dass du dich an die Regeln hältst«, sagte er streng. »Du hast den Rittern Respekt zu erweisen und ihre Launen mit Gelassenheit zu ertragen, denn sie stehen über dir. Lerne, dein rasches Blut und deinen Stolz zu bezähmen – auch das gehört zur Ausbildung eines Ritters. Du wirst am Ende der Festtafel sitzen, dort wo die Knappen und die einfachen Leute ihren Platz haben und nicht etwa auf die Idee kommen, dich unter die Höhergestellten zu mischen. Weiterhin wirst du lernen, den Frauen mit Höflichkeit und Ehrfurcht zu begegnen, wie es sich für einen Knappen geziemt.«
Roger hielt inne und sah, dass das Gesicht seines Schülers immer länger wurde.
»Das reicht fürs Erste«, knurrte er. »Kümmere dich jetzt um deine Rüstung – du wirst sie morgen früh brauchen.«
Ewan hätte seinem Lehrer jetzt gern eine ganze Menge unfreundlicher Dinge gesagt, denn er kochte vor Zorn. Wer waren denn die edlen Ritter, denen er zu gehorchen hatte? Raufbolde waren die meisten, Großmäuler mit groben Manieren. Der einzige Mann, der Respekt und Achtung verdiente, war Roger de Brionne selbst, aber der schien sich vorgenommen zu haben, seinen Schüler so tief wie möglich zu demütigen.
Schweigend stieg Ewan die steinerne Treppe hinauf, sein schepperndes Bündel unter dem Arm, und während Roger sich in der Halle zum Schlafen niederlegte, fasste Ewan eine Lampe und suchte sich einen trockenen Platz unter einem der Strohdächer im Hof, um die mühselige Arbeit in Angriff zu nehmen.
Es regnete immer noch. Das Wasser rann in dichten Fäden vom Dach hinab und sammelte sich im Hof zu breiten Rinnsalen, die gurgelnd in kleinen Mauerdurchlässen verschwanden. Ewan fröstelte im feuchten Kittel, besah dann den Helm beim schwachen Licht der Öllampe und entdeckte so viele Rostflecken, dass er die Hoffnung aufgab, vor Morgengrauen mit dieser elenden Putzerei fertig zu sein.
Ich Idiot musste ja einen Treueeid schwören, dachte er zornig, während er den Wetzstein ansetzte und über eine Rostbeule schliff. Hätte ich geahnt, dass ich mich damit zum Knappen verdinge, hätte ich mein großes Maul gehalten.
Ein Schatten glitt durch den Schein der Lampe, und Ewan hielt mit dem Wischen inne, um herauszufinden, wer da so spät noch über den Hof schlich. Der Gestalt nach schien es ein Knappe zu sein, den die volle Blase hinaus auf den Hof getrieben hatte.
»Na Kleiner? Hast dir nasse Füße geholt, was?«
Doch als die Gestalt sich näherte, erkannte er zu seinem Schrecken das alberne Hütchen. Auch das noch, es war Rodena. Zähneknirschend gedachte er Rogers Vorhaltungen und versuchte, seine respektlose Anrede wieder gut zu machen.
»Verzeiht, Lady«, murmelte er. »Ihr wirkt sehr schmal in der Dämmerung, und ich hielt euch für einen Knappen...«
Er konnte
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