Die wehrhafte Braut: Roman (German Edition)
anstrengen mussten, zumal der Weg immer schmäler und steiniger wurde.
»Wir Frauen können aussteigen und reiten«, schlug sie vor. »Das wird es den Zugtieren leichter machen.«
Dieses Mal konnte er nicht vorgeben, sie überhört zu haben, denn der Fuhrmann nickte zustimmend auf Rodenas Vorschlag.
»Nein, Lady«, entschied Ewan kalt und blickte sie fast zornig an. »Ihr werdet im Wagen bleiben, damit Ihr vor Regen und Wind geschützt seid.«
Wenn es ihm darum ging, ja keinen Verdacht aufkommen zu lassen, dann übertrieb er jetzt maßlos. Musste er sie wirklich vor ihren Mägden derart bloßstellen?
»Ich kann nur hoffen, dass Ihrwisst, was Ihr tut, Sir Ewan Turner«, sagte sie unfreundlich und verschloss die Zelthaut wieder.
Wütend und verletzt wickelte sie sich in das feuchte Plaid und ärgerte sich zusätzlich über das Geflüster der Mägde.
»Sie will, dass wir reiten und uns mit Dreck bespritzen lassen – ja ist sie denn noch gescheit?«
Kurz darauf gab es einen heftigen Schlag, die Mägde kreischten angstvoll, die Kisten und Säcke fielen über ihnen zusammen, und Rodena musste sich fest an einen der Holzstäbe klammern, um nicht aus dem Wagen zu fallen.
»Heilige Mutter – was ist geschehen?«, stöhnte eine der Mägde.
Der Wagen steckte mit einem Rad in einer Felsspalte, und die erschöpften Pferde hatten nicht mehr die Kraft, das Gefährt herauszuziehen. Rodena fragte nicht mehr um Erlaubnis, sie sprang aus dem Wagen und stellte fest, dass der schmale Pfad gefährlich nah am Abgrund entlangführte. Obgleich es nicht steil war, so lauerten auf dem abschüssigen Gelände doch jede Menge Felsbrocken, an denen ein herabstürzendes Gefährt leicht zerschellen konnte.
Ewan musste sich geschlagen geben, auch die Mägde hatten den Wagen zu verlassen, man lud einen Teil des Gepäcks aus, und dann endlich gelang es den Zugtieren, das Gefährt zu befreien.
Rodena hatte die Gelegenheit wahrgenommen, auf eines der Packpferde zu steigen, und sie stellte zufrieden fest, dass Ewan ihre Eigenmächtigkeit zwar bemerkt hatte, sich jedoch scheute, sie zurechtzuweisen. So ritt sie nun neben den Männern her, das Plaid über den Kopf gelegt, um sich vor dem Regen zu schützen, und obgleich sie nun dem kalten Wind ausgesetzt war, fühlte sie sich doch wesentlich freier und besser als zwischen dem Gepäck, eingezwängt unter der Zelthaut.
Immerhin konnte sie feststellen, dass Ewan seine Truppe hervorragend im Griff hatte, denn nicht nur die Knechte, sondern auch die Ritter fügten sich widerspruchslos seinen Anordnungen. Es gefiel ihr einerseits, denn sie war stolz auf ihn – andererseits war sie ärgerlich, dass er sich erdreistete, auch ihr zu befehligen.
»Ihr habt Euch für einen gefahrvollen Weg entschieden«, redete sie ihn an. »Weshalb reiten wir nicht den gewöhnlichen Weg durch die Täler?«
Er blickte starr geradeaus und vermied es, sie anzusehen. Doch sie sah, dass seine Hand, die den Zügel hielt, sich verkrampfte, sodass die Knöchel weiß hervortraten. Kostete es ihn solche Überwindung, mit ihr zu sprechen?
»Ich habe Nachricht erhalten, dass es Aufruhr unter den Pächtern gibt«, sagte er. »Deshalb will ich das Gebiet meines Lairds so rasch wie möglich durchqueren.«
»Wie sollten arme Pächter in der Lage sein, eine Reisegruppe anzugreifen, die von zwanzig Rittern beschützt wird?«
Er schwieg einen Moment, sah besorgt auf einen Wagen, der nahe am Abgrund dahinschwankte, erst dann antwortete er. Die Erwiderung fiel kurz und kühl aus.
»Warum sollten wir jemanden zu aussichtslosem Kampf verleiten?«
Na großartig! Natürlich kannte sie sein Mitgefühl für die aufmüpfigen Pächter – um die armen Burschen nicht unnötig verprügeln zu müssen, durfte sich die Reisegesellschaft jetzt am Rande des Abhangs über den Berg quälen. Und das bei diesem Wetter.
»Welch weise Voraussicht«, spottete sie. »Ihr seid wahrhaft um mein Wohl besorgt, Ewan Turner!«
Jetzt endlich sah er sie an, und seine Augen erschienen ihr fremd und dunkel.
»Ich habe gelobt, Euch heil und sicher zur Burg Eures Bräutigams zu geleiten, Rodena. Und diesen Eid werde ich halten.«
Sie war wie vor den Kopf geschlagen und konnte kein weiteres Wort hervorbringen. Ewan nahm die Gelegenheit wahr, seinem Pferd die Sporen zu geben und sich an die Spitze des Zuges zu setzen.
Was für ein Feigling, dachte sie unglücklich. Er will mich ausliefern, nur um seinen verdammten, lächerlichen Eid zu erfüllen. Einen Eid, den
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