Die wehrhafte Braut: Roman (German Edition)
sich die feixenden Burschen ihrer Haut wehren. Der Gegner, der jetzt mit wuchtigen Schwerthieben auf sie eindrang, war so gewaltig, dass einer nach dem anderen zurückwich und hoffte, sein Nebenmann möge diesem Berserker standhalten.
»Haltet das Mädchen. fest – beim Heiligen Patrick – der Bursche fechtet wie der alte Duncan MacBlair!«
Rodena nutzte ihre Chance, sich aus dem Griff ihrer Peiniger zu befreien, sie raffte das Kleid um sich und flüchtete hinter einen Kiefernstamm. Von dort aus starrte sie mit weit aufgerissenen Augen auf die Kämpfenden, die Ewan inzwischen von allen Seiten umringten.
»Lauf weg!«, hörte sie ihn rufen. »Verdammt noch mal – was stehst du hier?«
Sie begriff, dass er recht hatte, und doch musste sie sich zwingen, seiner Anweisung zu folgen, denn sie verging vor Angst um ihn und wollte in seiner Nähe bleiben. Auf bloßen Füßen flüchtete sie in den Wald hinein, hörte hinter sich schwere Schritte und wagte nicht, sich umzusehen. Sie spürte Kiefernzapfen und harte Steine unter ihren Füßen, wehrte mit den Händen Gebüsch und Äste ab, und erst als ihre Kräfte vollkommen erschöpft waren, ließ sie sich auf den feuchten Waldboden fallen. Es wurde dunkel vor ihren Augen, und in ihren Ohren hallte es wie dumpfer Glockenklang. Die Sinne schwanden ihr.
Sie schwebte zwischen Himmel und Erde, spürte den Wind, der an ihrem Kleid zerrte, und heißes Sonnenlicht auf ihrem Gesicht. Kleine Wölkchen zogen vorüber und warfen Schatten über sie wie kühle Hände, die Erde flog unter ihr dahin, Vögel kreuzten ihren Weg, sahen sie mit starren Augen an und streiften sie kitzelnd mit ihren Schwingen. Helle Töne mischten sich zu sirrendem Klang, als berühre jemand ein Gespinst aus Sonnenfäden, darunter lag ein dumpfes Geräusch, wie Schläge auf einer schlecht gespannten Trommel.
Sie blinzelte in ein mattes Licht, über ihr war der Himmel, jemand trug sie auf den Armen und ging dabei mit weit ausholenden Schritten voran.
»Rodena?«, fragte eine tiefe, besorgte Stimme.
Sie erblickte Ewans Gesicht, es war gerötet, der Schweiß perlte von seiner Stirn.
»Was... was ist geschehen?«
»Nicht bewegen!«, mahnte er. »Bleib ganz ruhig.«
Er stieg einen schmalen Bergpfad empor, dicht neben ihnen fiel der Fels so steil hinab, dass ihr schwindelte.
»Lass mich hinunter, ich kann selber laufen!«
»Nicht jetzt...«
Ertrug sie auf seinen Armen, bis der Pfad sich verbreiterte, dort ließ er sie vorsichtig auf die Füße gleiten. Es tat weh, als sie auf die schrundigen Steine trat, denn ihre Füße waren wund, doch sie verbiss sich den Schmerz und atmete tief, um den Schwindel loszuwerden.
»Geht es wieder?«, fragte er und hielt sie vorsichtshalber um die Taille, damit sie nicht stürzte.
»Wunderbar«, log sie. »Ich werde laufen wie ein Reh, wenn du mir sagst, wohin wir unterwegs sind.«
Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und musterte sie, denn er war sich nicht sicher, ob sie wirklich allein gehen konnte. In der Ferne rollte leiser Donner.
»Die verfluchten MacMorrans haben die Wagen gestohlen und alle meine Männer verschleppt oder getötet«, sagte er mit verhaltener Wut. »Es bleibt uns nur die Hoffnung, den Weg über das Gebirge zu Fuß zu schaffen.«
»Du willst tatsächlich zu Malcolms Burg?«, fragte sie beklommen. »Auch ohne Wagen und Ritter?«
»Ich habe meine Aufgabe als Brautführer schlecht erfüllt, Rodena. Aber wenn auch Wagen und Geschenke verloren sind, so werde ich doch die Braut an ihr Ziel bringen, so wie ich es gelobt habe.«
Ein weiterer Donnerschlag entlud sich über den Bergen – dieses Mal sehr viel lauter und bedrohlicher. Ein Blitz zuckte über den immer dunkler werdenden Himmel, und Ewan sah bedenklich nach oben.
»Wie kann man denn nur so stur sein?«, jammerte Rodena. »Niemand würde unser Verschwinden bemerken. Wir könnten von den MacMorrans entführt oder erschlagen worden sein. Wir könnten uns auch im Gebirge verirrt haben und verhungert sein. Von wilden Tieren zerrissen...«
Sie stockte, denn ein Blitz fuhr zischend in ein verkrüppeltes Bäumchen, das auf dem Felsen über ihnen wuchs.
»Wir könnten auch vom Blitz erschlagen werden«, meinte Ewan und zog sie dicht an die Felswand heran. »Suchen wir uns einen sicheren Ort, es wird bald Regen geben.«
Sie folgten dem Bergpfad, ohne einen überhängenden Fels zu entdecken, der sie vor dem Wetter hätte schützen können. Dann ließ Ewan sie zurück, um allein zu suchen.
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