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Die weise Frau

Die weise Frau

Titel: Die weise Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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einzugießen. Er lächelte hinunter zu ihr.
    »Geht es dir gut, Alys?« fragte er so leise, daß nur sie ihn hören konnte. »Wenn ich meinem Vater von meinen Taten schrieb, hab ich an dich gedacht und wie du meine Briefe liest. Ich habe auch an dich geschrieben, nicht nur an ihn, weißt du.«
    Alys' Hand zitterte etwas, so daß die Karaffe gegen den Rand des Bechers klapperte.
    »Wenn ich mit einer Hure geschlafen habe, hab ich an dich gedacht, Alys«, sagte er mit sehr leiser Stimme. »Ich habe mich gefragt, ob du mit mir spielst. Ob du schon die ganze Zeit mit mir spielst, mit meinem Vater und mit meiner Frau. Was für dunkle Spiele treibst du, Alys? Hast du wirklich Spiel und Magie aufgegeben, wie du es versprochen hast?«
    Er sah sich rasch um. Keiner beobachtete sie. »Als ich weg bin, war ich halb verrückt nach dir«, flüsterte er. »Wohin ich auch in Newcastle gegangen bin, es hat mir keine Freude gemacht. Ich habe mich immer wieder gefragt, was du davon halten würdest, wie es dir gefallen würde. Und dann war ich wütend auf dich, Alys. Ich glaube, du hast mich doch verhext. Ich glaube, du hast mit mir gespielt, um mir meinen Seelenfrieden zu rauben.«
    »Ich beherrsche keine Magie, Mylord«, sagte Alys steif. »Ich habe ein bißchen Erfahrung mit Krankheit, Kräutern und Geburten.« Sie warf ihm heimlich einen Blick zu, dann erhob sie sich mit der Weinkaraffe. »Und mein Seelenfrieden ist auch dahin.«
    Hugo lachte mit blitzenden weißen Zähnen hoch zu ihr. »Ich bin bereit, verhext zu werden«, sagte er. »Ich bin bereit, mich in Versuchung führen zu lassen! Aber du mußt bedenken, in welcher Situation ich mich befinde, Alys! Bis Oktober wird mein Leben leer sein — dann wird alles anders. Bis dahin könnten wir beide ein bißchen Spaß haben. Aber im geheimen.«
    »Was sagst du da?« unterbrach ihn Catherine. »Was hast du zu Mylord gesagt, Alys? Findet Ihr nicht, daß sie sehr dünn geworden ist, Hugo? Dünn und blaß. Ich fürchte, wir ernähren sie nicht gut genug. Sie war so hübsch, als sie auf die Burg kam, und jetzt ist sie knochig wie eine alte Jungfer an ihrer Spindel!«
    Die Damen lachten gehorsam im Chor. Alys begegnete Hugos kurzem Blick mit blanker Wut.
    »Bist du krank?« fragte er in normalem Ton, so daß alle es hören konnten.
    »Nein«, erwiderte Alys genauso desinteressiert wie er. »Ich habe es nur satt, ständig im Haus sein zu müssen. Mehr nicht.«
    »Verlaßt uns jetzt«, unterbrach Catherine. »Eine von euch muß nachschauen, ob mein Bett noch warm ist.« Sie sah Hugo kurz an. »Obwohl es sicher gleich warm genug sein wird, denke ich«, flüsterte sie laut.
    Hugo lachte und nahm die Hand, die sie ihm entgegenstreckte. »Auf ins Bett, Mylady«, sagte er mit zärtlicher Stimme. »Ihr müßt Euch ausruhen für die Gesundheit meines Sohnes. Ihr ahnt ja nicht, welches Vermögen ich auf ihn gesetzt habe.«
    Alys ging in Catherines Schlafzimmer und prüfte, ob frische Kräuter auf dem Boden und unter den Kissen waren. Dann machte sie einen kleinen Knicks vor den beiden am Feuer, und sie und alle anderen Damen gingen in ihre Zimmer.
    »Nicht gerade heiß auf dich in letzter Zeit«, bemerkte Morach, als sie und Alys sich die Kleider auszogen und schnell im Hemd in das kalte Bett sprangen.
    Nein«, erwiderte Alys einsilbig.
    »Warum wohl?« bohrte Morach.
    »Ich weiß es nicht«, sagte Alys.
    »Ich frage mich, warum.« So leicht war Morach nicht abzulenken.
    »Der alte Lord hat ihn fest in den Klauen«, sagte Alys. »Er wird Hugo ein Vermögen zukommen lassen, wenn Catherine einen gesunden Sohn zur Welt bringt. Er hat ihm tausend Pfund zur freien Verfügung versprochen.«
    Morach pfiff leise durch die Zähne. »Hugo ist also gekauft!« sagte sie. »Dann gibt es keine Zukunft für dich, Alys. Ich habe das Gefühl, dein Zauber mit den Puppen hat besser funktioniert, als du dachtest!«
    »Ich hab schon tausendmal versucht, den Bann zu lösen«, sagte Alys.
    »Warum?« fragte Morach. »Weil du ihn liebst und ihn jetzt begehrst? Weil du dich so sehr nach ihm sehnst, daß du alles riskieren wirst, um mit ihm zu schlafen? Wenn du ihn so abweisend ansiehst und, ohne dich umzuschauen, an ihm vorbeigehst, betest du dann, daß er sie verstößt und zu dir kommt, so heiß auf dich wie du auf ihn?«
    »Ja«, sagte sie mit zusammengebissenen Zähnen. Sie rüttelte den Holzkorb und warf einen Scheit ins Feuer. »Ich verzehre mich nach ihm, ich kann nicht schlafen, ich kann nicht essen, und jetzt

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