Die weise Frau
kurz den Gürtel, an dem sonst sein Schwert hing. »Einen Mann würde ich dafür töten, eine Frau verprügeln. Euer Getratsche untereinander kann ich nicht verbieten« — ein anklagender, düsterer Blick in die Runde —, » das könnte keine Macht der Welt. Aber ein Wort des Mißtrauens oder des Zweifelns vor Lady Catherine, und ihr werdet euch wünschen, stumm zur Welt gekommen zu sein.«
Nur Eliza fand den Mut, etwas zu sagen. »Was ist mit Alys?« fragte sie.
»Alys bleibt bei uns«, sagte Hugo. »Sie ist eine gute Freundin unserer Familie. Sie wird sich jetzt um Lady Catherine kümmern und, wenn er geboren ist, um meinen Sohn. Alles wird so sein, wie es war, bevor Morach auf die Burg kam. Morach könnt ihr vergessen.«
Wartete kurz, doch keiner wagte, etwas zu sagen, dann lächelte er grimmig, befehlsgewohnt und verließ die Galerie, um seinen Vater zu besuchen.
Alys war ihm zuvorgekommen. Sie saß in der dämmrigen Kammer auf einem Hocker zu Füßen des alten Lord und berichtete die Neuigkeit, bevor Hugo hereinkam.
»Morach ist fort« sagte sie ohne viel Vorreden.
Der alte Lord musterte sie mit scharfem Blick.
Alys nickte. »Sie und ich, wir waren zusammen auf dem Hochmoor. Sie hat böse Zauber mit ein paar Wachspuppen angestiftet, und ich bin mitgegangen, um sie aufzuhalten. Hugo war mit den Hunden auf der Jagd, und sie haben sie gesehen, sie in eine Höhle gejagt und dort ertrinken lassen.«
Der alte Lord sagte nichts, wartete ab.
»Sie war eine Hexe«, sagte Alys barsch. »Es ist gut, daß sie tot ist.«
»Und du nicht«, sagte der alte Lord langsam.
Alys drehte ihm ihr blasses Gesicht zu. »Nein, Mylord«, sagte sie mit sanfter Stimme. »Ich habe mein Gottesurteil überlebt, als Catherine mich haßte und mich so gnadenlos geprüft hat. Ich liebe Euren Sohn, und ich liebe und verehre Euch. Erlaubt mir, in Eurem Haushalt zu bleiben, unter Eurem Schutz. Ich habe mich von Morach und meiner Vergangenheit befreit.«
Der alte Lord seufzte und legte seine Hand auf ihren Arm. »Was ist mit deiner Macht?« fragte er. »Du hast sie verloren, als Morach kam und als Hugo dich nicht lieben wollte.«
Alys grinste ihn an. »Ich habe sie wieder«, sagte sie. »Morach hatte sie mir gestohlen, und sie hatte mir auch meine Gesundheit gestohlen. Sie wußte, daß ich mich zwischen sie und Euch stellen würde. Sie wußte, daß ich Euch und die Euren vor ihren Zauberkräften schützen würde. Sie hat mich krank und schwach gemacht, und sie hatte damit begonnen, ihren Unmut an Euch allen auszulassen. Jetzt, da sie tot ist, habe ich meine Macht wiedergewonnen. Sagt mir, daß ich weiterhin als Euer Vasall unter Eurem Schutz leben darf.«
Der alte Lord lächelte hinab in Alys' strahlendes Gesicht. »Ja«, sagte er leise. »Natürlich. Ich wollte dich an meiner Seite haben, seit ich dich das erste Mal gesehen habe. Stifte keinen Unfrieden zwischen Hugo und Catherine. Ich möchte einen rechtmäßigen Erben und danach noch einen. Du und Hugo, ihr könnt füreinander sein, was ihr wollt — aber rege meine Schwiegertochter nicht auf, solange sie einen Enkel unter dem Herzen trägt.« Alys nickte gehorsam, nahm seine streichelnde Hand und küßte sie.
»Ich habe Neuigkeiten für Euch«, sagte sie. »Gute Neuigkeiten.«
Der alte Lord wartete mit hochgezogenen Augenbrauen.
»Ich bin schwanger«, sagte Alys. »Es ist Hugos Kind. Ich bin nicht wie Catherine, schwer zu befriedigen, schwer zu schwängern. Ich erwarte ein Kind von Hugo. Es wird um Weihnachten geboren werden.«
Der alte Lord strahlte. »Das ist gut!« sagte er. »Das ist in der Tat eine gute Nachricht. Und du glaubst, daß es ein Sohn wird, Alys?«
Alys nickte. »Ein Sohn«, sagte sie. »Ein starker, schöner Junge. Ein Enkel für Euch, Mylord. Und ich bin stolz darauf, seine Mutter zu sein.«
Der alte Lord nickte. »Gut, wirklich gut«, sagte er rasch. »Und das heißt, Hugo wird womöglich hierbleiben, bis dein Kind geboren ist. Dank dir und Catherine werde ich ihn hier halten können.«
»Ja«, sagte Alys eifrig. »Catherine könnte ihn nicht zu Hause halten, aber für mich wird er bleiben. Ich werde Hugo für uns beide zu Hause halten, Mylord. Ich möchte genausowenig wie Ihr, daß er nach London geht oder diese Seereise macht.«
Der alte Lord lachte. »Dann verzaubere ihn«, sagte er. »Und halte ihn an deiner Seite.« Er hielt kurz inne und sah sie voller Mitleid an. »Übernimm dich nicht, Alys«, sagte er mit sanfter Stimme. »Du wirst niemals seine
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