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Die weise Frau

Die weise Frau

Titel: Die weise Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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sicher.«
    Alys warf den Kopf zurück und lachte. Es war ein klirrender Ton wie zerbrechendes Glas. Sie schüttelte ihre Haare und lächelte Hugo an.
    »Wer ist er?« fragte sie. »Ist er einfältig? Verwechselt er mich mit jemandem?«
    Tom wurde aschfahl, als hätte sie ihm ins Gesicht geschlagen. »Alys«, krächzte er heiser. Hugo klopfte ihm mit grimmiger Miene auf die Schulter. »Du störst den Tanz«, sagte er. »Geh schon.«
    Tom schien die Berührung nicht zu spüren, seinen Lord nicht zu hören. Er ignorierte Hugos Warnung. Sein Blick war starr auf Alys' strahlendes, unbekümmertes Gesicht gerichtet.
    »Ich will dich retten, Alys!« sagte er verzweifelt. »Sie haben dich Hexe genannt — du bist in Gefahr. Ich bring dich weg — weg von hier, koste es, was es wolle!«
    Liza stand hinter ihm und sagte in scharfem Befehlston: »Tom!«
    »Wer ist das?« fragte Hugo. »Ein Freund von dir?«
    Alys' Augen waren klar und unschuldig. »Ich weiß es nicht«, sagte sie desinteressiert. »Ich kenne ihn nicht.«
    »Ich bringe dich weg«, sagte Tom noch einmal. »Ich laß dich nicht im Stich. Ich gebe meine Farm und meine Frau auf, sogar meine unmündigen Kinder. Ich werde dich retten, Alys. Du brauchst nicht im Schloß zu bleiben, bei diesen leichtlebigen Leuten. Ich bring dich weg. Ich habe ein bißchen Geld gespart. Wir werden irgendwo eine kleine Farm finden, und ich werde dich beschützen. Ich werde dich wie meine Frau behandeln, Alys! Ich werde dir treu sein und dich mit meinem Leben beschützen!« Er verstummte. »Du warst ein braves Mädchen, damals hab ich dich geliebt. Du bist immer noch ein braves Mädchen. Du wirst wieder mein kleiner Schatz werden.«
    Sie starrte Tom erstaunt an, doch ihr Blick verriet keine Bewegung. Sie sah durch ihn hindurch, als wäre er ein Mann aus Stroh, ein Mann aus Wasser, als wäre er gar nicht da. Das Lächeln auf ihren Lippen zitterte nicht einmal.
    »Du schwafelst, guter Mann«, sagte sie kühl. »Ich kenne dich nicht!«
    »Alys!« rief Tom, und dann verstummte er. Er konnte es nicht fassen, daß seine Spielgefährtin, seine Jugendliebe durch ihn hindurchschauen konnte, als hätte er ihr nie etwas bedeutet. Er starrte sie einen Moment lang an, ihr Gesicht zeigte jedoch keinerlei Regung, blieb heiter und unbeteiligt. Dann drehte er sich auf dem Absatz um und lief davon, weg von ihr, von ihrem leeren Lächeln. Er sprang über das Tor am Feldrand und verschwand.
    Alys lachte wieder fröhlich und winkte den Musikern zu, die aus dem Takt gekommen waren und langsam verstummten.
    »Worauf warten wir? Laßt uns tanzen!« rief sie fröhlich.

23
    Catherine schlief, als sie nach Hause kamen. Alys und Hugo gingen leise an ihrer geschlossenen Tür vorbei in Alys' Schlafkammer und gaben Eliza Anweisung, sie zu rufen, sobald Catherine aufwachte. Hugo schritt zur Schießscharte und schaute hinaus. Alys nahm die Bänder aus ihrem Haar und zog ihr Kleid ein Stück über ihre Schultern herunter.
    »Mylord?« sagte sie leise.
    Hugo schaute sich kurz um. »Jetzt nicht«, sagte er abweisend. »Wer war der junge Mann?«
    Alys ignorierte seine Ablehnung. »Ich kenne ihn nicht.«
    »Das Mädchen, mit dem ich getanzt habe, die kleine Blonde, hat gesagt, er wäre ein alter Liebhaber von dir. Seine Frau hetzt gegen dich. Sie sagt, du hättest ihm den Frieden gestohlen, und behauptet, du hättest ihn verhext. Er kann weder schlafen noch essen, noch sie lieben.«
    Alys lachte. »Ich bestimmt nicht«, sagte sie. »Aber nach dem, was du sagst, muß es wohl Tom von Reedale gewesen sein. Wir waren als Kinder zusammen, aber ich habe ihn seit zehn Jahren nicht mehr gesehen. Er hat ein zänkisches Weib geheiratet. Sie würde jedem die Schuld an ihrer unglücklichen Ehe geben. Das kann man mir nicht vorwerfen.«
    »Es sah schlimm aus«, sagte Hugo.
    Alys zuckte die Achseln und warf ihr Haar zurück. Hugo wandte sich von ihr ab und schaute wieder aus der Schießscharte. Alys zögerte kurz, dann ging sie auf ihn zu, legte die Arme um seine Taille und drückte sich an seinen Rücken. »Heute Nacht«, sagte sie leise, »heute Nacht, Hugo, werde ich meine Schwestern zu uns rufen. Meine Schwestern und ich werden heute Nacht miteinander spielen. Ich werde sie rufen, und sie werden ihre glatten Körper über mich spreizen und sich auf mich legen und mir endlose, endlose Wonnen bereiten.« Sie spürte seine Erregung an der Spannung seiner Schultern, aber er drehte sich nicht um.
    »Und was bleibt für dich, Hugo?«

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