Die weise Frau
zerrte und der Regen über seinen nackten Körper strömte.
Alys drückte sich an ihn, preßte seine Schenkel zwischen ihre Beinen, während sie den Regen auf sich herunterprasseln ließen. Der Blitz blendete sie einen Augenblick lang und stürzte sie dann in Finsternis.
»Fühle meine Schwestern«, drängte ihn Alys. »Wir reiten den Sturm mit ihnen. Schau, wie die Winde uns herumschleudern. Wir sind draußen, gepeitscht vom Sturm, geschlagen vom Blitz. Der Sturm ist unser Geliebter. Sei der Sturm, Hugo! Werde eins mit dem Sturm und nimm uns alle!«
Die Erdwurz verwirrte Hugos Verstand. Sein Körper war eisig vom Regenwasser und brannte von seiner eigenen Hitze und dem Erdwurzfieber. Er packte Alys brutal, drängte sie gegen die Turmwand und stieß mit Gewalt in sie. Alys, der vollen Wut des Sturms ausgesetzt, lachte gellend.
»Du bist der Sturm, Hugo, du bist der Sturm!« schrie sie. »Liebe mich bis zum Wahnsinn. Ich habe alles für dich weggeworfen. Alles ist für dich verloren!«
Hugo begrub sich in ihr, zog sich zurück, stieß wieder zu. Mit jedem Stoß wurde Alys näher an die Kante der Turmwand gedrängt. Unter ihnen war der Fluß ein Strudel tiefen, dunklen Wassers und windgepeitschter Gischt. Alys sah, wie sie sich der tödlichen Gefahr näherten, und lachte wieder. Sie klammerte ihre Beine um Hugos Taille und warf sich nach hinten gegen die Wand. Hugo, blind für alles außer seiner Fantasie von Hexen und Türmen und magischer Wollust, stieß sich immer wieder gewaltsam in sie.
Ein letzter Stoß warf Alys über die schützende Brüstung ins Nichts. Hugo hatte ihre Hüften gepackt, ihre Beine umschlangen seinen Leib, aber ihr Körper hing zur Hälfte über dem Abgrund. Und dann ließ Alys im Wahn nach Befriedigung und im Wahn auf eine Erlösung von ihren Ängsten und Schuldgefühlen Hugos Schultern los und breitete die Arme aus, streckte sie über den Kopf und griff nach dem Abgrund. Blitze zuckten und erleuchteten Alys' irrsinniges, lachendes Gesicht und Hugos vor Lüsternheit verzerrte Grimasse, als Alys sich Kopf voraus ins Nichts stürzte, nur noch ihre Beine hielten sie an Hugo fest. Sie schrie ihre Lust hinaus, und der Wind riß ihr den Schrei von den Lippen. Sie schlug die Augen auf und sah hinunter. Sie streckte ihre Arme ins Nichts und lachte laut, voller Sehnsucht nach dem endgültigen Grauen des Falls und dann Finsternis.
Dann verkrampfte sich ihr Bauch vor Lust, sie stöhnte, klammerte die Beine fester um seinen Rücken, zwang ihn näher und näher an sich, tiefer und tiefer in sie, rang ihm jedes Quentchen Lust ab. Hugo, der nicht wußte, was er tat, ohne einen Gedanken an ihre Sicherheit, nur noch von seiner Wollust beherrscht, riß sie von der Brüstung zurück und warf sich über sie auf die Steinplatten des Daches. Der Regen strömte auf die beiden naßglänzenden Körper, die sich hin und her rollten, ein Knäuel der Lust. Dann grollte erneut der Donner, und Hugo fiel zurück.
Alys lag mit offenem Mund da und trank den Regen. Ihr Haar war von Regen durchtränkt, Hugo ein totes Gewicht auf ihr. Sie schob ihn beiseite und setzte sich langsam auf. Ihr schwirrte der Kopf vom vielen Wein, der Fleischeslust und nackter Angst. Sie rappelte sich auf und schwankte zur Brüstung. Sie war jetzt nüchtern wie ein Trunkenbold, der beim Anblick der Gefahr, der er sich ausgesetzt hatte, schlagartig nüchtern wird. Sie hielt sich an einem der Türmchen fest und schaute hinunter in den schwindelerregenden Abgrund. Der Fuß des Turmes war nicht zu sehen, es war zu dunkel und zu hoch. Aber sie hörte das Rauschen des Wassers, das sich über den Felsen brach. Als wieder ein Blitz über den Himmel zuckte, sah Alys die Felsen weit, weit unter sich. Alys trat von der Brüstung zurück und wickelte sich in ihren Umhang. Sie erschauerte.
»Das war zu knapp«, sagte sie. »Zu knapp. Zu nah am Abgrund.« Sie schüttelte den Kopf wie jemand, der aus tiefer Trance erwacht. »Die leere Rune, die leere Rune«, flüsterte sie. »Oh, mein Gott! Die leere Rune. Odin.«
Einen Augenblick lang starrte sie nach unten, und dann wanderte ihr Blick hinaus aufs Moor. Der Sturm tobte in Richtung Osten, wenn der Blitz einschlug, sah sie, wie der Regen sich wie eine Wasserwand zum Hochmoor ausbreitete. Der Fluß würde schnell steigen, Morach in ihrer Höhle würde erneut ertrinken. Vielleicht würde der Fluß über die Ufer treten und gierig die kleine Kate und die alte, gichtige Frau verschlingen, sie mit sich
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