Die weise Frau
die Augen geschlossen. »Mir ist schlecht«, sagte sie.
Er rollte sie zur Seite, löste geschickt die Bänder ihres Mieders und des Gewandes darunter, rollte sie zurück auf den Rücken, hob ihre Beine und dann ihren Körper, zog ihr das Gewand über den Kopf, so daß sie nur noch im Hemd dalag. Alys fiel zurück auf den Strohsack, die Arme über dem Kopf, das wirre goldene Haar umrahmte ihr Gesicht. Lord Hugo setzte sich auf die Fersen und musterte sie, von ihren schmutzigen kleinen Füßen bis zu ihrer ausgestreckten Hand. Alys schnarchte leise.
Lord Hugo zog mit einem kleinen Seufzer seine Hosen herunter und legte sich auf sie.
Alys riß ihre dunklen Augen auf, als sie sein Gewicht auf sich spürte, und er wollte ihr schon die Hand über den Mund legen, um ihr Protestgeschrei zu ersticken, aber ihre benommenen Augen strahlten einladend, und sie lächelte.
»Hallo, mein Geliebter«, sagte sie ganz selbstverständlich, als wären sie schon zwanzig Jahre verheiratet. »Jetzt nicht. Ich bin zu müde. Liebe mich morgen früh.«
»Alys?«
Sie lachte das warme, zuversichtliche Lachen einer Frau, die weiß, daß sie sehr geliebt wird. »Jetzt nicht, hab ich gesagt«, wiederholte sie. »Ich bin erschöpft von deinen Bedürfnissen und denen deines Sohnes. Laß mich schlafen.« Ihre Lider senkten sich flatternd, und Hugo beobachtete, wie sich die Schwingen ihrer Wimpern über ihre Wangen legten.
»Weißt du, wer ich bin?« fragte er verwirrt.
Alys lächelte. »Es gibt keinen, den ich besser kenne«, sagte sie. Sie rollte zur Seite, weg von ihm, und streckte ihre Hand nach hinten, zu ihm. Mit einer Geste, die so vertraut war, daß sie nur unbewußt sein konnte, tastete sie nach seiner Hand, zog seinen Arm um sich und steckte seine Hand in die warme Nische zwischen ihren Schenkeln. Hugo folgte dem fordernden Zerren ihrer kleinen Hand und schmiegte sich von hinten an ihren Körper. Er spürte die schmerzliche Begierde, die er normalerweise sofort an einer Frau befriedigt hätte, ob willig oder nicht. Aber etwas an Alys' trunkenem Traum gebot ihm Einhalt.
»Wie alt bist du, Alys?« fragte er. »Welches Jahr schreiben wir?«
»Ich bin fast achtzehn«, erwiderte sie schläfrig. »Wir schreiben das Jahr 1538. Was hast du denn geglaubt?« Hugo sagte nichts, ihm schwirrte der Kopf. Alys träumte von der Zukunft in zwei Jahren. »Wie geht es meinem Vater?« fragte er.
»Er ist tot, schon fast zwölf Monde«, erwiderte Alys verschlafen. »Geh schlafen, Hugo.«
Ihr beiläufiger Gebrauch seines Namens ließ ihn stutzen. »Was ist mit Lady Catherine?« fragte er.
»Oh, schweig!« sagte Alys. »Keinen trifft Schuld daran. Sie hat endlich ihren Frieden gefunden. Und wir haben all ihre Ländereien für den kleinen Hugo. Geh jetzt schlafen.«
»Ich habe einen Sohn?« fragte Hugo.
Alys wandte sich seufzend ab. Hugo stützte sich auf einen Ellbogen, schaute auf ihr Gesicht und stellte fest, daß sie tief und fest schlief. Behutsam zog er seine Hand zwischen ihren Beinen heraus und sah einen Hauch von Bedauern über ihr Gesicht huschen. Dann kuschelte sie sich tiefer ins Kissen und schlief weiter.
Er setzte sich auf dem Strohsack auf, legte den Kopf in die Hände und versuchte, nüchtern nachzudenken. Entweder war Alys betrunken und träumte irgendeinen Mädchentraum, oder der Wein hatte etwas von ihrer Magie freigesetzt, und sie sagte die Wahrheit. In zwei Jahren würde er der Lord von Castleton sein, Catherine wäre fort, und Alys wäre sein Weib und die Mutter seines Kindes.
Er beugte sich vor und schürte das Feuer, so daß das Licht in dem kleinen Zimmer aufflackerte. Alys' klares, bildschönes Profil glänzte im schummrigen Licht.
»Was für einen Sohn wir haben würden!« sagte er leise. »Was für einen Sohn!«
Er dachte daran, wie selbstverständlich sie seine Hand zwischen ihre Beine gelegt hatte und ihre wohlig müde Aufforderung, sie am Morgen zu lieben, und wieder erwachte schmerzlich die Begierde in ihm. Einen Augenblick lang spielte er mit dem Gedanken, sie im Schlaf zu nehmen, ohne ihre Einwilligung, aber dann hielt er inne. Zum ersten Mal in seinem Leben überlegte Hugo, bevor er sich seine Befriedigung holte. Sie hatte ihm Einblick in eine Zukunft gewährt, die Glück verhieß. Sie hatte ihm einen kurzen Blick auf die Frau gestattet, die ihm ebenbürtig war, ihn begehrte, wie er sie begehrte. Eine Frau, die an seiner Seite planen und intrigieren würde, die ihm einen Sohn und noch mehr schenken würde. Er
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