Die Weisheit des Feuers
überdrüssig. Ich will die Wahrheit erfahren, deshalb sei gewarnt: Versuche nicht zu verschleiern, was während deines Aufenthalts im Imperium geschehen ist. Bis ich nicht überzeugt bin, alles zu wissen, wird niemand einen Fuß vor das Zelt setzen.«
Mit kalter Stimme entgegnete Nasuada: »Ihr nehmt Euch zu viel heraus... Euer Majestät. Ihr habt nicht das Recht, mich festzuhalten; und auch nicht Eragon, der mein Vasall ist, oder Saphira. Noch Arya, die keinem sterblichen Herrscher untersteht, sondern vielmehr einem, der mächtiger ist als wir beide zusammen. Und
wir
wiederum haben nicht das Recht, Euch festzuhalten. Wir fünf sind im ureigensten Sinne des Wortes Gleichgestellte. Ihr tätet gut daran, das nicht zu vergessen.«
König Orrins Tonfall war ebenso scharf: »Überschreite ich die Grenzen meiner Hoheitsgewalt? Nun, vielleicht. Ihr habt recht: Ich kann Euch nichts befehlen. Aber wenn wir tatsächlich Gleichgestellte sind, dann habt Ihr mir das durch Euer Verhalten noch nicht gezeigt. Eragon legt nur Euch Rechenschaft ab, Euch allein. Durch die Probe der Langen Messer habt Ihr die Befehlsgewalt über die umherziehenden Stämme erlangt, von denen die meisten seit Langem
meine
Untertanen waren. Und Ihr befehligt sowohl die Varden als auch die Surdaner, die mit aufopfernder Tapferkeit seit jeher meiner Familie gedient haben.«
»Ihr selbst habt mich gebeten, diesen Feldzug zu leiten«, entgegnete Nasuada. »Ich habe Euch nicht dazu gedrängt.«
»Das stimmt. Es war mein Vorschlag, dass Ihr unser beider Streitmächte befehligen sollt. Ich schäme mich nicht, zuzugeben, dass Ihr mehr Erfahrung und größere Erfolge in der Kriegsführung vorzuweisen habt als ich. Es steht zu viel auf dem Spiel, als dass wir uns von falschen Eitelkeiten leiten lassen dürfen. Allerdings scheint Ihr seit Eurer Amtsübernahme vergessen zu haben, dass immer noch ich der König von Surda bin. Wir Mitglieder der Langfeld-Familie können unseren Stammbaum bis zu Thanebrand dem Ring-Geber zurückverfolgen, dem Nachfolger des alten, verrückten Palancar und Ersten aus unserem Volk, der in der Stadt, die heute Urû’baen heißt, den Thron bestiegen hat.
In Anbetracht unseres Erbes und der großen Unterstützung, die das Haus Langfeld den Varden gewährt, empfinde ich es von Euch als beleidigend, mir meine Rechte zu verwehren. Ihr verhaltet Euch, als wäre nur Euer eigenes Urteil von Bedeutung, als würde die Meinung anderer nicht zählen. Ihr handelt auf eigene Faust Verträge und Allianzen aus, so wie mit den Urgals, und erwartet von mir und allen anderen, Euren Beschlüssen zu folgen, als würdet Ihr für uns alle sprechen. Ihr empfangt mit Bloëdhgarm-Vodhr einen offiziellen Gesandten der Elfen und seht Euch nicht bemüßigt, mich von seiner Ankunft zu unterrichten und auf mich zu warten, um ihn gemeinsam bei uns begrüßen zu können. Und wenn ich die Unverfrorenheit besitze zu fragen, warum Eragon - der Mann, dessen bloße Existenz der Grund ist, warum ich mein Land in diesen Krieg verstrickt habe -, wenn ich die Unverfrorenheit besitze zu fragen,
warum
diese hochwichtige Person das Leben der Surdaner und aller anderen Geschöpfe, die gegen Galbatorix aufbegehren, gefährdet, indem er sich mitten im Feindesgebiet herumtreibt, wie reagiert Ihr dann? Ihr behandelt mich wie einen eifersüchtigen, wissbegierigen Untertan, dessen kindliches Begehr Euch von dringenderen Angelegenheiten abhält. Schluss damit! Das lasse ich mir nicht mehr bieten! Wenn Ihr Euch nicht dazu durchringen könnt, mein königliches Amt zu respektieren und die Verantwortung mit mir zu teilen, wie es unter Verbündeten der Fall sein sollte, dann halte ich Euch für unfähig, weiterhin eine Koalition wie die unsrige zu befehligen, und sehe mich gezwungen, Euch unsere Zusammenarbeit aufzukündigen.«
Was für eine langwierige Rede,
bemerkte Saphira.
Beunruhigt von der Wendung des Gesprächs sagte Eragon:
Was soll ich tun? Ich hatte nicht vor, irgendjemand außer Nasuada von Sloan zu erzählen. Je weniger Leute wissen, dass er am Leben ist, desto besser.
Ein flackerndes seeblaues Schimmern wanderte von Saphiras Kopf bis zu ihrem Schulterkamm, als die Spitzen ihrer diamantförmigen Halsschuppen sich einen Fingerbreit von der darunterliegenden Haut hoben. Derart aufgeplustert sah sie wild und furchterregend aus.
Ich kann dir nicht sagen, was am besten ist, Eragon. Vertraue deinem eigenen Urteil. Hör auf dein Herz, dann wird dir vielleicht klar,
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