Die Weisheit des Feuers
Sandsteingrab, das er mit Magie für ihn errichtet, und wie es Saphira dann in reinen Diamant verwandelte hatte.
»Wenn ich bloß damals schon gekonnt hätte, was ich heute kann«, sagte Eragon, »dann hätte ich ihn retten können. Aber so...« Die Worte blieben ihm im Hals stecken, er wischte sich die Augen und würgte an seinem Tee. Er hätte ruhig ein wenig stärker sein dürfen.
Jeod entfuhr ein Seufzer. »Das war also Broms Ende. Ach, ohne ihn sind wir alle viel schlechter dran. Aber ich glaube, er ist so gestorben, wie er es sich gewünscht hätte: im Dienste der Varden und für den letzten freien Drachenreiter.«
»Wusstest du, dass er selbst einmal ein Drachenreiter war?«
Jeod nickte. »Die Varden haben es mir erzählt, bevor ich ihn kennenlernte.«
»Er gehörte wohl zu den Menschen, die nicht viel über sich selbst reden«, warf Helen ein.
Jeod und Eragon lachten.
»Das kann man wohl sagen«, meinte Jeod. »Ich habe mich bis heute nicht von dem Schrecken erholt, als ich ihn mit dir vor unserer Tür stehen sah. Brom war immer ein Geheimniskrämer, aber wir wurden enge Freunde, als wir zusammen reisten, und ich verstehe immer noch nicht, warum er mich - warte - sechzehn oder siebzehn Jahre lang in dem Glauben gelassen hat, er sei tot. Viel zu lange. Und da es Brom war, der Saphiras Ei zu den Varden brachte, nachdem er Morzan in Gil’ead erschlagen hatte, konnten die Varden mir obendrein nicht von dem Ei erzählen, ohne zu verraten, dass Brom noch am Leben war. Also habe ich fast zwei Jahrzehnte in dem Glauben verbracht, dass das einzige große Abenteuer meines Lebens fehlgeschlagen war und wir dadurch unsere einzige Hoffnung auf einen Drachenreiter, der uns helfen würde, Galbatorix zu stürzen, verloren hatten. Das war keine leichte Bürde, kann ich dir sagen...«
Er rieb sich mit einer Hand die Brauen. »Als ich die Tür aufmachte und er dastand, dachte ich, die Geister meiner Vergangenheit würden mich heimsuchen. Brom sagte, er habe sich versteckt, um am Leben zu bleiben. Damit er den neuen Drachenreiter ausbilden konnte, sobald er oder sie sich zeigte. Diese Erklärung hat mich nie ganz befriedigt. Warum war es notwendig, alle, die er kannte und mochte, zu verlassen? Wovor hatte er Angst? Was wollte er beschützen?«
Er spielte mit dem Henkel seines Bechers. »Ich kann es nicht beweisen, aber ich glaube, Brom hat in Gil’ead etwas entdeckt, als er gegen Morzan und seinen Drachen kämpfte. Und es war etwas so Ungeheuerliches, dass es ihn dazu bewegt hat, sich ganz von seinem bisherigen Leben abzuwenden. Es ist eine kühne Vermutung, aber ich kann mir Broms Verhalten nicht anders erklären, als dass es da irgendetwas gab, was er keiner Menschenseele erzählen konnte.«
Jeod seufzte erneut und fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. »Nach all den Jahren der Trennung hatte ich gehofft, wir würden noch einmal zusammen reiten, aber das Schicksal hatte offenbar andere Pläne. Ihn nur wenige Wochen später zum zweiten Mal zu verlieren, war ein harter Schlag.« Helen streifte Eragon im Vorbeigehen und stellte sich neben Jeod, die Hand auf seiner Schulter. Er lächelte sie wehmütig an und legte ihr den Arm um die schmale Taille. »Ich bin froh, dass du und Saphira... dass ihr Brom ein Grab geschenkt habt, um das ihn selbst ein Zwergenkönig beneiden würde. Das und noch mehr hat er verdient, nach allem, was er für Alagaësia getan hat. Ich habe nur den schrecklichen Verdacht, dass die Diamantgruft Grabräubern zum Opfer fallen wird, sollte sie entdeckt werden.«
»Das würde ihnen leidtun«, murmelte Eragon und nahm sich vor, bei nächster Gelegenheit Broms Grab aufzusuchen und es mit Schutzzaubern zu versehen. »Im Übrigen werden die Leute vorläufig viel zu sehr damit beschäftigt sein, goldene Lilien zu pflücken.«
»Was?«
»Ach, ist nicht so wichtig.« Schweigend tranken die drei ihren Tee. Helen knabberte an einem Keks. Schließlich fragte Eragon: »Du hast Morzan getroffen, oder?«
»Ja, habe ich, auch wenn das nie ein Anlass zur Freude war.«
»Wie war er denn?«
»Als Mensch? Das kann ich wirklich nicht sagen, auch wenn ich die Geschichten über seine Gräueltaten natürlich kenne. Jedes Mal wenn sich unsere Wege kreuzten, hat er versucht, uns umzubringen. Oder besser gesagt, gefangen zu nehmen, zu foltern und
dann
zu töten, was alles nicht gerade einer freundschaftlichen Beziehung förderlich war.« Eragon war zu wissbegierig, um über Jeods Witzelei zu lachen. »Als Krieger
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