Die Weisheit des Feuers
schnellen Drehung des Handgelenks ab. Ein unheimliches Grinsen entstellte seine Züge. Eragon riss seine Klinge zurück, täuschte einen Schlag gegen das rechte Knie seines Widersachers an, ließ seine Waffe dann in die entgegengesetzte Richtung schnellen und schlitzte Murtagh die Wange auf.
»Du hättest einen Helm aufsetzen sollen«, knurrte er.
Inzwischen befanden sie sich nur noch ein paar hundert Fuß über dem Erdboden, sodass Saphira Dorn freigeben musste. Die beiden Drachen lösten sich voneinander, bevor Eragon und Murtagh weitere Schwerthiebe austauschen konnten.
Während Saphira und Dorn emporstiegen und sich ein Wettrennen zu einer schneeweißen Wolke über den Zelten der Varden lieferten, langte Eragon unter das Wams und betastete die Wunde an seiner Hüfte. Blut sickerte heraus und tränkte den Bund seiner Hose.
Es bestürzte Eragon, von Zar’roc verletzt worden zu sein, einem Schwert, das ihn in Momenten der Gefahr niemals im Stich gelassen hatte und das er immer noch als seinen rechtmäßigen Besitz betrachtete. Es war
falsch,
dass seine eigene Waffe gegen ihn gerichtet wurde, eine Verkehrung der Dinge, gegen die sich sein Instinkt auflehnte.
Saphira schwankte wegen eines Luftwirbels. Eragon zuckte zusammen, als ihm erneut ein brennender Schmerz durch die Seite fuhr. Zum Glück kämpfen wir nicht zu Fuß, dachte er, denn seine Hüfte hätte sein Gewicht wohl kaum mehr tragen können.
Arya
, fragte er,
willst du mich heilen, oder soll ich es selbst tun und riskieren, dass Murtagh mich daran hindert?
Wir heilen dich,
antwortete Arya.
Vielleicht kannst du deinen Gegner überrumpeln, wenn er glaubt, du seist noch verwundet.
Halt, warte.
Warum?
Ich muss dir erst die Erlaubnis dazu geben, sonst wehren meine Zauberformeln dich ab.
Einen Moment suchte Eragon nach den richtigen Worten, bis er schließlich in der alten Sprache flüsterte: »Ich öffne mich der Magie von Arya, Tochter von Islanzadi.«
Wir sollten über diese Schutzzauber reden, wenn du gerade nicht so abgelenkt bist. Was würde wohl geschehen, wenn du das Bewusstsein verlieren würdest? Wie sollten wir uns dann um dich kümmern?
Nachdem Murtagh uns auf den Brennenden Steppen mit seiner Magie außer Gefecht gesetzt hat, fand ich die Idee recht gut. Niemand soll uns mehr ohne unsere Zustimmung mit einem Zauber belegen.
Das ist wohl richtig, aber es gibt elegantere Lösungen als deine.
Eragon wand sich im Sattel, während die Heilkraft der Elfen wirkte und seine Hüfte anfing zu kribbeln, als wäre sie von Flohbissen übersät. Als das Jucken nachließ, fuhr er mit der Hand unter das Wams und ertastete zu seiner Freude nur glatte Haut.
Also gut,
sagte er und lockerte die Schultern.
Lehren wir sie, unsere Namen zu fürchten!
Sie hatten die schneeweiße Wolke erreicht. Saphira schwenkte nach links und flog in die Wolke, während Dorn hektisch versuchte zu wenden. Einen Moment lang war alles kalt und feucht und weiß, dann schoss Saphira auf der anderen Seite heraus, nur wenige Fuß über Dorn und ein Stück hinter ihm.
Mit einem triumphierenden Brüllen stürzte sie sich auf den roten Drachen, grub die Klauen tief in seine Schenkel und zog ihm die Krallen über das Rückgrat. Ihr Kopf zuckte vor, sie packte Dorns linken Flügel und biss zu. Mit einem scharfen Knacken schnitten ihre rasiermesserscharfen Zähne durch Knochen und Fleisch.
Dorn krümmte sich und brüllte. Eragon hatte nicht gewusst, dass Drachen so schrecklich schreien konnten.
Ich habe ihn,
sagte Saphira.
Ich könnte ihm den Flügel ausreißen, aber das will ich nicht. Was auch immer du vorhast, tue es, bevor wir zu tief sinken.
Murtaghs Gesicht war unter all dem Blut leichenblass, als Eragon das Schwert auf ihn richtete. Die Klinge erzitterte und ein seltsamer geistiger Strahl von ungeheurer Macht drang in Eragons Bewusstsein. Die fremde Präsenz tastete nach seinen Gedanken, um zuzupacken und sie Murtaghs Willen unterzuordnen. Wie schon über den Brennenden Steppen fühlte es sich an, als lauerten in Murtaghs Geist zahllose andere Wesen, die sich als wirrer Chor von Stimmen über das Gewühl seiner Gedanken legten.
Plötzlich kam Eragon die Idee, dass vielleicht eine Gruppe von Zauberern seinem Gegner half, so wie die Elfen ihm beistanden. Es war nicht leicht, doch es gelang ihm, alles bis auf das Abbild Zar’rocs aus seinem Bewusstsein zu verbannen. Er konzentrierte sich mit aller Macht auf das Schwert, versank in die Stille der Meditation,
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