Die Weisheit des Feuers
Drachenreiter auf der Insel Vroengard niederließen und dort eine Gruft für die Eldunarí bauten, vertrauten sowohl die Drachen mit Reitern als auch die wilden Drachen ihre Seelen der Obhut der Drachenreiter an.
»Und dann«, sagte Eragon, »hat Galbatorix die Eldunarí geraubt?«
Entgegen seiner Erwartung war es diesmal Oromis, der antwortete: »Ja, aber nicht alle auf einmal. Es war schon so lange her gewesen, dass jemand die Drachenreiter ernsthaft bedroht hatte, dass viele von unserem Orden nachlässig geworden waren, was den Schutz der Eldunarí betraf. Zu der Zeit, als sich Galbatorix gegen uns wandte, war es nichts Ungewöhnliches, dass ein Drache sich allein aus dem Grund von seinem Eldunarí trennte, weil es einfacher war.«
»Einfacher?«
Jeder, der einen Seelenstein in Händen hält,
sagte Glaedr,
kann sich mit dem Drachen, von dem er stammt, verständigen, ohne dass die Entfernung zu ihm dabei eine Rolle spielt. Wenn der Reiter den Eldunarí seines Drachen dabeihatte, konnten sie ihre Gedanken ebenso mühelos teilen wie du und Saphira jetzt, auch wenn ganz Alagaësia zwischen ihnen lag.
»Außerdem«, ergänzte Oromis, »kann ein Magier, der einen Eldunarí besitzt, die Energie des Drachen anzapfen, um seinen Beschwörungen mehr Kraft zu verleihen, und auch hierbei ist es unerheblich, wo sich der Drache befindet. Wenn...«
Ein leuchtend bunter Kolibri schoss über den Tisch und unterbrach dadurch das Gespräch. Er labte sich, in der Luft schwirrend, kurz am Saft einer zerquetschten Brombeere und sauste dann wieder davon, um alsbald zwischen den Baumstämmen des Waldes zu verschwinden.
Oromis nahm das Gespräch wieder auf: »Als Galbatorix den ersten Reiter umbrachte, stahl er auch den Seelenstein seines Drachen. In den darauffolgenden Jahren, in denen Galbatorix sich in der Wildnis versteckte, brach er den Willen des Drachen und unterwarf ihn sich; wahrscheinlich mit Durzas Hilfe. Und als er sich dann mit Morzan an seiner Seite wahrhaftig gegen die Drachenreiter erhob, war er bereits mächtiger als die meisten von ihnen. Seine Stärke war nicht allein magischer, sondern auch geistiger Natur, denn sein Bewusstsein wurde durch das des Eldunarí erweitert.
Aber Galbatorix gab sich nicht damit zufrieden, die Drachen und ihre Reiter umzubringen. Er machte es sich zum Ziel, so viele Eldunarí zu besitzen wie möglich, entweder indem er sie den Reitern raubte oder einen Reiter so lange folterte, bis dessen Drache seinen Seelenstein ausspie. Als wir erkannten, was Galbatorix vorhatte, war er bereits zu mächtig, um ihn noch aufzuhalten. Dabei half ihm der Umstand, dass viele Drachenreiter damals nicht nur mit dem Seelenhort ihres eigenen Drachen unterwegs waren, sondern auch Eldunarí von verstorbenen Drachen mitnahmen, denen es zu langweilig war, in einer Wandnische herumzustehen, und die sich nach Abenteuern sehnten. Und als Galbatorix schließlich mit den Abtrünnigen die Stadt Dorú Areaba auf der Insel Vroengard plünderte, fiel ihm natürlich der gesamte Bestand der dort aufbewahrten Eldunarí in die Hände.
Galbatorix’ Erfolg beruhte darauf, dass er die Macht und Weisheit der Drachen gegen Alagaësia einsetzte. Anfangs war er nicht in der Lage, mehr als eine Handvoll der Eldunarí zu beherrschen, die er in seinen Besitz gebracht hatte. Es ist nicht so einfach, einen Drachen zu zwingen, sich dir zu unterwerfen, ganz gleich, wie stark du bist. Aber sobald Galbatorix die Drachenreiter vernichtet und sich als König in Urû’baen eingerichtet hatte, zog er sich zurück und widmete sich ganz der Aufgabe, nach und nach die Kontrolle über die restlichen Drachenseelen zu erlangen.
Wir glauben, dass ihn das den Großteil der nächsten vierzig Jahre über beschäftigte, eine Zeit, in der er sich kaum um Staatsangelegenheiten kümmerte - deshalb konnten sich die Bewohner von Surda auch vom Imperium lossagen. Als er so weit war, tauchte Galbatorix wieder aus seiner selbst gewählten Abgeschiedenheit auf und begann, seine Herrschaft über das Imperium und die umliegenden Länder zu behaupten. Aus irgendeinem Grund zog er sich nach zweieinhalb Jahren erneuten Gemetzels und Elends wieder nach Urû’baen zurück, und dort ist er seitdem geblieben, nicht in so großer Einsamkeit wie zuvor, aber offensichtlich auf irgendein Vorhaben konzentriert, das nur er kennt. Er hat viele Laster, aber der Ausschweifung hat er sich nicht hingegeben; so viel haben die Spione der Varden herausgefunden. Mehr konnten wir
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