Die Weisheit des Feuers
nach Handschuhen fragte, lachte sie und schüttelte den Kopf. »Nur ein ungeschickter Schmied braucht Handschuhe.«
Dann führte Rhunön ihn in eine niedrige, grottenähnliche Kammer im Stamm eines der Bäume, aus denen ihr Haus gewachsen war. In der Kammer befanden sich Säcke mit Holzkohle und ein Haufen weißlicher Lehmziegel. Mit einem Zauberspruch hoben Eragon und Rhunön mehrere Hundert der Steine an und transportierten sie nach draußen, neben die offene Esse. Danach waren die mannshohen Holzkohlesäcke an der Reihe.
Sobald das Material zu Rhunöns Zufriedenheit angeordnet war, stellte sie mit Eragon einen Schmelzofen für das Erz her. Die Bauweise des Ofens war kompliziert, und Rhunön weigerte sich, Magie zu Hilfe zu nehmen, sodass sie fast den ganzen Nachmittag dafür brauchten. Zuerst gruben sie ein rechteckiges Loch von fünf Fuß Tiefe in die Erde, das sie mit mehreren Schichten Sand, Kies, Lehm, Holzkohle und Asche füllten. Dazwischen legten sie zahlreiche Kammern und Tunnel an, durch die die Feuchtigkeit entweichen konnte, damit sie das Schmelzfeuer nicht abkühlte. Als die Grube bis zum Rand gefüllt war, errichteten sie über den Schichten einen Trog aus den Lehmziegeln. Als Mörtel benutzten sie Wasser und ungebrannten Lehm. Rhunön verschwand kurz in ihrem Haus und kehrte mit zwei Blasebälgen zurück, die sie an den Löchern am unteren Rand des Trogs anbrachten.
Sie unterbrachen die Arbeit für ein paar Bissen Brot und Käse.
Nach der kurzen Erholungspause warf Rhunön einige Handvoll Zweige in den Trog, entzündete sie mit einem gemurmelten Wort in der alten Sprache und legte, als das Holz ordentlich brannte, ein paar mittelgroße Scheite gut abgelagertes Eichenholz darauf. Fast eine Stunde lang kümmerte sie sich mit der gleichen Sorgfalt, mit der ein Gärtner seine Rosen züchtete, um das Feuer, bis das Holz schließlich zu einem gleichmäßigen Bett aus Kohle heruntergebrannt war. Dann nickte sie Eragon zu. »Jetzt.«
Eragon hob den Erzbrocken hoch und senkte ihn vorsichtig in den Trog ab. Sobald die Hitze an seinen Fingern unerträglich wurde, ließ er den Brocken los und sprang hastig zurück, als Funken hochstoben wie ein Schwarm aufgeschreckter Glühwürmchen. Über die Kohle und den Erzbrocken schaufelte er eine dicke Schicht Holzkohle als Brennstoff für das Feuer.
Eragon klopfte sich den Kohlenstaub von den Händen, packte die beiden Griffe eines Blasebalgs und begann zu pumpen, so wie es Rhunön auf der anderen Seite des Schmelzofens tat. Gemeinsam versorgten sie das Feuer mit einem ständigen Strom frischer Luft, sodass es noch heißer brannte.
Die Schuppen auf Saphiras Brust und ihrem Hals funkelten im Licht der tanzenden Flammen. Sie kauerte einige Schritte entfernt von dem Schmelzofen auf dem Boden, den Blick starr auf das Herz des glühend heißen Feuers gerichtet.
Ich könnte euch dabei helfen, wisst ihr?,
sagte sie.
Ich bräuchte kaum eine Minute, um den Sternenstahl zu schmelzen.
»Schon«, erwiderte Rhunön, »aber wenn wir ihn zu schnell schmelzen, verbindet sich das Metall nicht mit der Holzkohle und wird nicht hart und zugleich biegsam genug für ein Schwert. Spar dir dein Feuer, Drache. Wir werden es später noch brauchen.«
Eragon war von der Hitze des Schmelzofens und der Anstrengung am Blasebalg schon bald in Schweiß gebadet; seine nackten Arme glänzten im Licht des Feuers.
Ab und zu hörte Rhunön auf zu pumpen und schaufelte frische Kohlen auf das Feuer.
Es war eine monotone Arbeit und Eragon verlor schon bald jedes Zeitgefühl. Er nahm nur noch das ständige Fauchen des Feuers, den Blasebalg in seinen Händen, die stetig strömende Luft und Saphiras wachsame Gegenwart wahr.
Deshalb überraschte es ihn, als Rhunön sagte: »Das genügt. Du kannst aufhören.«
Eragon wischte sich den Schweiß von der Stirn. Dann half er ihr, die glühenden Kohlen aus dem Schmelzofen in ein Wasserfass zu schaufeln. Die Kohlen zischten, und ein beißender Qualm stieg auf, wenn sie ins Wasser tauchten.
Als sie schließlich das weißglühende Metall am Boden des Trogs freigelegt hatten - Schlacke und andere Unreinheiten waren während des Prozesses abgelaufen -, bedeckte Rhunön das Metall mit einer fingerdicken Schicht feiner weißer Asche, lehnte ihre Schaufel an den Schmelzofen und setzte sich auf die Bank vor der Esse.
»Was jetzt?«, wollte Eragon wissen, als er sich neben ihr niederließ.
»Jetzt warten wir.«
»Worauf?«
Rhunön deutete zum Himmel empor,
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