Die Weisheit des Feuers
tapfere junge Frau. Aber schließlich war sie viele Wochen lang im Dunkeln eingesperrt gewesen und hatte um ihr Leben fürchten müssen.
An ihrer Stelle wäre ich wohl auch nicht mehr ganz ich selbst.
»Nein, du wirst nicht blind. Du musst dich nur erst wieder an die Sonne gewöhnen.« Roran strich ihr übers Haar. »Komm, lass dich davon nicht verunsichern. Alles wird gut... Du bist jetzt in Sicherheit. In Sicherheit, Katrina, hörst du?«
»Ja.«
Obwohl er nur ungern eines der Gewänder ruinierte, die er von den Elfen geschenkt bekommen hatte, riss Eragon einen Streifen vom Saum seines Wamses ab und reichte ihn Katrina. »Verbinde dir damit die Augen. Du müsstest dann trotzdem noch genug sehen, um nicht hinzufallen oder gegen irgendetwas zu stoßen.«
Sie bedankte sich und band sich den Stoffstreifen um. Schließlich erreichten die drei die lichtdurchflutete, blutgetränkte Haupthöhle, in der es durch die Verwesungsdünste des getöteten Lethrblaka noch schlimmer stank als zuvor. Im selben Moment tauchte ihnen gegenüber Saphira aus den Tiefen des bogenförmigen Durchgangs auf. Bei ihrem Anblick schnappte Katrina nach Luft, klammerte sich an Roran und grub ihm vor Angst die Finger in den Arm.
Eragon aber sagte: »Katrina, darf ich dir Saphira vorstellen? Ich bin ihr Reiter. Sie kann dich verstehen, wenn du mit ihr sprichst.«
»Es ist mir eine Ehre, oh Drache«, presste Katrina hervor und beugte die Knie zu einem schwachen Knicks.
Saphira neigte zur Antwort den Kopf. Dann wandte sie sich Eragon zu.
Ich habe nach dem Nest der Lethrblaka gesucht, aber nichts als Knochen, Knochen und noch mehr Knochen gefunden, einschließlich einiger, die nach frischem Fleisch rochen. Die Ra’zac müssen die beiden Sklaven letzte Nacht aufgefressen haben.
Ich wünschte, wir hätten sie retten können.
Ich weiß, aber wir können in diesem Krieg nicht jeden retten.
Mit einer Geste zu Saphira hin sagte Eragon: »Los, steigt auf! Ich komme auch gleich.«
Katrina sah zögernd zu Roran, der nickte und murmelte: »Schon in Ordnung. Saphira hat uns hergebracht.« Zusammen umrundeten sie den Kadaver des Lethrblaka, um auf Saphira aufsteigen zu können, die sich flach auf den Bauch gelegt hatte. Roran machte mit den Händen eine Räuberleiter und hob Katrina so weit an, dass sie sich an Saphiras linkem Vorderbein hochziehen konnte. Von dort aus kletterte sie an den verschlungenen Sattelriemen hinauf wie an einer Leiter, bis sie schließlich zwischen Saphiras Schultern thronte. Roran folgte ihr, indem er wie eine Bergziege von einer Schuppe zur anderen sprang.
Eragon machte sich indessen daran, Saphiras unzählige Schrammen, Risse, Schnitte, Beulen und Stichwunden zu untersuchen, und begann, eine nach der anderen zu heilen.
Um Himmels willen,
sagte Saphira,
spar dir deine Aufmerksamkeiten, bis wir außer Gefahr sind. Ich verblute schon nicht gleich.
Das stimmt nicht ganz und das weißt du auch. Du hast innere Blutungen, und wenn ich die nicht jetzt stille, könnte es Komplikationen geben, die ich nicht heilen kann, und dann kommen wir nie wieder zu den Varden zurück. Also, keine Widerrede. Du kannst mich nicht umstimmen und außerdem brauche ich auch nur einen Moment.
Aber Eragon brauchte doch etwas länger, um Saphiras Wunden zu heilen. Einige ihrer Verletzungen waren so schwer, dass er sich für den Heilzauber aus dem Energievorrat im Gürtel von Beloth dem Weisen bedienen und danach noch auf Saphiras Kraftreserven zurückgreifen musste. Jedes Mal wenn er sich einer neuen Wunde zuwandte, protestierte sie mit wachsendem Unmut, nannte ihn einen Narren und dass er es gefälligst bleiben lassen solle, aber er ignorierte ihre Einwände.
Hinterher sackte Eragon erschöpft zusammen. Er deutete auf die Stellen, wo die Lethrblaka Saphira mit ihren Schnäbeln malträtiert hatten, und sagte:
Du solltest Arya oder einen anderen Elf danach sehen lassen. Ich habe getan, was ich konnte, aber vielleicht ist mir ja auch etwas entgangen.
Ich weiß deine Fürsorge wirklich zu schätzen, Kleiner,
gab sie zurück,
aber das hier ist wirklich nicht der richtige Ort für sentimentale Liebesbekundungen. Ein für alle Mal: raus hier!
Ja, es ist höchste Zeit.
Eragon trat zurück und wandte sich wieder dem Tunnel zu, aus dem sie gekommen waren.
»Na los!«, rief Roran. »Jetzt komm schon!«
Eragon!,
rief Saphira.
Doch der Drachenreiter schüttelte den Kopf. »Nein. Ich bleibe hier.«
»Du...«, begann Roran, als ihn ein
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