Die Weisheit des Feuers
rechter Taugenichts. Hast ja nicht mal eine Waffe. War dir wohl zu mühsam, dir einen Stab oder eine Keule zu schnitzen, wie? Antworte gefälligst!«
»Nein, Herr.«
»Was heißt hier ›Nein, Herr‹? Ist dir wohl gar nicht in den Sinn gekommen, schätze ich mal. Zu dumm, dass wir solche Einfaltspinsel einziehen müssen. So weit hat uns dieser verdammte Krieg schon gebracht, dass wir die letzten Reste zusammenkratzen müssen.«
»Einziehen, Herr?«
»Ruhe, du unverschämter Kerl! Niemand hat dir erlaubt zu sprechen!« Mit zitterndem Schnurrbart fuchtelte der Mann in der Luft herum. Sterne explodierten vor Eragons Augen, als der Soldat ihm von hinten auf den Kopf schlug. »Ob du nun ein Dieb, ein Verräter, ein Söldner oder einfach nur ein Dummkopf bist, läuft auf dasselbe hinaus. Wenn du erst mal den Diensteid geleistet hast, bleibt dir gar nichts anderes übrig, als Galbatorix und denen, die für ihn sprechen, zu gehorchen. Wir werden die erste Armee in der Geschichte sein, in der es keine Unstimmigkeiten gibt. Kein sinnloses Herumgeschwafel darüber, was wir zu tun oder zu lassen haben. Nur klare, direkte Befehle. Auch du sollst unsere Sache vertreten. Du sollst das Privileg haben, dazu beizutragen, dass die ruhmreiche Zukunft, die unser großer König vorausgesehen hat, wahr wird. Und was deine hübsche Begleiterin angeht, werden sich schon Wege finden, wie sie dem Imperium von Nutzen sein kann, was? Und jetzt fesselt die beiden!«
Da wusste Eragon, was er zu tun hatte. Er bemerkte, dass Arya bereits zu ihm herüberschaute. Ihre Augen waren hart und leuchteten. Er zwinkerte einmal. Sie zwinkerte zurück. Dann schloss sich seine Hand um den Stein.
Die meisten Soldaten, gegen die Eragon auf den Brennenden Steppen gekämpft hatte, waren mit einem rudimentären Schutzzauber ausgestattet gewesen, der sie vor magischen Angriffen bewahren sollte. Daher nahm er an, dass es sich bei diesen Männern nicht anders verhielt. Er vertraute darauf, dass er jeden Zauber, den Galbatorix’ Magier gewirkt hatten, brechen oder umgehen konnte, aber das hätte zu viel Zeit in Anspruch genommen. Deshalb reckte er stattdessen den Arm in die Höhe und warf mit einer Drehung des Handgelenks den Stein nach dem Mann mit dem Schnurrbart.
Das Geschoss durchschlug seinen Helm.
Bevor der Rest reagieren konnte, fuhr Eragon herum, riss dem Soldaten, der ihn geschlagen hatte, den Speer aus der Hand und stieß ihn damit vom Pferd. Als er am Boden aufkam, rammte Eragon ihm den Speer ins Herz, wobei die Speerspitze an den Metallplättchen zerbrach, mit denen das Wams des Soldaten besetzt war. Dann ließ er den Speer los und hechtete aus der Schusslinie, während sieben Speere auf die Stelle zuflogen, wo er gerade noch gestanden hatte. Die tödlichen Geschosse schienen über ihm zu schweben, als er sich zu Boden fallen ließ.
In dem Moment, als Eragon den Stein warf, hatte sich Arya auf das nächstbeste Pferd geschwungen, indem sie vom Steigbügel in den Sattel schnellte, und dem ahnungslosen Soldaten, der obendrauf saß, einen Schlag vor den Kopf verpasst. Er flog mehr als dreißig Fuß weit. Dann sprang sie mit unglaublicher Anmut von einem Pferderücken auf den nächsten und tötete die Soldaten mit ihren Knien, Füßen und Händen.
Eragons Bauch schrammte über spitze Felsbrocken, als er hinfiel. Er verzog das Gesicht und sprang auf. Vier Soldaten, die inzwischen abgestiegen waren, standen mit gezogenen Schwertern vor ihm. Als sie auf ihn losgingen, wirbelte er nach rechts, packte das Handgelenk des ersten und hieb ihm in die Achselgrube. Der Mann brach zusammen und rührte sich nicht mehr. Die nächsten beiden Angreifer erledigte er, indem er ihnen die Köpfe verdrehte, bis ihr Genick brach. Inzwischen war der vierte Soldat schon so nahe herangekommen, dass Eragon ihm nicht mehr ausweichen konnte.
Da half nur noch eines: Er rammte dem Mann mit aller Kraft die Faust in den Brustkorb. Der Hieb landete zwischen den Rippen seines Gegners und katapultierte ihn mehr als ein Dutzend Fuß weit übers Gras, wo er auf einen anderen Leichnam prallte.
Eragon schnappte nach Luft und krümmte sich, wobei er sich die schmerzhaft pochende Hand hielt. Vier Knöchel waren zertrümmert und weißer Knorpel blitzte durch die malträtierte Haut.
Verdammt,
dachte er, als heißes Blut aus der Wunde lief. Seine Finger versagten ihm den Dienst, und er begriff, dass die Hand nicht zu gebrauchen sein würde, bis er sie heilen konnte. In Erwartung eines
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