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Die weiße Frau von Devils Rock

Die weiße Frau von Devils Rock

Titel: Die weiße Frau von Devils Rock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Withcomb
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aus, die ihr sehr gut tat.
       Der große Raum war bis zur Mitte durch ein Stück Wand getrennt, das schon sehr alt sein musste. Hier war die Mauer nicht frisch verputzt sondern wies sogar noch Spuren der Kinder auf, die einstmals hier gelebt hatte. Tiefe Furchen im rohen Gestein deuteten darauf hin.
       Fasziniert betrachtete Charlene die undeutlichen Figuren in dem grauen Mauerwerk. Ein seltsames Gefühl beschlich sie, als sie vorsichtig mit den Fingerspitzen darüber fuhr.
       "Das sind noch die restlichen Spuren der Familie Barrymore, die vor über einhundertzwanzig Jahren hier gelebt hat. Eine tragische Geschichte", fügte Marvin nachdenklich hinzu. "Eine wunderschöne Liebesgeschichte, die tragisch enden musste."
       "Ich würde sie gern erfahren", sagte Charlene interessiert und schaute sich um. "Die Möbel sind auch schon ziemlich verfallen. Was soll ich damit machen, falls wir diesen Raum bewohnen möchten?"
       "Wir können alles in den Keller bringen", schlug Marvin vor. "Sag mir Bescheid, wenn ihr wisst, was ihr tun wollt. Ja, ein Teil dieser Möbel stammt auch noch von den Barrymores. Allerdings kann ich dir nicht sagen, welche das sind. Die Nachmieter haben immer wieder neu dazu gestellt, was sie nicht brauchen konnten, und so wurde aus dem einstigen schönen Kinderzimmer mehr und mehr eine Abstellkammer."
       "Was ist mit der Familie geschehen? Du sagtest, die Geschichte endete tragisch." Die junge Frau stand an dem kleinen Fenster, das fast die ganze Dachschräge ausfüllte. So war es an hellen Tagen im ganzen Raum hell, ohne dass man eine Kerze anzünden musste.
       "Vermutlich sind alle damals innerhalb kürzester Zeit umgekommen", antwortete Marvin ernst. "Peter Barrymore war Seemann und anfangs ein treu sorgender Familienvater. Doch dann verfiel er der Trunksucht, dazu kam, dass er immer häufiger sein Glück mit Spielen versuchte und alles verlor, was er verdiente. Seine Familie nagte am Hungertuch, was in der damaligen Zeit furchtbare Folgen hatte für die Frau."
       "Wie meinst du das?"
       "Peters Frau ließ sich mit dem Laird ein, um sich und ihre kleine Tochter am Leben zu erhalten. Als Peter das erfuhr muss es ein entsetzliches Unglück gegeben haben, denn eines Tages fand man ihn am Waldrand von Devils Rock. Er hatte sich an einem Baum aufgehängt. Als man ihn fand musste er wohl schon mehrere Tage da gehangen haben."
       "Das ist ja furchtbar." Charlene spürte, wie ihr eine Gänsehaut über den Rücken lief. "Ich bin mir jetzt gar nicht mehr sicher, ob ich dieses Haus bewohnen möchte", wandte sie kläglich ein.
       "Peter starb nicht in dem Haus, und soweit ich informiert bin, fühlte er sich hier ohnehin nie wohl. Er wollte lieber in der Stadt leben, am Hafen, wo er sein geliebtes Meer riechen konnte. Aber seine Frau wollte nicht, denn sie fürchtete die Gefahren, die sich in dieser Umgebung boten. Na ja", fügte Marvin leise hinzu, "sie konnte es nicht voraussehen, dass genau das eintraf, was sie verhindern wollte. Vielleicht wäre alles anders gekommen, wenn sie Peters Wunsch entsprochen hätte."
       "Hinterher ist man immer gescheiter", antwortete Charlene und starrte noch immer aus dem Fenster. Hinter dem Hügel konnte sie die Wipfel eine Baumgruppe erkennen, die ungefähr eine halbe Stunde Fußweg entfernt war. "Was ist das dort hinten? Ein Wald?"
       "Das ist Devils Rock", antwortete Marvin und trat neben sie. So standen sie eine ganze Weile am Fenster und schauten zum Horizont, ohne zu wissen, was sie dort zu entdecken hofften.
       "Dort hat Peter sich umgebracht."
       Marvin nickte. "Er war ein zutiefst unglücklicher Mann. Seine dauernde Eifersucht, die Angst, seine kleine Familie an den Laird zu verlieren, haben ihn vermutlich in die Trunksucht und später in den Wahnsinn getrieben. Er ist zu bedauern. Auch nach so vielen Jahren noch, denn er hatte keine Chance, aus seinem Leben etwas zu machen. Die Zeit war einfach nicht dafür geschaffen."
       "Und was wurde aus Frau und Kind?"
       "Darüber streiten sich die Geschichten. Im Grunde genommen sind es lediglich Sagen", die sich die Menschen hier selbst zusammen gesponnen haben. Genaues weiß niemand, und so hält sich die schlimmste Version wie ein Gespenst, dass Peter beide wohl umgebracht und irgendwo verscharrt hat."
       "Das ist ja entsetzlich."
       "Aber für die damalige Zeit nicht ungewöhnlich. Laird Andrew hat mehrere Frauen auf verschiedene Weise in den Tod getrieben." Marvin

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