Die weiße Frau von Devils Rock
nicht tust, werde ich sie mir holen. Alle beide", fügte sie hinzu. In der Luft lag ein unangenehmer modriger Geruch.
"Ich weiß nicht, was du meinst. Zeig dich endlich, wer bist du?", schluchzte Charlene verzweifelt. "Was willst du von mir? Ist es dein Tagebuch? Nimm es mit, es interessiert mich nicht."
"Das sollte es aber", hauchte die Stimme. Plötzlich ging, wie von Geisterhand angezündet, die Öllampe wieder an. Die eisige Kälte wich einer wohligen Wärme und es war nichts mehr zu hören.
Charlene fasste sich an den Kopf. "Jetzt fange ich auch schon an zu spinnen", stöhnte sie. "Was ist nur los mit mir? Womöglich ist nicht Ashton krank sondern ich."
"Mum, was ist los? Ich hab dich reden hören. Geht es dir nicht gut?" Unbemerkt war Christina von oben die Treppe herunter gekommen. "Mit wem hast du geredet?"
"Ich weiß es nicht." Unvermittelt begann die Frau zu schluchzen. "Ich verstehe gar nichts mehr. Seit wir hier sind, ist alles ganz anders."
"Sie war da. Ich habe ihren Schatten gesehen." Christinas Blick verlor sich irgendwo in der Ferne. "Sie ist unglücklich und sie will, dass wir ihr helfen."
"Wer ist –sie?", schrie Charlene gequält auf. "Kann mir mal jemand sagen, was hier vorgeht? Ich werde noch wahnsinnig, wenn das nicht bald aufhört."
Zärtliche Arme legten sich um ihren Hals. "Nicht weinen, Mum. Es wird sich alles bald auflösen. Sie hat gefunden, was sie gesucht hat. Und jetzt lass uns wieder schlafen. Dann können wir vergessen." Die Stimme des Mädchens klang ganz anders als sonst.
Charlene erstarrte. Deutlich spürte sie, dass ihre Tochter in diesem Moment nicht sie selbst war. Sie fühlte sich plötzlich so einsam und verlassen, dass sie am liebsten davon gelaufen wäre.
Sie sprang auf, von wilder Panik erfasst. "Christina, komm zurück. Was geschieht mit dir? Ich will das alles nicht. Lass diesen Alptraum aufhören." Sie riss ihre Tochter an sich und hielt sie ganz fest.
Langsam wich die Starre von dem Mädchen, es erschlaffte in den Armen der Mutter. "Was ist denn los, Mum? Warum sind wir hier? Ich habe doch geschlafen." Sie machte sich vorsichtig aus ihrer Umarmung los.
"Ja, Chrissi, wir haben geschlafen", antwortete Charlene leise. Sie war auf einmal unendlich müde. "Und genau das werden wir jetzt auch wieder tun." Sie brachte das Mädchen nach oben, wartete, bis es sich in die Kissen gekuschelt hatte. Dann deckte sie ihre Tochter liebevoll zu. "Schlaf gut, mein Schatz, und vergiss niemals, dass ich dich unendlich lieb hab."
"Ich weiß, Mum. Ich hab dich doch auch so lieb", murmelte Christina war anscheinend bereits im Halbschlaf. Sie hatte die Augen nur einen Spalt weit geöffnet und beobachtete jetzt, wie die Mutter die Treppe wieder hinunter ging. Dann stand sie wieder auf und trat ans Fenster. Angestrengt starrte sie nach draußen. Eine unerklärliche Sehnsucht war in ihr, eine Traurigkeit, die keinen Namen hatte. Oder doch?
9. Kapitel
Ashton Darwin lag am nächsten Morgen neben seiner Frau im Bett und schlief tief und entspannt, als hätte es die entsetzlichen Vorkommnisse der letzten Nacht nicht gegeben. Er erwachte als erster und drehte das Gesicht zur Seite, um Charlene ansehen zu können. Ein warmes Gefühl strömte zu seinem Herzen und er erkannte, wie sehr er sie doch liebte.
"Du bist ja da, Ashton." Charlene war ebenfalls gerade wach geworden, hatte sich jedoch nicht getraut, sich zu bewegen aus Angst, wieder einen Anfall ihres Mannes damit zu provozieren.
"Ja natürlich. Wo soll ich denn sonst sein?" Fragend blickte er sie an. "Hast du schlecht geträumt? Du siehst so übernächtigt aus."
Charlene merkte an seinem Verhalten, dass er keinerlei Erinnerung an die vergangene Nacht hatte. Wie sollte sie damit umgehen? Eine unerträgliche Sehnsucht nach Marvin war plötzlich in ihr, die sie sich nicht erklären konnte und die sie erschreckte. Im Moment erschien er ihr jedenfalls wie eine kleine Insel, auf die sie sich retten konnte, wenn es gar nicht mehr weiter ging.
"Ich habe tatsächlich sehr schlecht geschlafen", antwortete sie nach kurzer Überlegung. "Etwas ist an diesem Haus, das mir Angst macht." Sie zögerte, wusste nicht, ob sie weitersprechen sollte.
"Du bist ganz einfach überlastet, Darling." Er rollte sich zu ihr herum und versuchte, sie in die Arme zu nehmen. Das hatte er schon lange nicht mehr gemacht. "Ich verspreche dir, dass ich mich in
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