Die weiße Frau von Devils Rock
Weg, der dicht am Moor vorbei führte. "Da fahren wir, ich bin sicher, wir werden sie finden."
Da Marvin keine bessere Idee hatte und auch keine logische Begründung, es nicht zu tun, folgte er der Bitte des Kindes, obwohl er wusste, dass gerade dieser Weg gefährlich war. Warum also hätte Charlene ausgerechnet diese Richtung nehmen sollen?
Als er um die erste Wegbiegung kam wusste er auf einmal die Antwort. Charlene hatte nach Rochester Castle gewollt zu ihrer Tochter. Nur warum sie so einen großen Umweg über Devils Rock gemacht hatte, das konnte er sich nicht denken. Oder vielleicht doch!
Der Baum fiel ihm wieder ein. Immer dieser Baum. Aber er war wohl der Grund für alles Übel. Eigentlich hätte man ihn fällen sollen, damals schon, als Peter Barrymore dort sein Leben ausgehaucht hatte. Es war ohnehin verwunderlich, dass dieser Baum als totes Gerippe so lange noch bestehen konnte, ohne dass das Holz verfaulte.
"Dort liegt ihr Schal", schrie Christina auf, als sie den blauen Fleck in der Ferne erblickte. "Sie muss hier in der Nähe sein."
Marvin erschrak. Wenn Charlene hier vom Wagen gestürzt war, dann hatte sie nur eine geringe Chance, ohne größere Verletzungen geblieben zu sein, denn auf der linken Seite fiel es ziemlich steil ab und das Gebiet war voller großer Steine.
Hastig zog er die Bremse an, dann sprang er herunter. Christina folgte ihm sofort, noch immer schluchzend. Inzwischen dämmerte es bereits. Es war höchste Zeit, dass sie Charlene fanden. Mit jeder Minute, die verging, wurde es schwieriger.
Marvin lief auf den Hügel hinauf, weil er hoffte, von dort besser die Umgebung überblicken zu können. Er wünschte es sich so sehr, Charlene zu finden. Seit die Angst um sie ihn gefangen nahm wusste er, dass er sie mehr liebte als alles andere auf dieser Welt.
"Hast du sie gefunden? Siehst du sie?", fragte Christina schluchzend. "Sag doch was."
Marvin schüttelte den Kopf, bis ihm einfiel, dass sie es ja nicht sehen konnte. "Bis jetzt noch nicht", antwortete er, dann blieb sein Blick an etwas hängen, das nicht in die Landschaft passte. "Um Himmels willen…"
"Was ist?" Mit letzter Kraft stürmte Christina nun ebenfalls die kleine Anhöhe hinauf. Nach der Kuppe ging es steil nach unten, und genau dort war die Kutsche entlanggefahren.
Christina war seit ihrer Krankheit noch geschwächt, doch die Angst verlieh ihr ungeahnte Kräfte, die sie jetzt auch brauchte.
"Dort unten ist sie."
"Mum, was ist mit dir?" Christina hatte sie nun auch entdeckt. "Mum! Sag doch was." Sie lief den Abhang hinunter.
Marvin hatte aus dem Wagen noch seine Notfalltasche geholt und folgte nun dem Mädchen. Sein Herz klopfte heftig, und die Angst vor dem, was ihn gleich erwartete, wuchs ins Unerträgliche. "Charlene…"
Die Bewusstlose lag wie schlafend im Gras, die Augen geschlossen. Es war noch nicht ganz dunkel, so dass Marvin sie notdürftig untersuchen konnte.
"Ist sie tot?", fragte Christina schluchzend und hielt den Arm der Mutter krampfhaft an sich gepresst.
Marvin schüttelte den Kopf. "Sie atmet noch kräftig und gleichmäßig. Aber sie hat eine schlimme Wunde am Hinterkopf. Ich kann jetzt noch nicht sagen, was mit ihr ist. Jedenfalls scheint nichts gebrochen zu sein, das ist schon mal etwas." Er wagte noch nicht, aufzuatmen.
"Charlene…" Er wischte ihr das Blut aus dem Gesicht. "Kannst du mich verstehen?"
"Mum, wach auf. Sag doch etwas", schluchzte Christina. "Lass mich nicht allein."
"Wir müssen sie zum Wagen bringen", entschied der Arzt. "Du nimmst meine Tasche und ich werde deine Mutter nach oben tragen." Er nahm Charlene ganz vorsichtig auf seine Arme und machte sich auf den Aufstieg.
Verwundert stellte der Mann fest, dass sie leicht wie eine Feder war. Er trug sie den Berg hinauf und legte sie vorsichtig auf die Bank. Christina setzte sich zu ihr, während Marvin das Pferd am Zügel nahm und den Rest des Weges zu Fuß ging.
Es war bereits stockdunkel, als sie Glannagan erreichten. Marvin war erleichtert, als er Charlene endlich in seine Praxis gebracht hatte und sie noch immer lebte. Während Christina in seinem Wohnzimmer wartete untersuchte er der bewusstlosen Frau sorgfältig.
Charlene hatte tatsächlich nichts gebrochen, und er konnte nur hoffen, dass sie auch keine inneren Verletzungen davon getragen hatte. Doch noch war sie nicht zu sich gekommen. Vorsichtig nahm
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