Die weiße Frau von Devils Rock
einen Rückfall zu erleiden." Marvin war so erschrocken, dass er gar nicht anders konnte als zornig sein.
"Was weißt du denn schon."
"Ich weiß zumindest, dass du eine wunderbare Frau hast, die dich über alles liebt", beharrte Marvin, obwohl ihm jedes Wort unendlich schwer fiel.
"Ach, lass mich in Ruhe."
Der Zorn wurde immer stärker. Marvin hatte plötzlich den unwiderstehlichen Drang, sein Gegenüber packen und schütteln zu müssen. "Wach endlich auf, Ashton", sagte er jedoch nur.
"Musst du nicht in deine Praxis zurück?"
"Ich gehe gleich", antwortete der Arzt. "Ich weiß, dass du mich los haben willst, aber ich kenne nicht den Grund dafür. Vor zwei Tagen noch warst du bei mir und hast mich um Hilfe gebeten, und jetzt wirfst du mich hinaus. Ich verstehe dich nicht."
"Das musst du auch nicht", konterte Ashton. "Wer versteht mich schon? Serena beschuldigt mich, dass ich trinke, während sie mit allen Männern der Umgebung …"
Marvin wich zurück. Das war nicht mehr Ashton, nicht der Mann, den er noch vom Studium her kannte. Das war ein Anderer, ein Fremder in Ashtons Körper. Doch wie war so etwas möglich?
"Beruhige dich, Ashton", versuchte er es noch einmal. "Lass uns setzen und über alles reden."
"Ich werde dir meine Frau nicht überlassen, sie gehört mir, und das soll auch so bleiben." Ashtons Gesicht, bis eben noch totenbleich, rötete sich zusehends. Sein Blick verschleierte sich mit jedem unverständlichen Wort, das er sagte.
"Darum geht es doch gar nicht, Ashton." Der Arzt sprach absichtlich immer wieder den Vornamen seines Gegenübers aus, weil er hoffte, ihn damit zurückholen zu können. "Wo hast du die ganze Nacht gesteckt, Ashton?"
"Ich war…"
Marvin wartete, doch er sprach nicht mehr weiter. "Wo warst du?"
"Ich war… ich wüsste nicht, was dich das angeht", fuhr Ashton zornig auf. "Und jetzt geh bitte. Ich muss mich um meine Familie kümmern." Er reichte ihm die Hand.
Verwundert griff Marvin danach. Fast schien es, als würden im Augenblick zwei Männer vor ihm stehen, der eine war Ashton, den er schon sehr lange kannte, und der andere war…
"Gute Nacht, Marvin."
"Gute Nacht, Ashton", murmelte Marvin, ohne sein Gegenüber aus den Augen zu lassen. "Oder sollte ich lieber sagen, gute Nacht, Peter?"
Ashtons Gesicht verzog sich zu einer Grimasse, verzweifelt und gleichzeitig von Hass erfüllt. "Verschwinde", zischte er ihn an. Dann drehte er sich um und lief eilig die Treppen hinaus.
Unglücklich stand Marvin da und wusste nicht, was er tun sollte. Eine entsetzliche Angst war in ihm, wenn er daran dachte, dass Charlene und Christina diesem Mann schutzlos ausgeliefert waren und er selbst nichts anderes tun konnte als zu gehen. Immer wieder blieb Marvin stehen, als er wenig später zu seinem Wagen ging. Er wäre lieber geblieben, doch es gab hier nichts für ihn zu tun. Traurig stieg er in seinen Einspänner und fuhr davon. Doch sein Herz ließ er zurück.
17. Kapitel
"Sie ist hier, Mum. Ich kann sie ganz deutlich spüren. Du doch auch, nicht wahr?" Christina hatte sich ganz eng an ihre Mutter gekuschelt, die sich erschöpft ins Bett gelegt hatte.
"Wen meinst du, Darling?"
"Die Frau, die uns immer beobachtet."
Charlene bemühte sich, ihrer Tochter ihr Erschrecken nicht zu zeigen. "Kannst du mir sagen, warum sie uns beobachtet?"
"Sie ist hier – sie wohnt hier", murmelte Christina statt einer Antwort. "Sie wohnt im Keller." Ihr Blick war in weite Ferne gerichtet, als könnte sie dort alles sehen, was sie wissen wollte.
"Im Keller?"
"Dad hat sie im Keller eingesperrt."
Entsetzt fuhr Charlene auf. Sie packte ihre Tochter an den Schultern und schüttelte sie. "Was redest du da, Christina? Warum sollte dein Vater eine fremde Frau im Keller eingesperrt haben?"
"Er wollte das nicht."
"Komm zu dir, Christina", flehte die Frau. "Lass uns in den Keller gehen und die Frau befreien, die dein Dad dort eingesperrt hat. Vielleicht bekommen wir dann endlich Ruhe."
Christina erhob sich und lächelte zufrieden. Dann streckte sie die Hand nach der Mutter aus, um ihr beim Aufstehen zu helfen. "Komm", sagte sie nur.
In diesem Moment wurde die Türe aufgerissen und Ashton stand da, zitternd vor Zorn und dunkelrot im Gesicht. "Wo wollt ihr hin?", fragte er mit heiserer Stimme.
"In den Keller", antwortete Charlene leise. Sie
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