Die weiße Frau von Devils Rock
wusste, dass sie in diesem Augenblick in höchster Gefahr schwebte, denn ihr Mann war nicht mehr bei sich. Doch so, wie es zurzeit war, wollte sie auch nicht mehr weiter leben.
"Ihr bleibt hier", herrschte er sie an. "Im Keller ist nichts. Du bist verletzt und brauchst Ruhe, hat Marvin gesagt. Und ich werde dafür sorgen, dass du dich danach richtest."
"Warum, Dad?", fragte nun Christina und starrte den Mann an, ohne ihn wirklich wahr zu nehmen. "Hast du Angst?" Sie lächelte, doch es war nicht das Lächeln eines Kindes. Ihr Blick war frostig und schien dennoch innerlich zu glühen.
"Hört auf", schrie Charlene plötzlich und fuhr mit beiden Händen durch ihr langes Haar, als wollte sie jedes einzeln ausreißen. "Hört endlich auf mit dem Unsinn. Was ist denn nur los mit euch? Ich halte das nicht länger aus."
Ashton zuckte zusammen. Charlenes verzweifeltes Schreien holte ihn endlich wieder in die Gegenwart zurück. "Bist du verrückt geworden? Warum brüllst du denn so?", fragte er wütend. "Ich wollte doch nur, dass ihr beiden endlich Ruhe gebt. Ich werde jetzt jedenfalls auch gleich ins Bett gehen. Letzte Nacht bin ich kaum zum Schlafen gekommen vor Sorge um euch."
Charlene glaubte ihm das zwar nicht so richtig, doch sie sagte nichts. Sie spürte, dass sie in diesem Moment keine Möglichkeit hatte, etwas zu tun.
Vorsichtig schaute sie zu ihrer Tochter, doch auch Christina schien wieder das vernünftige liebevolle Mädchen zu sein, das immer Schutz bei der Mutter suchte, wenn die bösen Geister kamen. "Es ist Zeit für uns, Christina", sagte sie und streichelte dem Kind übers Haar.
Christina nickte. Dann ging sie wie in Trance zu ihrem Bett und legte sich angezogen hinein. Wie ein kleines Kind zog sie die Bettdecke ganz hoch, dass nur noch ihr Gesichtchen zu sehen war.
"Schlaf gut, Darling", sagte Charlene und beugte sich zu dem Mädchen hinunter. "Und zieh dich um, wenn wir draußen sind, ja?" Sie lächelte zärtlich, dann nahm sie Ashton an der Hand und verließ mit ihm das Kinderzimmer.
"Was sollte die Vorstellung, die ihr beiden vorhin geliefert habt?", fragte der Mann, als sie wenig später im Bett lagen. "Wolltest du mich erschrecken?" Er lachte hart auf. "Da kennst du mich aber schlecht, Darling. Mich kann man so leicht nicht durcheinander bringen."
"Ich weiß nicht, was du meinst." Charlene stützte sich auf ihren rechten Ellenbogen auf und beugte sich zu ihrem Mann hinüber. "Warum können wir nicht einfach eine ganz normale Familie sein, die im Moment ein paar Schwierigkeiten hat. Gemeinsam kann man alles schaffen, wenn man sich liebt."
"Wie meinst du das, Charly?" Ashtons Stimme war weich und zärtlich geworden. Sein Blick war wieder der, in den die junge Frau sich vor Jahren unsterblich verliebt hatte. "Bin ich denn nicht gut genug für euch?"
"So habe ich es nicht gemeint", protestierte sie. "Ich erinnere mich noch an unsere ersten Jahre. Wir waren so glücklich, und ich dachte, das würde nie mehr anders werden. Dann erfuhren wir, dass wir keine Kinder bekommen können…"
"Das musst du mir nicht immer vor Augen halten. Ich weiß, dass es an mir liegt." Er machte Anstalten, sein Bett wieder zu verlassen.
"Bitte bleib hier und lauf nicht wieder weg." Charlene hielt ihn am Ärmel fest. "Ich mache dir keine Vorwürfe, denn Christina ist für mich wie mein eigenes Kind. Ich liebe sie über alles, und wenn wir endlich wieder Frieden hätten so wie früher, dann wäre ich die glücklichste Frau unter der Sonne."
Ashton sank zurück in sein Kissen. Zweifelnd schaute er Charlene an. "Meinst du das im Ernst?"
Sie nickte.
"Was ist nur geworden aus uns?" Ashtons Stimme war nur noch ein Hauch. "Ich spüre, dass in mir etwas vorgeht, und ich weiß auch, dass es mit Christina und dieser furchtbaren Puppe zu tun hat. Wusstest du, dass unsere Tochter diese Puppe mitgebracht hat? Sie hat sie aus dem Abfall geholt, obwohl ich es ihr verboten hatte."
"Das hat sie nicht." Charlene schüttelte den Kopf. "Ich war die ganze Zeit mit Christina zusammen, ehe wir los fuhren. Sie hatte gar keine Möglichkeit mehr, ins Haus zu gehen. Zumindest hätte ich es gesehen."
"Dann warst du es."
"Nein, ich war schon in der Kutsche", widersprach die Frau heftig. "Du hast als Letzter das Haus verlassen. Ich weiß nicht, wie die Puppe in unser Gepäck gekommen ist, genauso wenig wie ich weiß, wie unsere Tochter an dieses
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