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Die weiße Garde

Die weiße Garde

Titel: Die weiße Garde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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Schlaf. Heute entlassen wir deinen Sklaven in Frieden … Es ist aus … Was weiter wird, weiß man nicht … Doch jetzt in Frieden … Unnötig quält sich der Mann … Selbst wenn man durchs Fenster schaut, merkt man sofort, daß nichts mehr sein wird … Peturra! Peturra! krächzt Alexej. Aber Peturra wird nicht mehr sein … Nein, es ist aus. Wahrscheinlich krähen irgendwo am Himmel schon die morgendlichen Hähne, also ist die ganze Kraft des Bösen weggeschmolzen, davongeflogen, hat sich in den Fernen hinter dem Schädelberg zu einem Knäuel geballt und kommt nicht wieder. Es ist aus. Für alle Fälle aber sitzen wir da und passen auf. Alexej soll schlafen, und wenn der Morgen graut, legen wir uns auch hin und schlummern.

    Scherwinskis Hände füllten sich plötzlich mit roten Karten. Zitternd, räuberisch blickte er auf das, was er gekauft hatte, und sagte:
    »Zwei Herz.«
    »Verdammt, haben die ein Schwein«, knirschte Nikolka, der lauter kleine Pik hatte und verliebt die Treffdame betrachtete, die Irina Nai ähnlich sah, und um höher zu kommen, rief er:
    »Vier Herz.«
    »Fünf Karo«, sagte Jelena.
    »Fünf Herz«, riskierte Lariossik und rollte die Augen so heftig, daß Nikolka sich demonstrativ bekreuzigte.
    »Wir lassen nicht spielen«, blaffte Nikolka und erklärte mit rollenden Augen: »Kleine Pik.«
    »In Herz«, kaufte Jelena.
    »Ach«, seufzte Nikolka. »Nimm, nimm.«
    Die Karten raschelten. Scherwinski zuckte zusammen, als er von Jelena vier Herz bekam. Er schob drei Treff weiter und dachte: Verdammt, hoffentlich hat nicht einer blank, dann schlug er feierlich die Glocke:
    »Große Herzflöte.«
    Lariossik überlegte, überlegte, dann knallte er das Pik As auf den Tisch mit der schwachen Hoffnung, Nikolka werde stechen, aber leider hatte Nikolka die Hand voller Pik. Scherwinski stach das As mit der Herz drei. Dann breitete er triumphierend zwölf Karten aus. Sie waren durchweg rot. Die roten Herzen leuchteten auf der grünen Wiese mit den weißen Zahlen. Elf rote Karten leuchteten auf dem Tisch, nur die zwölfte war das Karo As.
    »Schon mal gesehen?« fragte Scherwinski siegesbewußt.
    Die Partner waren geschlagen.
    Draußen, weit weg, ein schwerer Kanonenschuß. Die vier Spieler machten große Augen. Dem ersten Schuß folgte ein zweiter, ein dritter.
    »Ein Kampf?«
    »Ja.«
    Die dumpfen Schläge folgten in regelmäßigen Intervallen. Leise klirrten die Fensterscheiben der Veranda. Geschossen wurde irgendwo am Dnepr in Podol. Vielleicht direkt am Ufer. Scherwinski war aufgestanden, er bewegte langsam die Lippen und zählte:
    »Neunundzwanzig … Dreißig … Einunddreißig …«
    Die Schläge verstummten. Man wechselte verständnislose Blicke. Scherwinskis Augen glänzten triumphierend.
    »Wißt ihr, was das ist?« fragte er und antwortete sich siegesbewußt selbst: »Da wird Salut geschossen. Einunddreißig Schüsse.« Er wölbte die Brust vor und sagte: »Ich gratuliere, meine Herrschaften. Die Bolschewiken haben die STADT genommen. Ihre Batterie schießt irgendwo am Dnepr.«
    Die schwarze Uhr ging und ging. Sie zeigte den Beginn der 4. Stunde des 3. Februar 1919.
    Um vier schlief das kleine einstöckige Haus am Alexejewski-Hang unruhig. Es war eine warme Familiennacht in dem noch nicht zerstörten Heim Anna Wladimirownas. Schlaftrunkenheit wandelte in dem dunklen Wohnzimmer, wogte in den geschichteten Schatten. Der Ofen spendete den alten Zimmern noch Wärme. Vor den Fenstern erblühte immer siegreicher die eisige Nacht über der Erde. Die silbrige Milchstraße strahlte am Himmel, dort spielten die Sterne, dort schrumpfte und wuchs der Stern Venus.
    In den warmen Zimmern nisteten Träume. In seinem Zimmer schlief der älteste Turbin. Das unvermeidliche winzige Lämpchen, treuer Freund der Nächte (Turbin konnte im Dunkeln nicht schlafen), leuchtete neben dem Bett auf einem Stuhl. Die Taschenuhr tickte. Der Traum entfaltete sich. Es war ein schwerer, kranker, eifersüchtiger Traum. In seiner schrecklichen Klarheit war er prophetisch. Ach, Julia Reiß quälte Alexej Turbin. Alexej liebte die geheimnisvolle Julia.
    Es ist eine scheußliche Nacht. Verstehen Sie, es ist Nacht, doch alles ist zu sehen wie am Tag. Zugleich ist es dunkel. Und da schleicht, schleicht Alexej über die Terrassen des schönsten Gartens der Welt zu dem Häuschen. Er schleicht einem unbekannten Mann hinterher, der trägt einen schönen Zobelkragen, einen teuren Mantel und hat Gamaschen an den Füßen. Von Zeit zu Zeit ist

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