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Die weiße Hexe

Titel: Die weiße Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Maria Hilliges
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Mein juju-
    Armreif je-
    denfalls war günstig, schön und hat, wer weiß das schon so genau, wohl geholfen. Denn das Glück kam wieder; wenn auch nicht sofort.
    Im Taxi zurück setzten Rhodas Wehen ein, was bei den löchrigen Straßen auch zu erwarten war. Der Taxifahrer setzte uns in der Nähe von Moses' Haus ab, und wir mußten wieder den „oibo-oibo“-
    Marsch. machen. Rhoda ließ sich trotz Wehen nicht beim Tragen helfen, manövrierte ihre Einkaufstasche erhobenen Kopfes dem Ziel entgegen. Ich lief hinterdrein. Was Rhoda trotz Wehen und Lasten mühelos gelang, schaffte ich nicht: Beim Balancieren über eines der schmalen Bretter, die über die Jauchegräben führten, rutschte ich ab. Platsch, steckte mein Fuß im Matsch. Den Fuß bekam ich wieder raus, aber der Schuh blieb drin. Solch profane Widrigkeiten kann eben auch ein magischer juju-Reif nicht verhindern.
    „Oi-bo, oi-bo!“ scholl es in meinen Ohren.
    Oje, oje! Wie bekommt man einen Schuh aus der Jauche? Ein alter Mann erschien; er hatte einen Stock dabei, der sich vorzüglich zum Schuhangeln in Jauche eignete. Sollte ich den versauten Schuh wieder anziehen? Als Tochter einer Krankenschwester fallen mir sofort mindestens zwei Krankheiten ein, wenn ich nur an den Jauche-Schuh denke. Ich lief barfuß zurück. Womit ich immerhin ein gutes Werk tat. Am nächsten Tag zierten meine gereinigten Schuhe die Füße einer Nachbarin.
    Jede Frau hat ihre eigene Erinnerung an das erste Kind. Dennoch scheint es mir, als gäbe es nur zwei Arten zu gebären: unter endlosen Qualen oder schnell und fast ohne Probleme. In meinem Leben scheint alles nach der Qual-Methode zu laufen, auch das Kinderkriegen. Janet befand sich in der Stirnlage, die Wehen wollten nicht enden. John kam nach einer für mich schmerzensreichen und für ihn alkoholfeuchten Nacht am Morgen ins Krankenhaus. Das Baby war noch nicht da. Man ließ ihn nicht zu mir, doch er lamentierte so lange, bis die Hebamme nachgab. Ich war fertig mit der Welt, und da sagte John doch tatsächlich, daß eine Frau Schwierigkeiten mit der Geburt habe, wenn sie fremdgegangen sei. Er wollte so lange bei mir bleiben, bis ich gestand, daß ich ihn betrogen hatte. Die Hebamme schmiß ihn raus.
    Endlich, Sonntag nacht um kurz nach zwei, kam Janet. Mir half die Rückenmarksnarkose, ihr eine Zange. Und während all dieser Zeit lag ich an Schläuche und Wehenschreiber gefesselt auf dem Bett.
    Nachdem ich durch dieses Tor der Schmerzen gegangen war, kam John ins Krankenhaus, ausgeschlafen, frisch rasiert und mit einem reichhaltigen Frühstück im Magen, um unser gemeinsames Kind zu begutachten. „Es ist ein Mädchen.“ Zwei Jahre später, als sich Bobby, das Riesenbaby mit fast fünf Kilo, aus meinem Leib gequält hatte, sagte er mit stolzgeschwellter Brust: „Mein großer Junge.“
    Wie anders lief das hier ab, in dieser langgestreckten Hütte neben den stinkenden Gräben! In den folgenden Stunden sollte ich Rhoda, von der ich schon wußte, daß sie hart im Nehmen war, bewundern lernen. Sie hatte nie zuvor einen Arzt konsultiert, kannte weder Vorsorgeuntersuchung noch Ultraschall. Als die Wehen bereits im 5-Minuten-Abstand kamen, legte sie sich nicht etwa hin, setzte sich nicht, stöhnte kaum. Nein, Rhoda begann zu kochen. Im Hof hockte sie sich neben die anderen Frauen auf einen Schemel an der Feuerstelle. Die Frauen kochten riesige Mengen warmer Nahrung.
    Ich fragte mich, wer das alles essen sollte - es reichte für mindestens zwanzig Personen, und wir waren zu sechst.
    Niemand schickte nach einem Arzt. Mit der einbrechenden Dunkelheit verzogen sich die Frauen in ihre Häuser, da sie sich im Dunkeln nicht mehr nach draußen wagten. Irgend jemand hatte vorher einen Jungen zu einer sehr dicken Frau gesandt, der Hebamme. Die Frau, Rhoda und ich zogen uns in Rhodas Zimmer zurück. Die zahlreichen Türen des Hauses wurden wie üblich versperrt, Rhodas Tür noch einmal separat. Eine normale Nacht.
    Seitdem Moses und John nach Ibadan zum Medizinmann aufgebrochen waren, war ich in Rhodas Zimmer einquartiert, in dem sich ein schmiedeeisernes Bett befand.
    Als die Wehen immer schneller kamen und Rhoda pressen mußte, hielt sie sich in einer Hockposition halb aufrecht am Gitter des Bettes fest. Und so entband sie auch - in der Hocke auf dem Steinboden, den nur Blätter der wilden Traube bedeckten. Die Hebamme
    hatte Rhoda während der Wehen ziemlich unsanft mit Daumen und Zeigefinger der linken Hand den Bauch massiert. Geschickt fing

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