Die Weiße Ordnung
Küchen, Ställe, eine Waffenkammer, Kasernen für die Weiße Garde und Lanzenreiter und, fast eine halbe Meile weiter nördlich, die Krippe, wo die Kinder der Weißen Magier aufgezogen wurden.
Nun war Cerryl schon seit fast zwei Jahreszeiten hier und er konnte es immer noch nicht glauben, dass er in den Gildehallen der Magier lebte.
Auf der anderen Straßenseite zog ein Gespann von vier schwarzen Pferden einen hohen braunen Wagen vom Platz.
»Sarronnesische Teppichhändler. Fairhaven mögen sie nicht sonderlich, unser Geld jedoch schon.« Faltar lachte.
»Woher weißt du das?«
»Mir sind ihre Wagen schon aufgefallen, noch bevor Derka mir von ihnen erzählt hat. Ich glaube, seine Familie besteht fast nur aus Händlern.«
»Was weißt du über deine eigene Familie?«
Faltar zuckte mit den Schultern. »Nichts. Mein Vater war ein Magier. Ich frage mich oft, ob Derka vielleicht … Aber ich weiß es nicht. Darüber sprechen sie niemals.«
»Tut mir Leid. Das war unüberlegt von mir.«
»Du warst ein Schreiberlehrling …«, sagte Faltar freundlich.
»Das habe ich dir schon erzählt, oder?« Cerryl wusste nicht mehr genau, was er wem schon erzählt hatte, aber mit Faltar glaubte er darüber gesprochen zu haben.
»Ja. Gleich als du zu uns kamst.« Der blonde Magierschüler blickte hinauf zu den Wolken im Osten. »Wir sollten uns lieber beeilen. Das sieht nach Regen aus.«
»Es wird noch eine Weile dauern, aber der Wind ist sehr angenehm.« Cerryl ging schneller, die Bewegung tat ihm gut.
»Manchmal … da frage ich mich, wie es wohl wäre, wenn ich ein Handwerk beherrschen würde, meine ich.«
»Das ist etwas ganz anderes. Ich vermisse die Sägemühle nicht.«
»Sägemühle?«
»Oh, ich arbeitete als Mühlenjunge, bevor ich zu Tellis in die Lehre gekommen bin. Die Winter waren kalt und oft glaubte ich, ich würde mich nie mehr erwärmen. Dylert war gut zu mir, aber die Arbeit wurde immer schwerer, je größer ich wurde.«
Faltar verlangsamte seinen Schritt, als er Cerryl von der Seite ansah. »Keiner würde das vermuten. Du bist nicht sehr groß. Das Schreiberhandwerk passt besser zu dir.«
»Dünn und schmächtig?«
Faltar wurde rot.
Cerryl musste lachen. »Es stimmt. Ich weiß es.«
Zwei Mädchen, wahrscheinlich nicht viel älter als Pattera, verschwanden beim Anblick der weißen Tuniken schnell in einer Seitenstraße zwischen den prächtigen Häusern mit den nun braunen Bäumen und Gärten.
»Sie waren ohnehin nicht so hübsch«, bemerkte Faltar.
»Wer?«
»Die Mädchen. Magst du keine Mädchen?«
»Doch. Aber ich habe gerade nicht hingesehen.«
»Hast du schon einmal ein Mädchen gehabt? Du könntest es jederzeit, wann immer du willst.«
»Nein. Die Gelegenheit hätte sich mir schon geboten, aber …« Cerryl fragte sich, wie es Benthann wohl ging. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass es falsch wäre, zurück zu Tellis zu gehen, er wusste nur nicht, warum.
»Du hast nicht …?« Faltars Stimme ging nach oben.
»Es hätte mir große Schwierigkeiten einbringen können.«
»Nun … hier ist es anders. Wenn du ein williges Mädchen findest … die meisten werden nicht nein sagen.«
»Warum? Weil die Gilde Unterhalt bezahlt?« Cerryl hatte Mühe, seine Stimme nicht scharf klingen zu lassen.
»Nun ja … es ist besser so.«
»Das glaube ich auch.«
Nach einem Augenblick fragte Faltar: »Du hast schwere Zeiten mitgemacht, habe ich Recht?«
»Wie kommst du darauf?«
»Ich weiß auch nicht, aber du siehst die Dinge immer irgendwie anders. Und du bist so still. Manchmal, wenn du irgendwo sitzt oder stehst, ist es, als wärst du gar nicht da.«
»Manchmal wünsche ich mir, es wäre so. Besonders jetzt.«
»Derka behauptet, einige von ihnen könnten es. Sie breiten Licht um sich aus. Es gibt angeblich noch eine andere Möglichkeit, aber er will mir nicht sagen, welche. Er meint, es wäre nicht gut.«
Schon wieder Licht – immer das Licht. Cerryl nickte.
»Warum willst du unsichtbar sein?«
»Ich bin es bereits. Kesrik, Bealtur, sie wollen nicht, dass ich hier bin. Ich bin nicht der Sohn eines Magiers und ich komme auch nicht aus reichem Hause.«
»Kinowin auch nicht.«
»Er sieht so aus, als hätte er ihnen mit Gewalt eingebläut, ihn anzuerkennen. Er ist immerhin einen Kopf größer als Jeslek.«
»Creslin war angeblich sehr klein.«
»Aber er war doch ein Schwarzer Magier.«
»Macht hat nichts mit der Körpergröße zu tun«, sagte Faltar.
Wirklich? Cerryl warf einen Blick auf das
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