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Die Weiße Ordnung

Titel: Die Weiße Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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darüber nachzudenken, und zögere nicht, Myral zu fragen. In dieser Hinsicht ist er ein guter Lehrer.« Jeslek lächelte sein stets nur oberflächliches Lächeln. »Du kannst gehen. Und wie gesagt, Myral erwartet dich bereits.«
    »Danke, Ser.«
    »Du bist uns willkommen und eines Tages wirst du verstehen, wie willkommen. Guten Tag, Cerryl.«
    Cerryl verbeugte sich noch einmal, bevor er ging.
    Fast jedes Mal in den beinahe zwei Jahreszeiten, die Cerryl nun in den Hallen verbracht hatte, hatte der Magier ihn beunruhigt, wenn er ihm einen Besuch abgestattet hatte, und auch dieses Mal hatten seine Worte so auf ihn gewirkt. Cerryl ging die Stufen hinunter und hinaus aus der Halle in den Hof, vorbei am Springbrunnen. Der Wind trug eine leichte Gischt zu ihm herüber, die sich wie Eis auf seinem Gesicht anfühlte.
    Jeslek hatte angedeutet, dass Kesrik vielleicht Chaos-Feuer auf Cerryl schleudern würde. Warum? Weil Cerryl nicht der Sohn eines Magiers war? Oder der von reichen Eltern? Oder aus anderen Gründen? Dann hatte Jeslek ihm zu verstehen gegeben, dass Myral ein guter Lehrer war, aber nicht sonderlich gut auf anderen Gebieten. Doch an was fehlte es diesem Magier? Und schließlich war Jeslek eindeutig der Meinung, dass Cerryl ihm großen Dank schuldete. Dafür, dass er Cerryl am Leben ließ?
    Der schmalgesichtige Magierschüler holte tief Luft, als er den Hintereingang zur vorderen Halle nahm, und noch einige Male mehr, bevor er den zweiten Treppenabsatz des Weißen Turmes erreicht hatte.
    »Jeslek hat dich bereits angekündigt.« Der ältere, runde Magier mit dem dünnen schwarzen Haar öffnete die Tür, noch bevor Cerryl anklopfen konnte, und bedeutete dem jungen Mann einzutreten.
    Myrals Gemächer waren kleiner als die von Jeslek und Sterol und eine ganze Wand des einzigen, fast quadratischen Raumes stand voller Bücher – mindestens ein Drittel der gesamten Menge, die sich in der Bibliothek befand. Praktisch direkt unter dem durch Läden geschlossenen Fenster stand ein schmales Bett, zwar breit genug für eine Person, aber doch ein Gegensatz zu den geräumigen Betten, die Sterol und Jeslek bevorzugten. Vor dem Fenster sah Cerryl die Hauptstraße, die zum Platz der Handwerker führte.
    An der Wand gegenüber der Bücherregale standen zwei Schreibtische und ein runder Tisch mit einem Spähglas und vier Stühlen. Auf einem der Stühle – gegenüber dem Spähglas – saß eine rotblonde Frau in grüner Kleidung. Vor ihr lag ein dicker Wälzer aufgeschlagen. Cerryl blieb wie angewurzelt stehen.
    »Ah, du hast Leyladin bestimmt schon einmal hier in den Hallen gesehen.« Myral machte eine fahrige Handbewegung von Cerryl zu Leyladin, als er sich an die junge Frau wandte. »Das ist Cerryl. Wie du stammt er nicht aus der Krippe oder von Magiereltern ab. Er war bei einem Schreiber in der Lehre.« Der Magier lächelte, ein Lächeln, das Mund und Augen mit einbezog. »Nun muss ich ihm etwas über Kanäle und Unrat beibringen.«
    »Schön, Euch hier zu sehen.« Leyladin stand auf und blickte Cerryl geradewegs in die Augen. Ein amüsiertes Lächeln umspielte ihre Lippen, ihre dunkelgrünen Augen funkelten ein wenig.
    »Ich bin erfreut, Euch kennen zu lernen.« Als er sich verbeugte, fühlte Cerryl, dass sie durch ihn hindurchsah. Sie wusste genau, dass er sie schon durch sein Glas gesehen hatte; durch das Glas, das wahrscheinlich noch bei Tellis in der Wand versteckt war.
    »Ich sollte gehen«, sagte sie zu Myral und bewegte sich weg vom Tisch. »Bevor sie …«
    »Nein. Das wird noch einen Moment dauern.« Myral lächelte und drehte sich zu Cerryl. »Schenk mir deine Aufmerksamkeit, Cerryl, und nicht der jungen Dame.«
    Cerryl wurde rot.
    »Ich bin nicht annähernd so schön anzuschauen, das weiß ich, aber wir müssen uns auf die Arbeit vorbereiten.«
    »Ja, Ser.«
    »Fairhaven ist eine saubere Stadt.« Myral sprach mit hoher, fast kieksender Stimme und deutete mit dem Finger ungefähr in die Richtung der Tür – oder zum Platz. »Wenn du einmal in andere Städte reist, wirst du beobachten, dass sie dort ihre Nachttöpfe und alles andere auf die Straßen kippen, und deshalb stinkt es entsetzlich.« Der Magier rümpfte die Nase. »Fairhaven ist sauber und eine unserer Aufgaben ist es, unsere Stadt auch weiterhin sauber zu halten …«
    Myral wandte sich den Büchern zu und Cerryls Augen wanderten sogleich wieder zu Leyladin.
    Ihre Augen waren so grün wie ein tiefer Ozean. Sie zeigte auf Myral, als wollte sie damit sagen,

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