Die Weiße Ordnung
Eisklötzen werden, auch die dicke weiße Hose nützte nichts. Er verlagerte sein Gewicht auf dem harten Holzstuhl und bemerkte dabei den Apfelweingeruch aus dem Becher des Magiers.
»Das ist ein Grund. Zu dem anderen kommen wir später.« Myral trank noch einmal vom Apfelwein. »Man muss wissen, dass Fairhaven nur deshalb zu dem geworden ist, was es heute ist, weil es eine geordnete Stadt ist.« Myral lächelte milde. »Ich habe absichtlich das Wort ›geordnet‹ verwendet, aber das sollte nicht außerhalb der Gilde weiter erörtert werden.« Er hielt inne. »Und selbst innerhalb der Gilde nicht, außer mit mir … oder wenn Sterol oder Jeslek das Thema anschneiden. Niemals mit anderen.«
»Ja, Ser.«
Myral zog die Augenbrauen hoch. »Es gibt einen Unterschied zwischen Gedanken und Wörtern. Vergiss das nicht.«
»Nein, Ser.«
»Wie ein gesunder Mensch auch braucht eine gesunde Stadt Nahrung, eine klare Struktur, frisches, sauberes Wasser und einen Weg, um Unrat zu beseitigen. Die Aquädukte versorgen uns mit Wasser und die Abwasserkanäle transportieren den Unrat weg; die Aufgabe der Gilde ist es sicherzustellen, dass das restliche Gebilde der Stadt funktioniert. Überrascht es dich, dass die Gilde die Weiße Ordnung ist?«
»Äh …« Cerryl war nicht wirklich überrascht, aber ein wenig staunte er schon.
»Du musstest dich bisher um wichtigere Bedürfnisse kümmern. Ich kann mir vorstellen, dass du dich mehr fürs Essen interessiert hast als für die Gilde. Das ist ein Grund, warum Sterol das bestehende Regelwerk großzügig ausgelegt hat, um dich zulassen zu können.« Myral lächelte. »Was die Ordnung betrifft … die meisten Mitglieder der Gilde wollen sie nicht zulassen und sie zollen den Schwarzen nur ungern Anerkennung … aber man kann Ordnung und Chaos nicht trennen und damit überleben.«
Cerryl nickte, weil er nicht wusste, was genau Myral von ihm erwartete.
»Aber genug des Philosophierens. Morgen oder übermorgen, wenn sich das Unwetter gelegt hat, wirst du anfangen, die Kanäle zu säubern, und darin vieles finden, was repariert werden muss. Es gibt einige Dinge, die du in den Kanälen immer bedenken musst.« Myral lachte belustigt. »Erstens, sieh immer nach oben und nach unten. Die Leute achten nicht darauf, was unter ihnen ist, wenn sie die Kanaldeckel öffnen. Und die Steine, auch auf den Wegen, können bröckeln oder glitschig sein.«
Cerryl saß still da. Kanäle sauber machen? Das war der Kanaldienst?
»Zweitens … du wirst von Lanzenreitern begleitet … für sie ist es eine Disziplinarstrafe … Bedenke, welche Gardisten du bei dir hast …« Der Magier zuckte die Schultern.
Gardisten im Kanal? Cerryl befeuchtete sich die Lippen.
»Wir tun unser Möglichstes, um die Kanäle von Unrat und Abwässern frei zu halten … deshalb sind auch die Kanaldeckel so klein. Die Leute sollen keinen größeren Abfall hineinwerfen, wie Äste oder Leichen.« Myral schnitt eine Grimasse. »Immer wieder findet man Leichen – meistens Kinder – und dann müssen wir herausfinden, wer sie getötet hat. Doch dazu komme ich später. Solltest du eine Leiche finden, lass sie liegen und schick einen Boten zu mir.«
Gardisten und Leichen? Was lauerte in den Kanälen nur auf ihn? Die Tür zur Turmtreppe knarrte und Cerryls Augen folgten dem Geräusch, doch dann konzentrierte er sich wieder auf Myral.
»Bei Ästen und jeder anderen Art von Müll, der nicht auf ein Verbrechen hinweist, bleibt es dir überlassen, wie du den Tunnel und die Gänge davon befreist.«
Cerryl runzelte die Stirn. »Mit Chaos-Kraft, Ser?«
»Wie sonst?« Myral lächelte breit. »Wie denn sonst? Du kannst sie mit Sicherheit erzeugen.« Ein Schatten legte sich über Myrals Gesicht, jedoch nur so kurz, dass Cerryl sich gar nicht mehr sicher war, ob er ihn wirklich gesehen hatte. »Es knistert um dich herum. Hör zu, Cerryl, diejenigen, die Chaos-Kräfte lenken können, sind gesegnet und zugleich verflucht. Jemand, der das Zeug zum Schwarzen Magier hätte, muss nicht darunter leiden, wenn er sich dazu entschließt, sein Talent brachliegen zu lassen. Jemand, der die Begabung besitzt, die Weißen Kräfte des Chaos zu steuern, hat diese Wahlmöglichkeit nicht. Das Chaos ist so mächtig, dass es gelenkt und diszipliniert werden muss. Wenn nicht, zerstört es jeden mit dem Talent, es zu steuern. Man kann es nicht einfach ignorieren. Mit der Zeit zerstört es sogar die Disziplinierten unter uns.«
Myrals Gesichtsausdruck wurde nun
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