Die Weiße Ordnung
Scharnierbolzen bewegen, die fast so dick wie seine Handgelenke waren.
»Lehn es an die Wand.«
Ein Bronzering ragte aus der Wand des Lagerhauses und konnte durch die Gitterstäbe gezogen werden. Myral sperrte das Gitter an den Bronzering und steckte den Schlüssel in seine Börse. Die zwei Gardisten standen in sicherer Entfernung zu der quadratischen Öffnung.
»Hast du gesehen, wie es geht?«
»Ihr habt irgendetwas mit der Dunkelheit gemacht.«
»Genau.« Myral lächelte. »Alle Kanalschlösser sind mit Chaos belegt. Ich erkläre es gleich.« Er wandte sich an die Gardisten. »Bleibt hier, bis wir zurückkehren.«
»Ja, Ser.« Der ältere, graubärtige Wachmann nickte.
Myral stieg auf die oberste Stufe und machte sich auf den Weg nach unten.
Cerryl warf einen Blick über die Schulter auf das Bronzegitter, das Myral angeschlossen hatte, und auf die zwei Weißen Lanzenkämpfer, die den Eingang zum Hauptkanal bewachten. Ein Grinsen erschien auf den Lippen des größeren und jüngeren Wachmanns, doch es verschwand schnell wieder.
Den Blick nach unten gerichtet, folgte Cerryl dem Magier in die Dunkelheit, die die Öllampe, die Myral die schmale Ziegeltreppe ohne Geländer hinuntergetragen hatte, kaum zu erhellen vermochte. Die Schritte hallten von den harten Ziegelwänden wider.
Die ersten Gerüche – eine Mischung aus Dung, Fisch und verdorbenem Fleisch oder noch Schlimmerem – ließen Cerryl beinahe würgen.
»Daran wirst du dich gewöhnen«, rief Myral über die Schulter.
Niemals … Ich hoffe niemals. Cerryl schluckte und stieg weiter hinab. Verzweifelt versuchte er, nicht an die Quelle dieses fauligen Geruchs zu denken.
Am Fuß der Treppe drehte sich Myral um und wartete.
Der Hauptkanal war ein viereckiger Tunnel aus roten glasierten Ziegelsteinen, das Granitgewölbe befand sich gut zwei Ellen über Cerryls Kopf. Auf der linken Seite verlief ein Fußweg, meist etwa zwei Ellen breit, nur an den Stellen nicht, wo die ellenbreiten Stufen hinabführten. Rechts vom Fußweg verlief ein Graben, in dem die Abwässer flossen; die Oberfläche der trüben Brühe reichte bis ungefähr eine Elle unter den Fußweg.
»Bei Regenwetter kann das Wasser bis zur Hälfte der Treppe steigen.« Myral hielt inne und fügte dann hinzu: »Wir arbeiten nicht in den Kanälen, wenn es stärker regnet.«
Cerryl schaute zurück zu den Stufen und stellte sich all das dreckige Wasser vor, das durch die Tunnel rauschte.
»Die Seitenkanäle sind gerade hoch genug, um darin aufrecht gehen zu können – manchmal – und die Zubringer sind nicht mehr als gemauerte Ziegelgräben, höchstens ein oder zwei Ellen im Quadrat.«
Cerryl beschloss, erst einmal nicht zu fragen, wie er die Zubringer reinigen sollte.
»Am Anfang musst du nicht in den Zubringern arbeiten. Du fängst mit den Nebenkanälen an, wenn ich sicher bin, dass du die Arbeit bewältigen kannst. Nun gehen wir ein Stück weiter, bis der Fußweg etwas glitschiger wird. Es ist nicht weit.«
Ein Dutzend Ellen weiter entfernt von den Stufen blieb Myral erneut stehen. »Nun werde ich dir zeigen, wie man mithilfe von Chaos den Schmutz beseitigt. Sieh mir zu, mit Augen und Sinnen.«
Als sich der Magier der Dunkelheit zuwandte, fühlte Cerryl das sich zusammenbrauende Chaos. Ein weißes, unsichtbares Feuer schien um den Magier zu flackern; doch hinter der Weiße des Chaos stieg ein dunkler Nebel auf, eine wässrige Dunkelheit. Die gleiche Dunkelheit hatte Myral bei dem Schloss angewendet, doch hier war es mehr.
Nun tanzten Flammen über die Steine des Fußweges. Wo kurz vorher noch grünschwarzer Schleim geklebt hatte, waren nur noch pudriger weißer Staub und saubere Steine zu sehen.
»Was hast du gespürt?«
»Einen schwarzen Nebel und Chaos-Kraft dahinter.«
»Das Schwarze war ein Ordnungs-Schild. Wenn es nicht zurückgehalten wird, dehnt sich das Chaos unkontrollierbar in alle Richtungen aus. Deshalb versuchen nur wenige Leute die Kanalgitter zu öffnen. Wer es versucht, stirbt für gewöhnlich.«
»Ihr packt Chaos in das Schloss?«
»Die Leute würden die Kanäle zu allen möglichen Zwecken benutzen, täten wir das nicht. Nun sieh noch einmal her.«
Myral wiederholte den Vorgang und Cerryl versuchte zu erfassen, wie sich das Zusammenziehen und Loslassen anfühlte, wenn das Chaos-Feuer vom Magier wegschnellte und nur einen sauberen Kreis auf den Steinen zurückließ.
»Hast du gesehen?«
»Ich glaube schon.«
Myral drehte sich zu Cerryl. Eine kleine Flamme
Weitere Kostenlose Bücher