Die Weiße Ordnung
Jesleks stand, zog nur die Augenbrauen hoch.
Jeslek lächelte. »Ihr alle zweifelt noch, doch bald wird es keinen Zweifel mehr geben. Die Erde selbst wird in Gallos aufbrechen, ihr werdet es sehen.« Er machte eine rüde Handbewegung zu Anya und Fydel. »Legt Eure Schilde nieder und schützt die Erde unter Euch. Denn ich werde das Chaos unter Euch erheben und Euch darin schmoren lassen, wenn Ihr meine Befehle nicht befolgt.«
»Jeslek …« Anya sprach mit ruhiger Stimme.
»Ich werde es tun und Ihr könnt mich nicht aufhalten. Auch Sterol wäre nicht in der Lage dazu. Nun tut, was ich sage.«
»Wie Ihr wünscht, Obermagier«, fügte sich Anya.
»Wie Ihr wünscht«, betete Fydel nach.
Cerryl beobachtete mit Augen und Sinnen, was nun geschah. Eine unsichtbare Dunkelheit sammelte sich in den Felsen, auf dem die beiden richtigen Magier standen, eine rötliche Weiße erwuchs aus der Tiefe, wuchs und verteilte sich um sie herum. Ein Arm davon schien zur Seite zu wandern, den Hügel hinauf und auf die Steine zu, auf denen die Pferde der Schüler unruhig schnaubten.
Schweigend baute Cerryl seinen eigenen Schild auf. Während er das tat, fühlte er die Gegenwart eines anderen Schildes unter der Erde und sein Blick wanderte zur Seite. Lyasa nickte. Keiner von beiden sprach ein Wort.
Wärme stieg rundherum auf und der braune Wallach tänzelte nervös umher, er warf den Kopf zurück und wieherte. Geistesabwesend tätschelte Cerryl den Hals des Pferdes. »Ruhig … ganz ruhig …«
Einen Schild aufrechtzuerhalten war niemals einfach, aber noch dazu auf einem Pferderücken, während gleichzeitig die Erde bebte, das war fast unmöglich. Cerryl wusste genau, dass Jeslek entweder wieder eine seiner Prüfungen durchführte – oder er versuchte, einen »Unfall« zu provozieren, um einen unliebsamen Magierschüler loszuwerden. Doch es spielte ohnehin keine Rolle.
Mit aller Kraft bündelte Cerryl die Ordnung um sich und die anderen und leitete das Chaos zurück zu dieser gewaltigen Ansammlung, die Jeslek aus der Tiefe der Erde geholt hatte, von so tief unten, dass Cerryl nicht feststellen konnte, wo Jeslek auf solche Kräfte gestoßen sein konnte.
Die Erde grollte.
Wiehernd warf der Braune den Kopf zurück, machte einen Satz zur Seite auf Anyas Pferd zu, eine schwarze Stute, die dem Wallach die Zähne zeigte.
»Ruhig …«, murmelte Cerryl. »Ruhig.«
»Dunkelheit …«, flüsterte Kochar. »Die Dunkelheit über uns alle.«
»Chaos ist wahrscheinlicher«, erwiderte Lyasa scharf. »Pass auf deine Schilde auf, wenn du nicht gebraten werden willst.«
Langsam bewegte sich die unterirdische Chaos-Ansammlung westwärts, weg vom See; die Fontäne in der Quelle verebbte zu braven schäumenden Blasen, wenngleich das Chaos selbst anschwoll. In Cerryls Schädel pochte es, doch er wagte nicht, den Schild loszulassen, nicht bei all der Macht, die Jeslek in der Hand hielt.
Er warf einen Blick zur Seite, über Lyasas Gesicht strömte der Schweiß und Anya hielt mit grimmigem Gesichtsausdruck den Anforderungen stand.
Wieder bebte die Erde.
Cerryls Unterkiefer fiel herunter, als die Erde nicht mehr aufhörte zu rumoren. Seine Augen wanderten über den nächsten Hügel hinaus nach Westen in Richtung Gallos – da, eine weitere Hügelkette schien sich zu erheben, in mehr als einer Meile Entfernung. Bildeten sich da wirklich neue Hügel? Sie erhoben sich über den einst höheren Hügel, der in nächster Nähe stand.
Cerryl schluckte schwer. Der Boden bewegte sich, hob sich, Dampfwolken entwichen aus den Felsspalten, die nun breit genug waren, um Pferd und Reiter zu verschlingen.
Er konzentrierte sich wieder voll und ganz auf die Schilde, die nun von den beiden vollwertigen Magiern und den drei Magierschülern gemeinsam aufrechterhalten wurden. Die Hügelkette wurde immer höher und der Boden um den See herum begann sich langsam zu bewegen.
Wieder schoss eine Fontäne in den Himmel, diesmal aus der Mitte des Sees, dann fiel sie so schnell, wie sie aufgetaucht war, zusammen. Dem folgte ein widerliches Blubbern und Gluckern, ein Vorhang aus Dampf versperrte für einen Augenblick die Sicht auf den See. Noch mehr heißer Regen fiel auf Cerryl und die anderen nieder, dann ließ der Regen nach und der Nebelvorhang teilte sich. Zum Vorschein kam eine wasserlose und dampfende Senke – durchzogen von einer fünf Ellen breiten Spalte.
Die Hügel im Westen wurden immer noch höher, ächzend, zitternd reckten sie sich mithilfe des Chaos aus der
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