Die Weiße Ordnung
auf den Maultierkarren. Brental band sie mit zwei Längen Hanfstrick fest, während Hesduff und Dylert schwatzend aus der Mühle schlenderten.
»Wir werden sehen, was sich daraus machen lässt. Ich komme bald wieder.« Der Schreiner nickte dem Sägemeister zu.
»Wir warten auf Euch, Hesduff.« Dylert lächelte freundlich.
»Da bin ich sicher. Es wird mir eine Freude sein, Dylert. Wie immer.« Hesduff band das Maultier los und kletterte auf den Kutschbock, dann schnalzte er mit den Zügeln.
Während der Wagen die Straße hinunter rumpelte, stellte sich Brental neben Dylert und sprach leise zu ihm. Cerryl hätte verstehen können, was sie redeten, hätte er sich angestrengt, aber er blieb einfach regungslos auf der Mauer sitzen und befürchtete das Ärgste. Hätte er nur einige Kupferlinge gehabt, bevor er in der Mühle angefangen hatte … wenn nur seine Füße nicht so schnell gewachsen wären … Er wollte den Kopf schütteln, tat es aber nicht. Was hätte es auch genützt?
Als der Mauleselkarren verschwunden war, ging Dylert hinüber zu Cerryl. Er schüttelte heftig den Kopf. »Cerryl?«
»Ja, Ser?«
»War ich jemals grausam zu dir? Habe ich dich geschlagen? Oder dir nichts zu essen gegeben? Oder zum Anziehen?«
Cerryl sah zu Boden. »Nein, Ser. Nie, Ser.«
»Junge … du bittest nicht gern um etwas. Das weiß ich. Aber manchmal muss der Verstand Vorrang haben und manchmal der Stolz. Was wäre gewesen, hätte Brental deine blutigen Füße nicht entdeckt? Wie lang hätte es gedauert und du hättest nie mehr laufen können?«
»Es tut mir Leid, Ser. Ich habe nicht nachgedacht.«
»Nein, das hast du wirklich nicht. Du hast kein leichtes Leben und ich will es dir nicht noch härter machen. Aber du selbst solltest das auch nicht tun. Pass auf deinen Körper auf, Junge. Du hast nur einen.« Dylert nickte Brental zu. »Du sagtest, deine alten Stiefel würden ihm passen?«
»Besser wäre, er würde ein oder zwei Tage nicht in der Mühle arbeiten. Er sollte barfuß gehen.«
»Er hat alles sauber gefegt heute, wir können ein oder zwei Tage ohne ihn auskommen.« Dylert lachte. »Viental nimmt sich ja auch dauernd frei.« Er sah Cerryl an. »Du kannst Dyella im Haus helfen. Keine Stiefel, verstanden?«
»Ja, Ser.« Cerryl sah zu Dylert auf. »Danke, Ser.« Er schluckte. »Danke.« Er musste die Augen niederschlagen, weil er befürchtete, Dylert könnte sehen, wie nahe er den Tränen war.
»Ist schon in Ordnung, Cerryl. Pass auf deine Füße auf.«
»Ja, Ser.«
»Und jetzt … lauf hinauf ins Haus und sag Dyella, dass du ihr bei der Hausarbeit hilfst. Die Dunkelheit weiß, sie kann Hilfe brauchen bei der vielen Wolle, die wir heuer haben.« Er schnaubte. »Dann hat Erhana mehr Zeit zum Lernen. Versucht immer, den Schularbeiten zu entkommen, dieses Kind.«
»Ja, Ser.« Cerryl nickte.
»Bring erst die Stiefel in deine Kammer«, sagte Brental. »Du musst das alte Paar später sauber machen. Vielleicht passen sie ja irgendwann einmal einem anderen.«
Cerryl nickte wieder und zwang sich, Dylert anzusehen. »Danke, Ser.«
»Fort mit dir, Junge.«
Cerryl wusste, dass Dylert es nicht so schroff meinte, wie er es sagte, aber er antwortete darauf, wie es sich gehörte: »Ja, Ser.«
IX
D ie Weißen Magier, die sich mit aller Macht für den Frieden einsetzten und den Krieg zu vermeiden suchten, gürteten die Gewänder und machten sich Hoffnung, den Frieden doch noch wahren zu können … aber sie alle waren dem Untergang geweiht.
Denn Nylan, der dunkle Engel, hob abermals die Hände und entfesselte den Verwunschenen Wald von Naclos und der Wald dankte es ihm und schenkte ihm die Feuer des Himmels und den Regen des Todes. Und Nylan lachte und warf Feuer und Regen über den Westen Candars. Und Ayrlyn sang ihre Lieder, die den Menschen die Herzen und Seelen aus dem Leib rissen.
Die Spiegellanzenkämpfer aber sahen die eigenen Lichtlanzen gegen sich gewendet. Die Erde warf sich vor ihnen auf und schlug über ihnen zusammen und die Rechtschaffenheit der Weißen Magier war vergebens, denn vor ihnen explodierten die Gläser und der Tod regnete auf alle Bewaffneten Cyads hernieder …
Überall bebte die Erde … Die Grashügel aber wären verbrannt und wurden die Steinhügel. So trocken waren sie, dass bis auf den heutigen Tag dort niemand mehr lebt …
Die wenigen verbliebenen Weißen Magier flüchteten nach Osten, weit über die Westhörner und sogar die Osthörner hinaus; sie ahnten, dass der Westen Candars
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