Die Weiße Ordnung
das dauert aber einige Achttage, vielleicht auch länger … Ihr versteht?«
»… verstehe … stabile Bindung … Jungfernpergament … wie viel …?«
»Drei Goldstücke, verehrter Herr.«
»Das ist teuer.«
»Schon allein das Pergament und das Leder …«
»Nicht länger als fünf Achttage, Schreiber, und kein Extragoldstück für Euch. Und Ihr müsst es selbst schreiben. Keine Menschenseele außer Euch darf das Original berühren. Habt Ihr verstanden?«
Cerryl fühlte die Kälte und Macht in den Forderungen des Magiers selbst vom Schreibtisch des Arbeitsraumes aus.
»Ja, Ser. Mit Ablauf des fünften Achttages, stabile Bindung und bestes Jungfernpergament.«
»Und keiner außer Euch.«
»Ja, Ser.«
Cerryl musste schnell den Federkiel anheben, gerade noch rechtzeitig, bevor die Tinte über der Seite verlief, an der er gerade arbeitete. Er wischte den Fleck vom Holz, säuberte die Federspitze und nahm die mühsame Arbeit an dem Buch Kräuter und die Heilkraft derselben wieder auf. Er versuchte, beschäftigt zu wirken, als Tellis zurück ins Arbeitszimmer kam.
»Weiß nicht einmal, woher ich die Zeit nehmen soll. Aber drei Goldstücke – so einen Auftrag kann man sich nicht entgehen lassen.« Tellis runzelte die Stirn, dann musste er husten. Gequält starrte er auf das alte Buch in seinen Händen. »Bei den Magiern muss man sich wirklich jedes Goldstück verdienen. Sauer verdienen.«
»Ich kann es doch abschreiben«, bot Cerryl sich an.
»Nein, das hier werde ich kopieren«, erwiderte Tellis.
»Wenn es Euch schwer fällt, kann ich Euch doch helfen.«
Der Meisterschreiber schüttelte den Kopf. »Manche Bücher, so sagen die Weißen, darf nur der Meister selbst abschreiben.«
»Warum? Wie können sie so etwas sagen?«
»Cerryl …« Diesmal war Tellis an der Reihe mit dem Seufzen, und das nicht zu leise. »Weißt du denn gar nichts? Der Weiße Rat muss jeden Handwerksmeister in Fairhaven anerkennen. Du hast doch den Stern mit dem Kreis über der Tür gesehen. Muss ich dich daran erinnern, was dieses Meistersymbol bedeutet? Ohne den Stern würde ich vom Rat oder von irgendeinem der Magier keinen einzigen Auftrag erhalten.«
»Aber Ihr seid doch ohnehin der Beste in Fairhaven. Jeder auf dem Platz spricht davon«, beeilte sich Cerryl zu sagen.
»Du bist ein treuer Lehrling – das muss man sagen«, antwortete Tellis darauf. »Die Magier achten auf mehr als nur auf Können, Cerryl. Sie verlangen Ergebenheit. Ohne die Anerkennung des Weißen Rates wird ein Händler oder Handwerker niemals mehr als ein Geselle sein. Gesellen bekommen vom Rat keine Aufträge.« Tellis schnaubte. »Und auch sonst fast nichts.«
»Auch wenn sie gut sind?«
»Welcher Händler oder Kaufmann würde es wagen, mit einem Schreiber Geschäfte zu machen, der nicht in der Gunst des Rates steht? Sogar Muneat würde von seinen kleinen Vergnügen absehen.«
»Er ist reich …«
»Reichtum bedeutet nicht gleichzeitig Macht, Cerryl. Manchmal kann man die Macht mit Geld kaufen. Aber jetzt … sollte ich besser anfangen. Stell das Kräuterbuch auf das obere Regal. Du kannst daran weiterarbeiten, wenn ich mich ausruhe. Geh und hole mir die Eichenrinde und das Pergament, das ich dafür brauche.«
Cerryl säuberte den Federkiel und wischte sich anschließend die Hände ab, dann hob er die Kräuter und die Heilkraft derselben vom Vorlagenhalter.
Tellis stellte sein Buch darauf und schlug das Deckblatt auf.
Cerryl überflog die Worte und für einen Augenblick blieb ihm fast der Atem stehen – Farben der Weiße. Tellis hatte das vollständige Buch vor sich stehen, nicht nur den ersten Teil, sondern das ganze Buch. Der ganze Band, den er sich schon so lange wünschte – und nun konnte er ihn nicht einmal berühren.
»Steh nicht herum. Hinaus mit dir. Geh zuerst zu Nivor und hol die Schwarzeichenrinde. Du weißt, welche. Anschließend musst du noch etwas von dem Jungfernpergament besorgen. Aber bring erst die Rinde hierher, damit wir sie ansetzen können, bevor du zu Arkos gehst.«
Das bedeutete den doppelten Weg, aber Cerryl nickte nur höflich. »Äh, Ser … brauche ich nicht Geld, wenn ich zu Nivor gehe?«
»Bei der Dunkelheit … du hast Recht. Arkos wird mir das Pergament auch ohne Geld geben, aber Nivor niemals.« Tellis nestelte an seiner Börse herum. »Mehr als ein Silberstück und fünf Kupferlinge darf ein Zehntel Stein von der Rinde nicht kosten, ganz gleich was dieser Gauner Nivor auch behauptet. Wenn er sich weigert …
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