Die weiße Schmuggler-Jacht
Herrn Kabála kenne ich
noch gar nicht. Ich kam hierher während seiner Abwesenheit. Ja, was machen wir
jetzt?“
„Sollen wir Ihnen den Koffer bringen?
Sobald Herr Kabála eintrifft, kann er sich dann mit den Uhls in Verbindung
setzen. Sie wohnen im Astir Palace.“
„Gut, bringen Sie den Koffer her. Die
Adresse ist nicht weit vom Hotel. Aber damit Sies gleich finden, nehmen Sie am
besten ein Taxi.“
Sie nannte die Adresse. Tim notierte
Straße und Hausnummer.
Inzwischen bemühten sich Karl und
Klößchen, das defekte (beschädigte) Schloß zu richten. Vergeblich. Damit
der Deckel nicht aufsprang, schnallten sie die beiden Lederriemen ein Loch
enger.
„Also, ich zische los“, sagte Tim. „Wer
kommt mit?“
„Ich“, sagte Gaby.
In diesem Moment wurde an die Tür
gehämmert.
Klingt ziemlich energisch, dachte Tim
und öffnete.
5. Rauschgift in den Schuhen
Dietmar Uhl grinste. Unter dem Grinsen
war er verlegen. Aber das sollte niemand merken. Daß er wie blöde an seinen
Fingern zerrte, merkte er wohl gar nicht.
„Es ist so“, sagte er: „Der Koffer
gehört uns. Wir sind mit Elias Kabála befreundet. Und meine Frau hat — wie
Frauen so sind in ihrer Verträumtheit — aus Versehen Kabálas Namensschild an
unseren Koffer gehängt.“
Timm starrte ihn an wie das achte
Weltwunder. Er spürte, wie sich hinter ihm seine Freunde versammelten. Offenbar
trauten auch sie ihren Ohren nicht.
„Wie Frauen so sind in ihrer
Verträumtheit“, ließ sich Gaby über Tims Schulter vernehmen. „Das klingt ganz
schön geringschätzig. Sie denken wohl, Sie seien die Krone der Schöpfung — weil
sie statt Verträumtheit nur Alpträume haben, wie? Ob Ihre Frau schludert, kann
ich nicht beurteilen. Aber was Frauen und Mädchen im allgemeinen betrifft,
verwahre ich mich gegen jedes Vorurteil.“
„Waaas?“ In Uhls Gletscheraugen glomm
Bosheit. „Meinetwegen, wenn’s dich beruhigt. Aber jetzt her mit dem Koffer!“
Fordernd streckte er die Hand aus.
Gleich, dachte Tim, haue ich ihm drauf.
Dieser Geier hält uns wohl für minderjährig im Geist.
„Den Koffer“, sagte er genüßlich, „kriegen
Sie nicht. Da könnte ja jeder kommen und Märchen erzählen.“
„Aber ich sage dir“, schnappte Uhl: „Er
gehört uns.“
„Wie wollen Sie das beweisen? Elias Kabála
steht dran.“
„Es ist der gleiche Koffer wie unser
anderer.“
„Na und? Willi hat den dritten. Kabála
muß den vierten haben. Scheint ein verbreitetes Modell zu sein, und... Aber Sie
könnten uns sagen, was drin ist. Dann öffnen wir ihn und sehen nach.
Selbstverständlich begnügen wir uns nicht mit allgemeinen Angaben — wir
verlangen genaueste Beschreibung des Inhalts. Also?“
„Verdammt nochmal! Ich weiß doch nicht
mehr, wie meine Zahnbürste aussieht.“
„Ihr Pech! Setzen Sie sich mit Elias Kabála
in Verbindung. Dem bringen wir den Koffer. Da Sie miteinander befreundet sind,
kann ja gar nichts passieren.“
Uhls Gesicht lief rot an. Wut blähte
seinen Hals. „Ihr...“, knirschte er. „Sowas wie euch sollte man...“
Aber er sprach nicht aus, was er da im
Herzen bewegte, sondern wandte sich nach rechts und stampfte weg.
Tim schloß die Tür und sah in gespannte
Mienen.
„Höchst merkwürdig!“ sagte Karl. „Was
Dümmeres fiel dem wohl nicht ein. Ich glaube, mit dem Koffer hat es seine
Bewandtnis.“
„Verdankt ihr alles mir“, nickte
Klößchen. „Weil ich ihn erbeutet habe.“
„Zufällig“, schwächte Gaby ab. „Meint
ihr nicht auch, daß wir geradezu verpflichtet sind, mal einen Blick unter den
Deckel zu werfen?“
Die Jungs grinsten. Tim hob den Koffer
auf eines der Betten. Sie lösten die Lederriemen. Ein Schloß hatte Klößchens
Angriffe nicht überstanden. In dem anderen stocherte Tim mit seiner Nagelfeile
herum.
„Eine aufgebogene Büroklammer“, meinte
er, „wäre besser. Aber woher sollen wir die jetzt... Ah! Schon passiert.“
Das Schloß sprang auf. Er klappte den
Deckel hoch.
Sie betrachteten den Inhalt. Was sich
auf den ersten Blick bot, enttäuschte sie. Der Koffer enthielt sommerliche
Damen- und Herrengarderobe, Wäsche für beide, Hemden, Blusen, Gürtel und drei
Schuhbeutel mit Inhalt.
„Ist das alles?“ fragte Tim. „Glaube
ich nicht. Sicherlich hat der Koffer einen doppelten Boden, und der birgt das
Geheimnis. Oder es steckt in den Taschen der Klamotten. Jetzt sind wir so weit
gegangen, jetzt gehen wir noch weiter.“
Er nahm die Schuhbeutel heraus. Der
erste enthielt
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