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Die weissen Feuer von Hongkong

Die weissen Feuer von Hongkong

Titel: Die weissen Feuer von Hongkong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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»Mayday! Mayday!« Er überwand die Angst, die er vor dem Auslösen des Katapultsitzes hatte. Es kam nicht selten vor, daß die Treibladung unter dem Sitz explodierte. Aber er hatte Glück. Als die F-86 in die Wolkendecke trudelte, wurde er herausgeschleudert. Ein paar hundert Meter tiefer schlug die Maschine aufs Wasser. Pearson baumelte bereits an seinem Fallschirm. Es konnte lange dauern, bis Hubschrauber aus Hsinchu die Stelle fanden, an der er im Meer trieb.
    Fred Kolberg hastete aus der Kuppel zurück zur Kanzel. Der B-29 war nichts geschehen. Kein Geschoß hatte sie getroffen. Sie flog ruhig weiter, mit einwandfrei arbeitenden Motoren. Aber diese Art Sicherheit genügte jetzt nicht mehr. Offenbar hatte Chennault Schießbefehl erteilt. Nun kam es darauf an, der nächsten Suchmaschine zu entgehen, die vielleicht schon ausgeschickt worden war.
    Nach einigen Minuten ließ Kolberg den Bomber langsam sinken. Die dünne Wolkenschicht löste sich auf. Tief unten lag das Meer. Der Pilot drückte die Maschine, bis sie nur noch wenige Meter über dem Wasser flog. Er war hellwach. Die geringe Höhe, in der er sich bewegte, erforderte ein Höchstmaß an Aufmerksamkeit. Immer wieder suchte er den Himmel ab. Sein Kurs lief jetzt genau auf Hongkong zu.
    Etwa eine Stunde später verglich Kolberg zum letzten Mal seine Flugroute mit der Karte. Dann zog er die B-29 langsam höher, bis er das Meer weithin überblicken konnte. Er hatte sich nicht getäuscht: weit vor ihm tauchte am Horizont eine Ansammlung winziger flimmernder Lichtpunkte auf. Sie lagen wie ein Häufchen funkelnder Juwelen am Fuße jener Hügel, die sich um die Mündung des Perlflusses herum erhoben; sie flackerten wie unzählige weiße Feuer, unruhig, auf seltsame Art lockend. Das war der Anblick, den Hongkong jedem bot, der die Stadt von See her ansteuerte. Fred Kolberg zog die Maschine in einen Kreis und ging tiefer; er war am Ziel seines Fluges. Diesmal konnte er nicht in Kai Tak landen, wie er es so oft getan hatte, sondern mußte hier draußen auf dem Wasser niedergehen und das Schlauchboot im Schutze der Dunkelheit vorsichtig an die Insel heranrudern. Es gab genügend Stellen »am Strand, wo er ungesehen an Land gehen konnte. Nur das letzte Manöver, das Aufsetzen des Flugzeuges auf das Wasser, war nicht ungefährlich. Aber Kolberg war auch für Notlandungen ausgebildet worden; umsichtig begann er mit den Vorbereitungen.
    Zuerst ließ er den Inhalt der Tragflächentanks bis auf einen geringen Rest Kraftstoff ab. Dann schloß er alle Schotten und schnallte sich am Pilotensitz fest. Nachdem er sich überzeugt hatte, daß der Notausstieg an der Kanzel in Ordnung war, nahm er das Gas weg.
    Er mußte die schwere Maschine parallel zu den Wellenkämmen aufsetzen, sonst bestand die Gefahr, daß sie sich überschlug. Während er mit abgestellten Motoren immer tiefer hinabglitt, fuhr er die Landeklappen aus. Wenige Meter über der Wasserfläche, als vor der Kanzel bereits die schaumbedeckten Wellenkämme tanzten, zog er die Nase der B-29 ganz leicht hoch und schaltete die Zündung aus. Sekunden später kam der erste Aufprall, ein kurzer, harter Schlag, unter dem der metallene Leib des Flugzeuges erbebte. Kolberg wurde nach vorn gedrückt. Er stemmte sich mit aller Kraft gegen die Steuersäule. Da folgte auch schon der zweite, gefährlichere Aufprall, als der Bomber endgültig auf das Wasser krachte. Eine Fontäne schoß vor der Kanzel in die Höhe und hüllte sie ein. Einen Moment lang befürchtete der Pilot, die Gurte, die ihn am Sitz hielten, würden platzen. Aber sie hielten ihn fest. Im Rumpf der Maschine und in den Tragflächen knirschte und knackte es. Das Wasser schlug gegen das dünne Metall, die Wellen begannen ihr Werk. Sie brachen sich an den Tragflächen, hoben sie und ließen sie wieder aufklatschen. Erfahrungsgemäß kam es bereits nach wenigen Minuten zu Brüchen. Kolberg wartete den Augenblick ab, in dem die Bugkanzel wieder aus dem Wasser auftauchte. Er löste schnell die Gurte und griff nach dem zusammengelegten Schlauchboot. Es hatte eine Schlaufe, die der Pilot sich über den linken Arm streifte, um es nicht zu verlieren. Dann faßte er nach dem Griff des Kanzelausstiegs.
    Als sich die Nase der B-29 hob, stieß er die Klappe auf und kletterte hinaus. Das Flugzeug schaukelte stark, aber es sah so aus, als würde es sich noch eine gewisse Zeit über Wasser halten. Mit einem Hechtsprung landete Kolberg im Wasser. Als er an die Oberfläche gelangte,

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