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Die weissen Feuer von Hongkong

Die weissen Feuer von Hongkong

Titel: Die weissen Feuer von Hongkong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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zweitenmal anflog. Er setzte ihr die rote Leuchtkugel genau vor die Bugkanzel. Während er über sie hinwegflog, konnte er den Piloten erkennen, der dort allein saß.
    Hank Pearson teilte die Abgabe des Signals der Leitstelle mit und erhielt den Befehl: »Roger. Erster Anflug Warnschüsse. Zweiter gezielt.«
    Sie scheinen es auf den Piloten abgesehen zu haben, dachte Pearson. Bevor er gestartet war, hatte man ihn darüber aufgeklärt, daß der Mann die Maschine ganz allein von Korea bis hierher geflogen hatte. Vielleicht kriege ich seine Motoren zum Brennen, dann muß er aufs Wasser herunter, und ein Hubschrauber kann ihn auflesen. Wenn ich ihn hoch genug von seitwärts anfliege, müßte ich die Tragflächen erwischen, sie sind ohnehin groß wie Scheunentore. Er ließ das kleine Düsenflugzeug steigen. Maß nehmen, dachte Hank Pearson. Beim ersten Anflug brauchte der andere nur die Leuchtspur zu sehen. Er vergewisserte sich, daß die Kontrollampe die Bereitschaft der vier Maschinenkanonen anzeigte, dann drückte er die Steuersäule nach vorn.
    Fred Kolberg wußte, was die rote Leuchtkugel bedeutete: abdrehen, den nächsten Flugplatz anfliegen und landen. Also war es soweit. Sie hatten ihn aufgespürt. Er strengte seine Augen an, um herauszufinden, ob sich außer dieser einen F-86 noch andere Maschinen an der Jagd beteiligten. Hier, über den Wolken, war die Sicht gut. Das Mondlicht, von der weißen Wolkenschicht reflektiert, schaffte genügend Helligkeit. Kolberg konnte nichts weiter entdecken. Er zweifelte nicht daran, daß die F-86 auf ihn schießen würde, wenn er nicht gehorchte. Das hieß, daß er sich zu wehren hatte. Dabei war es nutzlos, dem Düsenjäger etwa durch ein Flugmanöver ausweichen zu wollen. Die B-29 war zu schwerfällig. Doch sie trug nicht ohne Grund den Namen »Superfestung«. Es war unmöglich, einen Anflugwinkel zu finden, aus dem sie nicht mit ihren doppelläufigen Bordkanonen antworten konnte, die für jeden Gegner außerordentlich gefährlich waren.
    Kolberg entschied sich sekundenschnell. Er schaltete den Autopiloten ein, dann zwängte er sich durch das Schott an der Funkerbude vorbei und kletterte die eiserne Leiter hinauf zu der Plexiglaskuppel mit der schwenkbaren Zwillingskanone. Noch war er nicht in der Kuppel, als er die Düsenmaschine heranschießen sah. Während der Düsenjäger schräg von oben anflog, setzte Kolberg eine Munitionstrommel in die Waffe ein, danach hockte er sich in den Ledersessel und löste die Sperre der Zwillingskanone. Wie ein silberner Blitz flitzte die F-86 über den Bomber hinweg. An den Vorderkanten der Tragflächen erschienen die rötlichen Mündungsflammen der Bordgeschütze. Die Garbe zog eine Leuchtkette, die einige hundert Meter vor dem Bug der B-29 verlief.
    Er hat seine Chance vergeben, dachte Kolberg. Bei diesem Anflug hätte er mich noch wehrlos erwischt. Jetzt ändert sich das. Es machte ihm nichts aus, auf den Angreifer zu schießen. Er befand sich eine Flugstunde vor Hongkong, und Hongkong war die erste Station auf dem Weg in die Freiheit. Besonnen tastete er noch einmal den Mechanismus der Waffe ab. Dann schwenkte er sie auf die Richtung ein, aus der die F-86 zum zweitenmal anflog. Er sah sie jetzt ihren Kreis beenden und herabstoßen. Als sie die Zieloptik ausfüllte, noch bevor an ihren Tragflächenkanten die roten Mündungsflammen erschienen, drückte Kolberg auf die Abzugsknöpfe.
    Hank Pearson hatte keine Wahl mehr. Beim ersten Anflug war es ihm überhaupt nicht in den Sinn gekommen, daß er aus dem oberen Bugturm der B-29 beschossen werden könnte. Nun aber, als er auf den Bomber zuflog, sah er die Bewegung in der Kuppel. Er begriff sofort, was ihn erwartete. Mit einem blitzschnellen Ruck an der Steuersäule versuchte er aus der Schußrichtung der Zwillingskanone zu kommen. Es war zu spät. Seine eigene Geschoßgarbe ging über die Tragfläche der B-29 hinweg. Der Feuerstoß aus Kolberas Waffe erwischte ihn. Er hörte die Geschosse hinter dem Sitz in das Metall des Düsentriebwerks prasseln. In diesem Augenblick vergaß Hank Pearson den Bomber. Der Gedanke an eine Triebwerksexplosion lähmte ihn für Sekunden, das Rattern und Klirren schwoll an. Das Flugzeug bockte und schüttelte sich. Die Steuersäule ließ sich nicht mehr bändigen, sie schlug wild hin und her, und Pearson gab es auf, sie festzuhalten. Jeden Augenblick konnte das Triebwerk explodieren und die Maschine in Stücke reißen.
    Pearson schrie hastig in die Sprechanlage:

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