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Die weißen Schatten der Nacht: Kriminalroman

Die weißen Schatten der Nacht: Kriminalroman

Titel: Die weißen Schatten der Nacht: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Klewe
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Filzstifts war zu hören.
    »Bitte, Nora«, versuchte Chris es noch einmal. »Erzähl uns von Leonie. Woher kennt ihr sie? Wo wohnt sie?«
    Nora drückte heftig den Deckel auf den Stift und schleuderte ihn in die Zimmerecke. »Leonie war nicht unsere Freundin! Sie ist eine blöde Ziege!«
    »Warum denn das?«, fragte Chris.
    »Weil sie immer alles besser weiß.«
    »Du magst sie nicht?«
    »Nein.« Sie verschränkte die Arme.
    »Mochte Toni sie?«
    »Nein!«
    »Aber ihr beide habt mit ihr gespielt.«
    »Nur anfangs. Als wir noch nicht wussten, wie doof sie ist.« Nora bohrte mit der Fingerspitze ein kleines Loch in das Bild, dort, wo es von der grünen Farbe feucht und wellig war.
    »Dann sag uns doch bitte, wo sie wohnt«, bat Chris mit sanfter Stimme.
    »Ich weiß es nicht genau.« Nora blickte kurz zu ihm auf. »Bei Oma.«
    »Bei Oma?« Chris sah sie verständnislos an.
    »Ich weiß, was sie meint.« Kerstin Diercke lächelte. »Meine Mutter wohnt in Wersten. Nora fährt sie hin und wieder besuchen. Allein. Der Bus hält praktisch genau vor der Haustür. In letzter Zeit war Toni ein paarmal mit Nora dort. Ich nehme an, diese Leonie lebt in Wersten. Stimmt das, Nora?«
    Nora nickte stumm.
    Chris war überzeugt, dass Nora mehr wusste. »Und ihr wart nie bei ihr zu Hause?«, fragte er.
    Nora schüttelte den Kopf.
    »Aber du weißt doch, wie sie mit Nachnamen heißt«, bohrte er weiter.
    Nora reagierte nicht.
    Kerstin Diercke erhob sich.
    »Warum ist das denn so wichtig?«, fragte sie Lydia. »Ich dachte, Sie hätten den Täter gefasst?«
    »Dazu kann ich Ihnen nichts sagen«, erwiderte Lydia.
    »Denk noch mal nach, Nora«, sagte Chris. Er war noch nicht bereit aufzugeben. »Dann fällt dir der Name bestimmt wieder ein.«
    In dem Augenblick klingelte Lydias Handy.
    »Ja, Meier, was gibt’s?« Sie lauschte. »Was? Soll das ein Witz sein?« Ein gedämpfter Redeschwall war zu hören. »Wo ist er jetzt?« Wieder wartete sie. »In Ordnung. Sorgt dafür, dass er rund um die Uhr bewacht wird. Wir fahren so schnell wie möglich hin.«
    Chris sah sie an. »Ist was passiert?«
    »Später.« Sie sah auf Nora hinunter. »Sobald wir wissen, wo wir diese Leonie finden. Vielleicht sollten wir uns mal Noras Handy ansehen. Du hast doch ein Handy, Nora? Und du hast doch bestimmt Leonies Nummer gespeichert?«
    Nora starrte sie an.
    »Schwarzbach«, sagte sie fast tonlos. »Sie heißt Leonie Schwarzbach. Sie wohnt auf der Ickerswarder Straße. Aber die Nummer weiß ich wirklich nicht.«
    Sie verabschiedeten sich und gingen. Beim Auto hielt Chris es nicht mehr aus. »Was wollte Reinhold?«
    »Palmerson hatte einen Herzanfall. Sie haben ihn ins EVK bringen lassen.«
    »So ein Mist. Hat er irgendwas gesagt, bevor er zusammengebrochen ist?«
    »Nein. Aber sie haben Fingerabdrücke von ihm an Bruckmanns Terrassentür gefunden.«
    »Oh Gott. Das glaube ich nicht.«
    Lydia starrte auf den schneebepuderten Boden zu ihren Füßen. »Vielleicht ist er doch unser Mann.«
    »Fahren wir ins Krankenhaus?«
    »Erst wenn die Spur Leonie Schwarzbach geklärt ist.«
    Chris nickte. Er fühlte sich benommen, aber das lag vielleicht nur an der Kälte.
    »Ich bringe dich zu den Bruckmanns, und du fragst sie nach Leonie«, fuhr Lydia fort. »Ich schaue mir in der Zeit die Familie Schwarzbach an. Wenn sich nichts Interessantes daraus ergibt, belassen wir es dabei.«
    »Gut.«
    Lydia schloss den Wagen auf, doch sie stieg nicht ein.
    »Ist dir auch aufgefallen, wie verrenkt Antonia auf Noras Bild aussah?«
    »Verrenkt?« Jetzt, wo Lydia es aussprach, dämmerte es Chris. Das war es, was ihn irritiert hatte.
    »Ihr Kopf saß ganz schief auf dem Hals.« Lydia spielte mit dem Schlüssel in ihrer Hand. »Sie hat ihre Freundin mit gebrochenem Genick gemalt.«
    Olaf Schwarzbach lenkte den Wagen in die Einfahrt und stellte den Motor ab, doch es fehlte ihm die Kraft auszusteigen. Er überlegte. Er könnte einkaufen fahren, oder in die Firma. Es gab immer Dinge zu erledigen. Auch samstags. Er griff nach dem Schlüssel. Zu spät. Die Haustür ging auf, und Melanie trat heraus. Sie winkte. Ihr Lächeln schnitt ihm ins Herz. Noch wusste sie nicht, dass er allein in dem Wagen saß, dass Leonie fort war. Sekundenlang schloss er die Augen, sammelte Mut, dann stieg er aus.
    »Wo wart ihr?«, fragte Melanie, als er sie erreichte.
    »Komm mit rein, dann erzähle ich es dir.«
    Melanie schaute verwundert zum Auto. »Wo ist Leonie?«
    »Ich sagte doch, dass ich es dir drinnen

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