Die Weiterbildungsluege
Maßnahmen hoch priorisiert, aber von oberster Stelle nicht wirksam verfolgt. Die Richtung für Personalentwicklung
wird genauso oft gewechselt wie die Socken an den Füßen. Plötzlich kommt es zu einem Wechsel in Top-Managementpositionen oder
es ergeben sich neue Markteinschätzungen. Aufwändig inszenierte Programme verschwinden nach einem Aktionismus-Schub auf Nimmerwiedersehen
in den Aktenschränken. Und schließlich erhalten Mitarbeiter Alibi-Schulungen, obwohl längst die Entscheidung gefällt ist,
dass ihre Abteilung geschlossen wird oder sie für einen Job nicht geeignet sind. Die horrenden Summen von verbranntem Geld
spielen jedoch keine Rolle. Hauptsache, man hat sich gut verkauft und die |139| Kapitalgeber glauben, dass es sich lohnt, in die Firma zu investieren. Am Ende zählen satte Gewinne und Spitzenrendite.
Ist ja irre: Die Doppelbotschaften der Firmenbosse
Und weil wir gerade über Geld reden, schlagen wir gleich den Bogen zum Thema Unternehmensethik. Die Bestechungsaffären bei
Ikea, Siemens oder VW zeigen: Korruption ist kein Einzelfall. Trotzdem sind Kontrollmechanismen in Unternehmen eher selten.
Größere Unternehmen haben zumindest einen Code of Conduct, einen Verhaltenskodex, der im Sinne einer freiwilligen Selbstkontrolle
Ordnung ins Geschäft bringen soll. Und natürlich gibt es zu diesem Thema auch Schulungen für die Führungskräfte. Und die sollen
wiederum ihre Mitarbeiter schulen. Während die Firmenbosse nach außen hehre Taten versprechen, sieht die interne Welt ganz
anders aus. Das wissen besonders die Mitarbeiter aus dem Vertrieb. Im Kontakt mit Kunden wäscht nämlich eine Hand die andere
und an bestimmte Aufträge kommt man oft ohne die notwendigen Aufwendungen nicht heran. Besonders im Ausland, wie mir einige
Seminarteilnehmer verrieten. Diese Zusammenhänge kennen natürlich auch die Vorstände von Unternehmen. Der Zweck heiligt am
Ende die Mittel. Denn sie werden vom Kapitalmarkt daran gemessen, ob ehrgeizige Gewinnvorgaben in kurzer Zeit erfüllt werden.
Und so wird offiziell der Code of Coduct propagiert und hinter den Firmentoren vor allem Kasse gemacht. Denn wer im Ausland
nicht schmiert, geht leer aus. Das bestätigt auch eine bundesweite Befragung unter Managern. 49 Mal geschieht dies mehr und mal weniger am Rande der Legalität. Falls jemand dabei auffliegt – Pech gehabt. Einzelschicksal.
Schulung nicht verstanden.
Mitarbeiter reagieren sehr sensibel darauf, was die Herren im feinen Zwirn vorleben. Eine Trainerin aus dem Bankenbereich
bringt es auf den Punkt, was bereits weiter oben in Bezug auf den Fisch anklang: »Für mich liegt das große Hauptproblem bei
den Führungskräften |140| . Wenn sie Dinge einfordern, die sie selbst nicht vorleben, funktioniert Weiterbildung nicht.« Die Begründung dafür liefert
die Theorie des Modell-Lernens von Alfred Bandura. 50 Der kanadische Psychologe hat in den 1960er Jahren herausgearbeitet, von wem wir uns Verhalten abgucken. Besonders beobachtet
werden Menschen, die viel Macht oder hohes Ansehen haben. Auch an sympathischen und attraktiven Menschen orientieren wir uns.
Die Nachahmungsbereitschaft wird außerdem gefördert, wenn es eine gute Beziehung oder eine Abhängigkeit zwischen Beobachter
und Modell gibt. Und weil die Vorbildwirkung so wichtig ist, liest man darüber auch in Unternehmensleitbildern. »Unsere Führungskräfte
sollen eine Sogkraft ausüben, dass unsere Mitarbeiter ihnen mit Freude folgen. Sie sollen ein Vorbild sein, dem man gerne
nacheifert.« Die Kraft des Vorbilds auf die Motivation beweist auch eine aktuelle Online-Umfrage einer Unternehmensberatung
unter 3200 deutschen Arbeitnehmern. Danach gehört zu den Top-Treibern der Mitarbeitermotivation, dass das Senior-Management
Vorbild im Sinne der Unternehmenswerte ist. 51 Und weil alles auf eine gute Führungskraft ankommt, investieren die Unternehmen munter in Leadership-Programme und formulieren
Führungsleitlinien nach dem Motto: »Vertrauen ist das Maß aller Dinge«. Und: »Zeigen Sie Initiative.« Oder: »Setzen Sie Mitarbeiter
ins Bild.« Gehen wir doch mal gut 2 000 Jahre zurück. Hat der karthargische Feldherr Hannibal eigentlich auch ein Leadership-Performance-Excellence-Training
genossen, bevor er seinen Tross von mehr als 50 000 Soldaten, 9 000 Reitern und 37 Kriegselefanten über die winterlichen Alpen
führte? 52 Wahrscheinlich hat der Militärstratege seiner Truppe vor der
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