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Die Weiterbildungsluege

Titel: Die Weiterbildungsluege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gris
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Teilnehmern am Ende
     am besten und dann ist auch schon Feierabend.
    Falls Ihnen diese Weiterbildungspraxis vertraut vorkommt, dann liegt das daran, dass wir noch nicht im Jahr 2025 leben, sondern
     in der Gegenwart. Und da gibt es zig Firmen, besonders im Mittelstand, die ihre Weiterbildung genau so organisieren wie diese
     fiktive Firma. Und nachdem Sie sich durch die Lektüre dieses Buches bis an diese Stelle vorgearbeitet haben, machen wir mal
     einen kleinen Wissenstest: Warum ist dieses Vorgehen rausgeschmissenes Geld? Die Lösungen schicken Sie bitte an [email protected],
     Stichwort: Gießkanne. Unter den ersten zehn richtigen Einsendungen wird ein Überraschungspreis verlost. Mitmachen lohnt sich.
     Ich habe Spendierhosen an. Aber nur kleine.
    |191| Nicht nur mittelständische Unternehmen agieren nach dem Prinzip Gießkanne. Ein großes, bekanntes Finanzdienstleistungsunternehmen
     investiert bundesweit sogar satte 20 Millionen Euro in Weiterbildung. Den Vermögensberatern werden alle nur denkbaren Themen
     angeboten, damit sie den Umsatz nach vorne bringen. Dieses Weiterbildungs-Füllhorn überrascht sogar einen Direktionsleiter.
     Ihm ist kein Unternehmen bekannt, das so viel Fortbildung macht. Es gibt eine eigene Akademie. Es werden interne und externe
     Trainer eingesetzt. »Manchmal habe ich das Gefühl, es wird zu viel getan. Und trotz allem fehlt bei einem Großteil der Vermögensberater
     der Kick, um sich in Bewegung zu setzen«, schilderte er mir seine Beobachtungen. Das sei damals wie heute so, resümierte der
     Direktionsleiter im Rückblick auf seine langjährigen Berufsjahre. Die Gründe lieferte er gleich mit: Viele Mitarbeiter werden
     Vermögensberater, weil sie glauben, auf diese Art mit wenig Aufwand schnell reich zu werden. Das gelingt aber nur wenigen
     und die anderen sind frustriert – aber nicht agiler. Eine andere Schwachstelle des Systems ist: Wir haben sehr viele »Freude-Motivationen«,
     aber, wie die Fachleute sagen, keine »Schmerz-Motivation«. Mit anderen Worten: Es gibt keinen Leidensdruck für Phlegmatiker.
     Faulpelze werden aus erworbenen Provisionsstufen nicht zurückgestuft. Und wer mit einem Monatsbrutto von 3000 bis 4 000 Euro
     zufrieden ist, dem passiert auch nichts. Es sei denn, er hat eine Frau mit nimmersatter EC-Karte daheim, die ihm sachkundig
     klarmacht, dass er bestimmt dreimal so viel heimbringen könnte. Folglich sind die ganzen Schulungen umsonst. Ein interner
     Trainer eines anderen Finanzdienstleistungsunternehmens kennt die fehlende Umsetzungsmoral der Vermögensberater nur zu gut.
     »Die Leute kommen alle brav ins Seminar, zeigen eine hohe Lerndisziplin und nicken eifrig.« Und dann käme der Punkt »Transfer
     des Gelernten in die Praxis«. Da geben dann nämlich die Teilnehmer unisono zum Besten, dass sie alles nicht umsetzen können,
     weil sie keine Zeit haben. Warum nun gerade Finanzdienstleistungsunternehmen horrende Summen in nutzlose Weiterbildung |192| investieren, ist mir daher ein Rätsel. Sind Finanzdienstler nicht die Leute, die wissen, wie man Geld sinnvoll investiert?
     Angesichts dieser Weiterbildungspolitik ist wohl eine Nachschulung angesagt.
    Das Weiße-Weste-Syndrom:
Personalentwicklung richtig gemacht
    Im guten alten Western erkennt man ihn immer sofort. Den Helden. Er kommt stets in heller Kleidung daher. Er kann reiten und
     schießen, wie ein Wesen vom anderen Stern. Der Bösewicht ist genauso gut auszumachen. Immer dunkel gekleidet. Auch er kann
     reiten und schießen wie vom anderen Stern. Doch im Showdown zieht der Held schließlich so schnell, dass der Bösewicht vom
     Pferd fällt und nur noch Sterne sieht. Durch den einfachen farblichen Kontrast – hell ist gut, dunkel ist böse – sind die
     verfeindeten Parteien auch für unaufmerksame Zuschauer oder den Besitzer von Schwarz-Weiß-Fernsehern leicht identifizierbar.
    Im Bereich der Personalentwicklung ist es im Prinzip dasselbe. Die Bösen sind die eben erwähnten Gießkannen-Desperados. Als
     die Guten mit der weißen Weste werden die Personalentwickler gesehen, die Weiterbildung systematisch und von den Unternehmensstrategien
     abgeleitet über die Belegschaft ausbreiten. Nachdem diese beiden Gruppen auf offener Szene in Stellung gebracht worden sind,
     wird verbal in Richtung Gießkannen-Bande geschossen: »Diese Weiterbildungsmaßnahmen sind sehr, sehr unsystematisch, ja, sie
     werden stiefmütterlich behandelt. Plötzlich wird ein halbes Jahr nichts gemacht,

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