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Die Welfenkaiserin

Titel: Die Welfenkaiserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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Mantel und versuchte dem Regen auszuweichen, der jetzt durch die Öffnung ins Innere drang. Der Boden war bereits völlig durchweicht.
    »Wo wohl!«, versetzte Judith und strich sich wütend die nassen Haare aus dem Gesicht. »Als wir aus Aquitanien hinausritten, ist er gleich wieder hineingeritten.«
    »Das hat er nicht gewagt«, murmelte Ludwig ohne rechte Überzeugung.
    »Wir müssen sofort umkehren und ihn stellen«, drängte Judith.
    »Das Heer ist entlassen«, wandte Konrad ein.
    »Und der Winter steht vor der Tür«, bemerkte Erzbischof Drogo. »Pippin wird keinen Krieg gegen uns im Winter beginnen.«
    »Aber er wird die Zeit nutzen, um sich Hilfe von Lothar aus Italien zu holen«, rief Judith verzweifelt, »und dann spätestens im Frühjahr über uns herfallen! Dann war alles umsonst!«
    »Vielleicht können wir ja mit Pippin verhandeln«, meinte Ludwig. Judith musterte ihren Mann entsetzt.
    »Verhandeln! Nach allem, was geschehen ist? Niemand ist unversöhnlicher als dein Zweitältester Sohn, das haben wir doch oft genug zu spüren bekommen. Er ist jetzt unser gefährlichster Gegner!« Vor Erregung konnte Judith kaum Luft holen. »Es wäre ein Zeichen ungeheurer Schwäche, wenn du ihm ungestraft das Königreich überlässt, das du vor wenigen Tagen Karl verliehen hast!«
    »Karl ist ein Kind, er kann es ohnehin noch nicht regieren«, murmelte Ludwig.
    »Aber er bleibt kein Kind! Und er wird weder dieses Königreich noch ein anderes jemals regieren können, wenn wir nicht sofort zurückreiten, das Heer wieder einberufen und Pippin erneut gefangen setzen!« Judith schämte sich nicht der Tränen, die ihr jetzt vor lauter Wut und Enttäuschung über die Wangen rannen. »Wenn wir nicht unverzüglich handeln, können wir uns alle gleich selbst in Klöster einweisen!«
    Die Hütte wurde ihr zu eng. Sie rannte hinaus in den Sturm, stampfte mit den Füßen so heftig auf, dass Schlamm auf ihren Reisemantel spritzte, und schrie in den Wald: »Nach Aquitanien! Auf in den Kampf!«
    Plötzlich spürte sie die kleine Hand ihres Sohnes in ihrer. Aus grauen Augen blickte das Kind vertrauensvoll zu ihr auf.
    »Ich werde kämpfen, Mutter! Ich erobere mein Königreich zurück!«
    Als das Gewitter fortgezogen war, rief Ludwig sein Gefolge zusammen und verkündete die Rückkehr nach Aquitanien. Mutlosigkeit zeichnete sich in den Gesichtern ab, als er erläuterte, in Tours seine Vasallen aus Burgund und Neustrien zurückzurufen. »Wir müssen dort sein, bevor Pippin den Grafen Hugo aus seinem Gefängnis befreit und der seine Mannschaften gesammelt hat!«
    Judith schob ihren Sohn in den Kreis, der sich um den Kaiser gebildet hatte, hob beide Arme und rief, so laut sie konnte: »Für König Karl!«
    Erst nachdem eine Männerstimme außerhalb des Kreises den Ruf aufgegriffen hatte, stimmten die anderen herzhaft ein: »Für König Karl!«
    »Arne hat mir als Erster gehuldigt«, flüsterte Karl seiner Mutter zu und deutete hinter sich. Der Knecht hockte am Boden neben der Frau, die er aus der Köhlerhütte gezogen hatte. Neugierig trat Judith näher.
    »Sie war ohnmächtig vor Hunger, ist aber jetzt gestärkt«, sagte Arne, als er sich erhob.
    »Danke, edle Herrin«, sprach die kurzhaarige Frau leise. Sie versuchte aufzustehen, sackte aber sofort wieder in sich zusammen. Zitternd beugte sie sich vor und küsste den schmutzstarrenden Saum von Judiths Kleid.
    »Was geschieht jetzt mit ihr?«, fragte Judith.
    »Wenn Anna hierbleibt, wird sie sterben«, erwiderte Arne.
    »Wer hat sie in der Hütte gefesselt zurückgelassen?«
    »Ihr Mann.«
    »Und weshalb?«
    »Das will sie nicht sagen.«
    Judith wandte sich an die Frau, die sich aufgesetzt hatte und angstvoll zur Kaiserin aufblickte.
    »Bist du eine Ehebrecherin?«
    Heftig schüttelte Anna den Kopf und brachte leise hervor: »Ganz im Gegenteil! Ich wollte meine Ehe retten.«
    »Hast du Gift bei einer anderen Frau verwendet? Oder bei einem anderen Mann?«
    Wieder heftiges Kopfschütteln. Judith wartete ungeduldig. »Nun?«
    Arne hob die Schultern. »Es ist nicht aus ihr herauszubekommen. Müssen wir sie deswegen zurücklassen?«
    »Sie kann ohnehin nicht gehen«, meinte Judith und wandte sich ab.
    »Herrin, gestattet mir die Frage: Darf sie sich uns anschließen, wenn die Füße sie tragen?«
    Judith hatte Wichtigeres im Kopf, als sich um das Los einer armen Hörigen zu kümmern. Die ohnehin nicht gehen konnte. »Meinetwegen«, rief sie zurück.
    Arne kniete sich nieder und half der Frau,

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