Die Welfenkaiserin
diesmal nicht leisten.
Währenddessen lag Ludwig immer noch vor dem Hauptaltar. Er flehte den Herrn an, ihm Judiths Leib nicht länger als Strafe für seine gebrochenen Versprechen und die anderen Sünden zu entziehen.
»Ich werde Buße tun«, versprach er. »Öffentlich meine Verfehlungen bekennen und die Sühne annehmen. Im September auf dem Reichstag in Attigny. Ich werde meine Halbbrüder aus ihren Klöstern holen und in hohe Ämter setzen, meinen illegitimen Halbschwestern Klöster schenken und meinen anderen Schwestern den ihnen zustehenden Erbteil zukommen lassen. Gib mir ein Zeichen, Herr, dass dies der rechte Weg ist!«
Ludwig erhob sich von dem kalten Steinboden. Jetzt, da er eine Entscheidung getroffen hatte, verließ er beschwingten Schrittes die Kirche. Er wollte Judith seinen Beschluss sofort mitteilen. Danach würde er sich endlich der Lage im Reich zuwenden können.
»Ich habe dir etwas zu sagen!«, rief er fast fröhlich, als er das Gemach betrat.
»Ich dir auch«, entgegnete Judith leise und sah ihn aus so verschmitzten Augen an, dass er verstummte. »Oder besser noch«, fuhr sie heiter fort, »ich zeige es dir.« Sie begann sich zu entkleiden.
Sprachlos blickte der Kaiser auf die nackt vor ihm stehende Frau. Nicht einmal der Schreck über den hohen Leib verhinderte das sofortige Einsetzen seiner Begierde.
»Die Überraschung ist also geglückt!«, sagte Judith mit leuchtenden Augen und schritt auf ihn zu. »Ich wollte es dir erst mitteilen, wenn ich ganz sicher bin. Schließlich …« Sie brach ab und senkte den Blick.
»… ist es ganz und gar unmöglich«, vollendete der Kaiser leise ihren Satz und ertappte sich bei dem erstaunlichen Wunsch, keine Lust zu empfinden, um geordnet denken zu können. Wer hatte seine Gemahlin geschwängert?
»Genau das habe ich auch gedacht«, versetzte Judith unbekümmert. »Bis mir die Nacht in Diedenhofen einfiel, als wir die beiden Hochzeiten gefeiert haben, Lothars und Konrads, entsinnst du dich jetzt?«
Stumm schüttelte der Kaiser den Kopf.
»Wir alle haben dem Wein mehr als sonst zugesprochen und sind sehr spät ins Bett gefallen.«
Ludwig nickte. Daran konnte er sich erinnern.
»Und mitten in der Nacht bist du doch plötzlich aufgewacht und hast mich umarmt.« Sie strahlte ihn an. »Am anderen Morgen dachte ich, es wäre nur ein wunderschöner Traum gewesen. Bis …« Sie legte beide Hände auf ihren bereits recht hohen Leib. Ich erinnere mich, ich erinnere mich, versuchte sie Ludwig mit der Kraft ihrer Gedanken zu beeinflussen. Der Diamant an ihrem Finger schien Feuer zu sprühen. Ludwigs Erregung war dem Bersten nah.
»Ich erinnere mich«, murmelte er. Judith schloss für einen Augenblick erleichtert die Augen.
»Es gelingt also doch«, sagte sie. Ehrliches Erstaunen klang in ihrer Stimme mit und überzeugte Ludwig vollends. Er bedauerte zutiefst, sich an die Einzelheiten der ehelichen Vereinigung nicht mehr genau erinnern zu können. Judith griff nach beiden Händen des Kaisers. Eine legte sie auf ihren Bauch, die andere auf ihren Schoß. Das war entschieden zu viel. Ludwig atmete geräuschvoll aus, küsste Judith auf die Lippen und verließ eiligst den Raum, um Ordnung in seine Gedanken zu bringen. Mit einem Mal blieb er vor dem Holzkreuz auf dem Gang stehen. Ein Leuchten trat in seine Augen. Gott hat mir ein Zeichen gesandt, dachte er beglückt. Er hat mich zwar bestraft, mich um die Erinnerung an diese Stunde gebracht, aber er hat mir hiermit zugesagt, meine Buße anzunehmen. Über die er Judith immer noch nicht ins Bild gesetzt hatte.
Beim Abendmahl beobachtete der Hofstaat voller Staunen, wie der ansonsten so maßvolle Kaiser den Falerner Wein in sich hineinschüttete, als gelte es, einen Wettbewerb zu gewinnen. Bernhard vermutete, dass er seinen Zorn über die ungetreue Gemahlin ertränken wollte. Wider Willen bewunderte er Ludwig, der sich vor den anderen seine Empörung nicht anmerken ließ und Judith scheinbar noch liebevoller als sonst ausgesuchte Leckerbissen reichte. Er bat seines kranken Vaters wegen um Abschied vom Hof. Den Blick Irmingards mied er. Sollte sie doch denken, dass er aus Angst vor ihrem Gemahl Lothar und aus Liebe zu ihr flüchtete. Judith schenkte ihm keinen Blick.
Applaus brandete auf, als Ludwig nach der Mahlzeit kundgab, seine Gemahlin sei guter Hoffnung. Das Rätsel um des Kaisers Trinkfreudigkeit schien somit gelöst zu sein.
Da Judith ahnte, weshalb Ludwig dem Wein so kräftig zugesprochen hatte, nahm
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