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Die Welfenkaiserin

Titel: Die Welfenkaiserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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Brotfladen. Unwillig sah er zu Irmingard, die ihn in die Seite gestoßen hatte. Hände waschen, formte ihr Mund. Nach der Maßregelung durch ihren Vater würde sie bei anderen am Hof keinen Fehler mehr durchgehen lassen. Wie so oft in ihrem Leben verfluchte sie Judith. Erst nahm sie ihr den Kaiser weg, dann gönnte sie ihr nicht einmal den Liebhaber! Wie gründlich Judith allerdings vorgehen wollte, hatte Graf Hugo seiner Tochter nicht verraten.
    Lothar beachtete Irmingards Mahnung nicht, biss ein Stück Fleisch ab und sprach mit vollem Mund weiter: »Mit meiner Krönung hat der Papst seine eigene Macht zelebriert, die er mit dieser Hinrichtung noch einmal sehr anschaulich untermauert. Nicht uns, den von ihm gesalbten Kaisern, soll die Treue seiner Leute gelten, sondern ausschließlich ihm! Das ist fast eine Kriegserklärung!«
    »Du übertreibst«, erklärte Ludwig und steckte Judith zärtlich eine Kirsche in den Mund. Das kostbare Obst war am Nachmittag mit den Boten aus Rom eingetroffen. Ludwig war erleichtert, dass sich in seiner Gemahlin der Sturm des Morgens gelegt und sie wieder zu sich gefunden hatte.
    »Wir sollten augenblicklich hochrangige Würdenträger nach Rom schicken, um dort eine Untersuchung anzustellen«, schlug Bernhard vor.
    »Wie immer zieht mein Patensohn die vernünftigsten Schlussfolgerungen«, sagte Ludwig fast vorwurfsvoll zu Judith. Sie neigte zustimmend das Haupt und spuckte den Kirschkern aus. »Würdest du lieber die Bischöfe dorthin begleiten, als morgen nach Barcelona zu reisen?«, fragte Ludwig seinen Patensohn.
    Judith mied den Blick Graf Hugos. Dieser hatte ihr vor dem Mahl mitgeteilt, bereits einen zuverlässigen Boten nach Aquitanien gesandt zu haben, der sich zu gegebener Zeit des Gewünschten annehmen würde.
    »Nein, verehrter Patenonkel«, erwiderte Bernhard zu Judiths Erleichterung. »Es sei denn, du befiehlst es mir. Ich ziehe es vor, mich in Barcelona gründlich umzusehen.«
    Ludwig hob seinen Pokal: »Dann trinken wir auf eine glückliche Reise. Mögest du gesund und voller neuer Erfahrungen zurückkehren. Mit einer schönen Frau an deiner Seite, auf dass wir wieder einmal Hochzeit feiern können!«
    Irmingard verschluckte sich und begann heftig zu husten.
    Judith erklärte nach der Mahlzeit, zu müde zu sein, um an den geplanten Ratespielen teilzunehmen, und zog sich in ihre Kammer zurück. Sie erwartete allerdings nicht, nach diesem langen aufwühlenden Tag sofort zur Ruhe kommen zu können, sondern rechnete mit Irmingards Besuch. Auf die Erklärung, die sich Lothars Frau für ihr Verhalten einfallen lassen würde, war sie äußerst gespannt.
    Sie setzte ein gestrenges Gesicht auf, als sie auf das Klopfen an der Tür antwortete. Überrascht erhob sie sich, als ihre Kammerfrau eintrat, hinter der in gebührendem Abstand eine fremde Frau stand, die ein dunkles Tuch tief ins Gesicht gezogen hatte.
    »Eine neue Hebamme«, flüsterte die Kammerfrau. »Sie kommt von fern her und erscheint mir als sehr geschickt und erfahren. Vielleicht ist sie die geeignete.«
    »Lass sie eintreten«, sagte Judith und vergaß Irmingard. Sie hatte bereits sechs Frauen wieder fortgeschickt, die sich als Hebamme angeboten hatten. Nach Giselas Geburt, die sehr langwierig und schwierig gewesen war, hatte sie sich fest vorgenommen, diesmal größte Sorgfalt bei der Auswahl der Hebamme walten zu lassen. Sie wollte nicht wieder einer Frau mit kalten, groben Händen, schriller Stimme und blödsinnigen Beschwörungen ausgesetzt werden. Die meisten Frauen hatten sie zu sehr an Frau Stemma erinnert, als dass sie ihnen Vertrauen hätte schenken können. Vielleicht war es zu viel verlangt, von dem Menschen, der das Neugeborene als Erster zu Gesicht bekam, auch noch ein einnehmendes Wesen zu erwarten, aber genau das wollte sie.
    Die Kammerfrau nickte der Hebamme zu und forderte sie auf, das Gemach der Kaiserin zu betreten. Judith wollte Einspruch erheben, als die Frau von sich aus die Zimmertür zuzog und das Tuch vom Kopf riss. Doch ihr blieb der Mund offen stehen.
    »Gerswind!«, brachte sie schließlich hervor. Und weil ihr vor lauter freudigem Schreck nichts anderes einfiel, setzte sie nach: »Seit wann bist du Hebamme?«
    Lachend umarmte Gerswind ihre Nichte, herzte sie erst ausgiebig, strich ihr dann liebevoll über den gewölbten Bauch und bemerkte: »Ich habe in den vergangenen Jahren so manchem Kind geholfen, Licht und Dunkel der Welt zu erblicken. Man scheint zu glauben, dass wir Sächsinnen

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